Die lebendige Bier- und Kneipenkultur im Stadtbezirk Lütgendortmund soll  gefördert werden, fordert eine Partei. Wirtin Bianca Tix wird dieser Vorschlag sicherlich freuen.

© Carolin West

Wahl im Bezirk Lütgendortmund: Weniger Steuern für vorbildliche Kneipen

rnKommunalwahl 2020

Der Wahlkampf steckt in der heißen Phase. Auch in Bövinghausen, Lütgendortmund, Marten, Oespel und Umgebung sind Parteien auf Stimmenfang. Wie wollen sie den Wähler überzeugen?

Lütgendortmund

, 10.09.2020, 07:49 Uhr / Lesedauer: 4 min

Ein Wahlprogramm (Grüne), eine Pressemitteilung (SPD), ein Arbeitsprogramm (FBI), Auszüge aus einem Wahlprogramm (Die Bürgerliste) und „Positiv-Flyer“ (CDU): In Sachen Wahlkampf gehen die Parteien im Stadtbezirk Lütgendortmund unterschiedliche Wege – zumindest was das Verschriftlichen ihrer Wahlziele betrifft.

Am 13. September (Sonntag) haben die Bürger ab 16 Jahren im Stadtbezirk Lütgendortmund die sprichwörtliche Qual der Wahl, wem sie ihr Kreuzchen schenken. Wer soll Bezirksbürgermeister werden? Welche Partei soll in die Bezirksvertretung (BV) einziehen? Wichtig zu wissen ist: Für die Wahl zur Bezirksvertretung gilt zwar keine rechtliche 5-Prozent-Hürde, da aber nur 19 Sitze zu verteilen sind, braucht eine Partei faktisch mehr als 5 Prozent der Stimmen, um in die BV zu gelangen.

Um die Entscheidung zu erleichtern, haben wir die Unterlagen, die dieser Redaktion zur Verfügung gestellt wurden, zunächst gelesen. In einem zweiten Schritt wollten wir sie eigentlich unter bestimmten Fragestellungen vergleichen.

Viele allgemeine Formulierungen

Doch schnell haben wir uns für eine andere Vorgehensweise entscheiden. Denn die meisten „Programme“ sind an vielen Stellen sehr allgemein formuliert – sie könnten so oder so ähnlich auch in anderen Stadtbezirken gelten. Dafür gibt es genügend Beispiele:

  • Mobilität (Radverkehr/ÖPNV), ohne die Autofahrer zu vernachlässigen (SPD)
  • Bau von Kitas (SPD)
  • Förderung des sozialen Wohnungsbaus (SPD)
  • Förderung (durch Corona) bedrohter Kleinbetriebe und Vereine im Stadtbezirk (SPD/Grüne)
  • Stärkung des Einzelhandels und der Ortszentren (SPD/Grüne)
  • mehr Personal für Sicherheit und Ordnung (Grüne)
  • Maßnahmen gegen Vandalismus und die Verbreitung rechter Parolen (Grüne)
  • alternative Verkehrsleitkonzepte für den Schwerlastverkehr (Grüne)
  • Verkehrswende mit einhergehender Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs (Grüne)
  • Ausbau der Taktung im ÖPNV (Bürgerliste)
  • attraktives Preiskonzept des ÖPNV (Bürgerliste)
  • Stärkung der Kitas und Grundschulen (Bürgerliste)
  • Ausweitung der Einwohnerfragestunde (Bürgerliste)
  • Optimierung der Bürgerdienste in der Bezirksverwaltung (Bürgerliste)
  • Verhinderung weiterer Bodenversiegelungen durch Bebauungen (Freie Bürger Initiative)

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Wir haben stattdessen geschaut, wo wir konkrete lokale Aussagen finden. Welcher Stadtteil wird genannt, was soll dort passieren?

Die SPD-Stadtbezirks-Vorsitzende Carla Neumann-Lieven erklärt in einer Pressemitteilung, warum sich die SPD Lütgendortmund gegen ein eigenes Wahlprogramm entschieden hat. „Nichts ist so beständig wie der Wandel. Das bedeutet, unsere Ziele den Anforderungen anzupassen, ständig und nicht nur einmal ein Wahlprogramm aufzusetzen.“

„Machen keine neue Versprechungen“

Andreas Lieven, SPD-Fraktionssprecher in der BV Lütgendortmund, ergänzt: „Wir haben viele Entscheidungen für den Stadtbezirk auf den Weg gebracht. Manches davon muss noch umgesetzt werden. Deshalb machen wir keine neuen Versprechungen sondern schauen, gerne mit den Bürger*innen, was wir weiterentwickeln wollen und auch können.“

In der SPD-Pressemitteilung werden zwei Stadtteile genannt: „Das Programm „nordwärts“ in Marten und Bövinghausen soll weiter begleitet werden“, schreibt Andreas Lieven.

Heiko Brankamp (SPD) strebt auch für die nächste Legislaturperiode das Amt des Bezirksbürgermeisters an.

Heiko Brankamp (SPD) strebt auch für die nächste Legislaturperiode das Amt des Bezirksbürgermeisters an. © (A) vom Büchel

Für die Bezirksvertretung kandidieren 18 SPD-Mitglieder. Die ersten neun Plätze belegen: Heiko Brankamp, Angelika Simmill, Andreas Lieven, Erika Wehde, Sven Becker, Ute Cüceoglu, Dieter Pahmeier, Barbara Pöttner und Klaus Nettlenbusch.

Ein Wahlprogramm speziell für den Stadtbezirk Lütgendortmund legen die Grünen vor. Es sei das Ergebnis mehrerer Klausurtagungen und Online-Bürgersprechstunden, so Fraktionssprecher Frank Meyer.

Die Grünen wollen unter anderem die Aufenthaltsqualität der öffentlichen Plätze (Marktplatz in Lütgendortmund und das Dorfzentrum „In der Meile“ in Marten) steigern. „Es fehlt dort an Bänken, Spielgeräten, Bücherschränken und Grünflächen“, so Meyer.

Konkret werden die Grünen bei dieser Forderung: „Das soziale Leben und der Zusammenhalt im Stadtbezirk müssen weiter gestärkt werden.“ Dies soll durch Projekte wie Urban Gardening, das Angebot von Repair-Cafés und die Einrichtung von flächendeckendem WLAN gelingen.

Erhaltung des Landschaftsschutzgebietes „Rhader Hof“

Zudem wollen sich die Grünen für die „Erhaltung und Erweiterung von Grünflächen und der damit verbundenen Sicherung des Lebensraums von Insekten und Vögeln im Dortmunder Westen“ einsetzen. Ganz oben stehe die Erhaltung des Landschaftsschutzgebietes „Rhader Hof“ in Bövinghausen.

Julia Kowal ist Spitzenkandidatin der Lütgendortmunder Grünen.

Julia Kowal ist Spitzenkandidatin der Lütgendortmunder Grünen. © Die Grünen



Insgesamt kandidieren zwölf „Grüne“ für die BV Lütgendortmund, von Platz 1 bis 7 sind das: Julia Kowal, Stefan Meißner, Tanja Weiß-Horstkamp, Uwe Müller, Frank Meyer, Philip Schimchen und Monika Henrichs.

Auch die Freie Bürger Initiative (FBI) will den Bebauungsplan Rhader Hof streichen und stattdessen einen Klimaschutzwald anpflanzen lassen. Die Naturschutzgebiete Dellwiger Bach, Dorney und Ölbachtal sollen ökologisch optimiert und erweitert werden, heißt es in ihrem Arbeitsprogramm.

Wilde Müllkippen und die Vermüllung von Grünflächen seien vor allem in Marten ein großes Problem, dem man mit mehr Ordnungskräften und effektiveren Müllkontrollen begegnen müsse.

Ideenwettbewerb für den Einzelhandel

Für die Lütgendortmunder Fußgängerzone und das Martener Zentrum schlägt die FBI einen Ideenwettbewerb vor, um die Standorte für den Einzelhandel wieder attraktiver zu machen und die Aufenthaltsqualität zu fördern.

Die lebendige Bier- und Kneipenkultur im Stadtbezirk, die besonders in Lütgendortmund, Oespel und Kley vorbildlich sei, „gilt es, vor allem in Zeiten von Corona durch steuerliche Erleichterungen und die Reduzierung von einschränkenden städtischen Auflagen zu fördern“.

Kandidatin für die Freie Bürger Initiative im Stadtbezirk Lütgendortmund ist Annette Siebert-Münch.

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Die Bürgerliste möchte unter anderem, dass alle Spaziergänger alle Grünflächen zur Naherholung nutzen können. Als Beispiel nennt sie eine Aufwertung des Volksparks. Gemeint ist vermutlich der Volksgarten, wobei nicht klar ist, ob es sich um die Grünanlage in Bövinghausen oder Lütgendortmund handelt.

Kandidat für die Bürgerliste im Stadtbezirk Lütgendortmund ist Marc-Rüdiger Ossau.

Flyer zeigen die liebenswerten Eigenschaften des Stadtbezirks

Das Konzept der CDU erklärt ihr Stadtbezirks-Vorsitzender Dr. Arne Küpper: „Die CDU im Stadtbezirk Lütgendortmund möchte mit ihrem Flyer einen Schwerpunkt auf die schönen und liebenswerten Eigenschaften des Stadtbezirks legen, die ihn seit Jahrzehnten so lebenswert machen. Hierbei wird die Wandlungsfähigkeit ohne Aufgabe der eigenen Identität betont.“

Für jeden Stadtteil findet sich auf dem Flyer eine Kurzbeschreibung samt Foto. Am Text-Ende folgt jeweils ein Appell an die Bürger zum Mitgestalten und Mitwirken. „Das Ziel ist, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort Erreichtes zu bewahren sowie notwendige Veränderungen anzustoßen und zu vollziehen“, so Küpper.

Das sind die Kandidaten der CDU für die Bezirksvertretung Lütgendortmund. Auf der Wahlliste tauchen allerdings nur fünf Namen auf.

Das sind die Kandidaten der CDU für die Bezirksvertretung Lütgendortmund. Auf der Wahlliste tauchen allerdings nur fünf Namen auf. © CDU Dortmund

Für die BV Lütgendortmund kandidieren laut Wahlliste die CDU-Mitglieder Karin Neumann, Carsten Weigang, Barbara Murawski, Michael Zechner und Sabine Pawlak.

Die Partei „Die Linke“ legt kein eigenes Wahlprogramm für den Stadtbezirk vor.

Ihre Spitzenkandidatin ist Fatma Karacakurtoglu. Für die BV Lütgendortmund kandidieren außerdem die FDP (Markus Ulrich Waitz), das Bündnis für Vielfalt und Toleranz (Yusuf Keskin), Die Partei (Hennig Koch), die AfD (Heiner Garbe) und die Piratenpartei (Detlef Dubielczyk). Eigene Wahlprogramme für den Stadtbezirk haben sie nicht – oder sie haben unsere Anfrage nach einem Wahlprogramm nicht beantwortet.