
Kunden von DSW21 befürchten nach der Streichung von Verbindungen vor allem im Schülerverkehr in Dortmund morgens und mittags Probleme. DSW-Sprecher Frank Fligge erklärt noch einmal die Hintergründe der Entscheidung. © Foto dpa/ Montage Guth
Kranke Busfahrer: Gestrichene Fahrten machen Dortmunderin „wütend“ - DSW-Sprecher reagiert
DSW 21
Das Nahverkehrsunternehmen DSW 21 ist einen in seiner Geschichte beispiellosen Schritt gegangen: Wegen Personalmangels fallen Busverbindungen weg. DSW 21 muss sich jetzt der Kritik stellen.
Es war nicht überraschend, dass diese Nachricht große Resonanz erzeugen würde: Wegen eines zu hohen Krankenstands streicht DSW 21 in Dortmund ab dem 24.10. (Montag) einige Verbindungen und teilweise ganze Linien. Zunächst gilt das bis zum 21. November.
Bei vielen Kundinnen und Kunden des Nahverkehrsunternehmens sorgt das für Verdruss. Das ist etwa bei Christina Rymsa-Fitschen der Fall, einer Mutter von Schülern des Max-Planck-Gymnasiums im Dortmunder Südwesten.
Bisher gab es „Einsatzfahrten“ auf dem stark frequentierten Busnetz der Linien 448 und 450, die zu mehreren großen Schulen führen. Diese Fahrten fallen nun weg.
Für Schüler dauert eine Fahrt jetzt mindestens 20 Minuten länger
Für ihre Kinder dauere die Fahrt in den Stadtteil Menglinghausen jetzt eine Stunde statt 40 Minuten, sagt die Mutter. Macht in Summe zwei Stunden Fahrt für sieben Kilometer Strecke.
Wie viele andere Dortmunderinnen und Dortmunder, äußert auch sie Verständnis für die schwierige Lage. „Aber es macht einen wütend - als Mutter und als Abonnentin. Es ist die schlechteste Alternative, diese Fahrten zu streichen und es auf dem Rücken der Kinder auszutragen.“
So hoch ist der Krankenstand beim DSW 21-Fahrpersonal aktuell
DSW21-Sprecher Frank Fligge kann die Kritik nachvollziehen. Im Gespräch mit dieser Redaktion erläutert er noch einmal die Hintergründe, die zu der Entscheidung geführt haben.
Der Krankenstand beim rund 650 Personen zählenden Fahrpersonal habe demnach einen Stand von rund 14 Prozent erreicht. „In gewöhnlichen Zeiten sind es schon 10 Prozent. 12, 13 Prozent könnten wir mit unserer Planung auffangen“, sagt Fligge.
Nahezu 100 Beschäftigte im Fahrdienst sind damit aktuell nicht einsatzfähig. Im Angesicht einer hohen Zahl von vielen Erkrankungen in kurzer Zeit – darunter Corona-Fälle, aber auch andere Diagnosen – habe man zwei Möglichkeiten gehabt.
„Entweder man reagiert tagesaktuell und lässt die Leute stehen, wenn Fahrten ausfallen. Oder man macht es transparent und öffentlich“, sagt Fligge.
Dass Busse unangekündigt nicht kamen, sei zuletzt mehrfach vorgekommen. Davon berichten auch Kunden in den sozialen Netzwerken.
„Transparente“ Entscheidung - „Auch, wenn das wehtut.“
Die Entscheidung sei bei DSW21 deshalb letztlich für den - zeitlich begrenzten - klaren Schnitt gefallen. „Auch, wenn das wehtut“, so Fligge.
Die Auswahl der betroffenen Verbindungen sei auf Grundlage einer Analyse von Fahrgastzahlen und Frequentierung getroffen worden. „Wir haben solche gewählt, auf denen man auf parallel laufende Linien ausweichen kann, damit das Angebot nicht ganz wegfällt“, sagt der DSW21-Sprecher.
Die vorübergehende Streichung der Nachtexpress (NE)-Fahrten zwischen 1 und 3 Uhr trifft vor allem Dortmunderinnen und Dortmunder aus den Stadtteilen. Die emotionale Wirkung ist groß. Aber die betroffene Kundengruppe ist laut DSW 21 vergleichsweise klein.
Darum fallen nicht alle Nachtexpress-Linien weg
Die 4-Uhr-Fahrt der NE-Linien bleibt erhalten, weil sie nicht nur für Nachtschwärmer wichtig ist. Sie ist auch für viele die einzige Möglichkeit, um zu Schichtdiensten zu kommen, die vor 6 Uhr beginnen.
Nicht nur in Dortmund schlägt der Personalmangel durch. In Bielefeld, Köln und anderen Regionen fielen Fahrten weg.
Christina Rymsa-Fitschen sagt, sie sei gespannt, wie die Entscheidung in einigen Wochen ausfalle. Sie schildert eine Befürchtung. „Dann hat sich jeder organisiert und es heißt vielleicht, dass wir ja zurechtkommen.“ Und die Verbindungen kommen nie wieder.
Frank Fligge kündigt an, dass der Krankenstand in drei Wochen neu bewertet werde. „Grundsätzlich müssen wir uns in diesem Land die Karten legen: Was ist uns die Mobilitätswende wert, die auch einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bedeutet und einen positiven Effekt auf das Klima hat?“
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
