Kunst oder Rassismus? Wirbel um Plakate im Rewe-Markt

© Jessyca Münch

Kunst oder Rassismus? Wirbel um Plakate im Rewe-Markt

rnRewe Dortmund

In einem Dortmunder Rewe-Markt sorgen zwei Werbeplakate für eine Rassismus-Diskussion. Der Geschäftsführer kann die ganze Aufregung nicht verstehen.

Höchsten

, 01.08.2019, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Dekoration im Rewe Homberg auf dem Höchsten hat für Aufsehen gesorgt. Denn im Supermarkt am Pfarrer-Rüter-Weg 2 hängen historische Werbeplakate, auch aus der Kolonialzeit. So befinden sich direkt im Eingangsbereich zwei mehr als einhundert Jahre alte Bilder.

Eines davon warb zu Beginn des 20. Jahrhunderts für ein Schuh- und Lederputzmittel, das zweite für Negronoir Café. Auf beiden ist ein dunkelhäutiger Mann in Kolonialmanier dargestellt, auf dem einen hat er einen großen, roten Mund und schwenkt einen Hut. Auf dem anderen trägt er eine dampfende Kaffeetasse als Kopfbedeckung.

Erklärende Schilder

Seit Montagmorgen (29. Juli) hängt unter den Bildern ein Text, der den musealen Charakter der historischen Dokumente erklärt. Die Ausstellung historischer Werbemittel dokumentiere „den Wandel der Konsumgüterwerbung seit mehr als 100 Jahren“, steht dort.

Unter den historischen Plakaten, die für Aufsehen gesorgt haben, hängt nun ein Informationstext.

Unter den historischen Plakaten, die für Aufsehen gesorgt haben, hängt nun ein Informationstext. © Ulrich Budnik

Auch, dass der jeweilige Zeitgeist dokumentiert werde, „wie die aus dem Geist des Kolonialismus entstandenen Darstellungen von Menschen mit dunkler Hautfarbe“. Und: „Die kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte kann heute eine wichtige Mahnung für die Gleichheit aller sein.“ In der Ausstellung zeigt der Rewe nicht nur Bilder mit Kolonialmotiven, sondern zum Beispiel auch historische Werbemittel für Leibniz-Kekse und Sprudelwasser.

Diskussion im Internet

In der Facebook-Gruppe „Die besten afrikanischen Schlagwörter und Sprüche“, die fast 15.000 Mitglieder hat, kursierten allerdings schon vor Montag Fotos der ausgestellten Plakate, damals noch ohne Erklärung. So erfuhr die Dortmunderin Jessyca Münch von den Bildern und informierte sich daraufhin über die Bedeutung historischer Werbemittel, auf denen Menschen aus den Kolonien als exotisch, gleichzeitig aber auch als minderwertig dargestellt wurden.

Auch dieses Schild hängt im Rewe auf dem Höchsten.

Auch dieses Schild hängt im Rewe auf dem Höchsten. © Ulrich Budnik

„Eigentlich fühle ich mich wegen meiner dunklen Hautfarbe nicht schnell angegriffen. Ich nenne auch nicht jeden gleich Nazi, der einen dummen Spruch macht. Aber durch diese Plakate fühlte ich mich dann doch provoziert“, sagt die 25-Jährige. Besonders wütend machte sie, dass es zu den Plakaten eben keinen erklärenden Text gab.

Münch kontaktierte den Rewe am Sonntag (28. Juli) über Facebook. Man antwortete ihr noch am selben Tag, es handele sich um historische Werbung, die die politische Einstellung der Rewe-Mitarbeiter keinesfalls widerspiegele. Als sie dann im Rewe darum gebeten habe, die Bilder abzunehmen, habe man sich aber geweigert, ihrer Bitte nachzukommen. „Ich habe freundlich mit den Mitarbeitern geredet, aber sie haben mich aus dem Laden geschickt und mir sogar mit der Polizei gedroht“, sagt sie.

Rassismusvorwürfe unangebracht

Rewe-Geschäftsführer Ulrich Budnik schildert die Situation anders. „Die Dame sagte, sie würde mit dem Handy alles aufnehmen und drohte uns mit einer Demonstration vor dem Geschäft“, berichtet er. Was Jessyca Münch nicht wusste: Der erklärende Text war bereits seit einiger Zeit in Arbeit. „Wir waren uns mit der genauen Formulierung nicht sicher, deswegen hing das Schild noch nicht. Da will ich mich auch gar nicht aus der Verantwortung reden“, sagt Budnik.

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Die Bilder hängen seit den 1990er Jahren in seinen Geschäften. „Die Zeiten ändern sich, die Menschen denken heute mehr über so etwas nach. Darum haben wir die Erklärung verfasst. Der Text weist deutlich darauf hin, dass die Plakate und Schilder nur im Kontext mit der Geschichte zu sehen sind“, sagt Budnik.

Nicht nachvollziehen könne er Münchs Vorwürfe, er sei unsensibel, weil er auf dem Höchsten wenig Kontakt zu Menschen mit dunkler Hautfarbe habe. „Das stimmt nicht. Meine Nachbarn, mit denen ich oft im Garten ein Bier trinke, sind dunkelhäutig. Meine Cousine ebenfalls.“ Außerdem beschäftige er Mitarbeiter aus 12 Nationen. „Mir Rassismus vorzuwerfen, ist also völlig unangebracht“, sagt er.

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