Ein Klassiker der Nachkriegszeit hatte mit Wolfgang Borcherts Heimkehrer-Drama „Draußen vor der Tür“ am Freitag Premiere im Kinder- und Jugendtheater (KJT). Einen bedrückenden und berührenden Abend hat KJT-Intendant Andreas Gruhn mit fast dem gesamten Ensemble in Szene gesetzt - und das Publikum feierte die Inszenierung mit Ovationen im Stehen, was im KJT nur selten vorkommt.
Der vom Krieg traumatisierte Beckmann, den Jan Westphal grandios verkörpert, kehrt hungrig, mit steifem Bein und (lebens-)müde aus Sibirien zurück in seine Heimat Hamburg - und findet nur verschlossene Türen vor. Seine Frau hat einen Neuen, Sohn und Eltern sind tot, er hat kein Zuhause mehr. Und die Schuld lastet schwer auf ihm.

Regisseur Gruhn hat Beckmanns Albtraum dramatisch dicht in einem genial düsteren Bühnenbild inszeniert. Oliver Kostecka, der auch die historischen Kostüme entwarf, hat vor die Bühnenrückwand über die gesamte Breite eine schräge Rampe gebaut, dahinter fließt die Elbe - per Videoprojektion von Peter Kirschke. Auf der Spielfläche davor gibt es keine Wände, aber Türen, und die einzelnen Räume dieses Stationendramas sind mit weißen Linien markiert und durch spärliche Möblierung charakterisiert.
Der verzweifelte Beckmann stürzt sich in den Fluss. Doch die Elbe, Sar Adina Scheer in einem Seegras-Ungetüm von Mantel, zieht ihn wieder heraus, verhindert seinen Selbstmord.
Oberst mit Hitlerbärtchen
Thomas Ehrlichmann versucht in der Rolle des Anderen, Beckmann zum Leben zu motivieren. Doch auch ihm vergeht im Laufe der 100-minütigen Aufführung der Optimismus, er schlendert nicht mehr pfeifend umher, sondern blickt ebenfalls zunehmend verstört in diese Nachkriegswelt.
Andreas Ksienzyk gibt den Oberst mit Hitlerbärtchen, der keine Verantwortung übernehmen will. Im Fatsuit und mit Sonnenbrille spielt er auch den gut gelaunten Tod. Sein Pendant ist der ganz in weiß gekleidete, magere Gott (Rainer Kleinespel), an den keiner mehr glauben mag.
Nur ein Mädchen zeigt Empathie
Johanna Weißert als Frau Kramer, die nun in Beckmanns Elternwohnung lebt, bringt kein Mitleid für den verstörten jungen Mann auf. Einzig das Mädchen, überzeugend von Annika Hauffe gespielt, zeigt in dieser Nachkriegsgesellschaft Empathie.
Obwohl Borchert in seinem Stück die Millionen Menschen, die Opfer der Nazis wurden, ausblendet, und Gruhn es nicht ins Allgemeine hebt, er belässt es in Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg, lässt die Aufführung dennoch an die aktuellen Kriege und Konflikte denken. Keine leichte Kost für Zuschauer ab 14 Jahren.
Weitere Vorstellungen
Termine: 6.-8.3., 11 Uhr, 10.3., 18 Uhr; Karten: Kundencenter des Theater Dortmund, Tel. 5027222 und im Internet: www.theaterdo.de
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