„Die Mitarbeiter wollen jetzt so schnell wie möglich Gewissheit, ob und wie es weitergeht“, sagt Joffrey Kallweit, Betriebsratsvorsitzender im Karstadthaus am Westenhellweg. Die Anspannung sei mit Händen zu greifen, so Kallweit. In Kürze soll es bei Galeria Karstadt eine außerordentliche Aufsichtsrats-Sitzung geben. Sowohl Betriebsräte als auch Gewerkschafter rechnen damit, dass im Zuge des Treffens eine erste Liste mit möglichen Schließungskandidaten präsentiert werden könnte.
Hintergrund: Der Galeria-Konzern, zu dem Karstadt gehört, steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Bis Ende Januar müssen die eingesetzten Sanierer Arndt Geiwitz und Frank Kebekus dem Amtsgericht einen Insolvenzplan vorlegen. Nach der jüngsten Schließungswelle von 40 Häusern sind bundesweit noch 131 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof übriggeblieben. Zu ihnen gehört auch das große Karstadthaus am Westenhellweg mit einer Verkaufsfläche von rund 21.000 Quadratmetern. Nach bisherigen Angaben sollten „90 bis 95 Filialen" auf der Streichliste auftauchen. Nach Informationen dieser Redaktion sind es aktuell 81 Filialen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bislang nicht; Karstadt-Management und Sanierer halten sich seit Wochen bedeckt.
Druckmittel gegen Vermieter?
Umso mehr hoffen die Betriebsräte, nach der Aufsichtsratssitzung endlich klare Hinweise zu erhalten. Reiner Kajewski, bei Verdi zuständig für den Fachbereich Handel, mag sich zu keinerlei Prognose hinreißen lassen, ob das Dortmunder Haus ebenfalls auf der Schließungsliste auftaucht. Er mahnt aber zu Vorsicht: Selbst wenn eine solche Liste präsentiert werden, heiße das nicht, „dass alle Häuser auch automatisch geschlossen werden“, sagt Kajewski. Auch 2020 habe es eine Schließungsliste mit Filialen gegeben, die am Ende erhalten geblieben seien.
Für Insider ist keineswegs ausgeschlossen, dass die Sanierer mit Hilfe einer ersten Liste den Druck auf Vermieter erhöhen wollen. Der Grund ist simpel: Karstadt will von seinen Kosten runter. Dazu gehören auch die Mieten. Die sollen unbestätigten Informationen zufolge in Dortmund zwischen „sechs und acht Millionen Euro pro Jahr“ liegen.
Aufmerksam wird bei den Karstadt-Betriebsräten notiert, dass der ehemalige Sinn-Chef Friedrich-Wilhelm Göbel mit seiner in Dortmund stationierten TEH Textilhandel GmbH (Markenname: „aachener“) Interesse an der Übernahme von zu schließenden Karstadt-Filialen angemeldet hat. Die „aachener-Gruppe“ betreibt unter anderem Modehäuser in Flensburg, Bad Kreuznach und Koblenz. Sollte der „aachener“ zum Zuge kommen, soll das Sortiment (bislang Textilien, Accessoires und Schuhe) erweitert werden.
"Das ist schwer einzuschätzen"
Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber völlig offen, ob der Deal klappt. Ebenso wie die Frage, ob die „aachener-Gruppe“ im Falle einer Karstadt-Schließung tatsächlich am Dortmunder Standort interessiert ist. „Unser Haus könnte da vielleicht eine Nummer zu groß sein“, vermutet Karstadt-Betriebsrat Kallweit. „Das ist für uns schwer einzuschätzen.“
Ebenso die Frage, wie es mit dem Haus und den Beschäftigten weitergeht. Dass Galeria das Warenhaus im Herzen der City sang- und klanglos verlässt, mag sich kaum jemand ernsthaft vorstellen. „Wer nicht in der Lage ist, in Dortmund an einem solch zentralen Standort erfolgreich Geschäfte zu machen – wo denn dann überhaupt?“, fragt Verdi-Mann Kajewski.
Auch Tobias Heitmann, Vorsitzender der im City-Ring zusammengeschlossenen Kaufleute, setzt auf den Verbleib von Karstadt – mahnt aber deutlich „Änderungen im Warensortiment“ an. Eine weitere denkbare Lösung wird in Brachenkreisen gehandelt: Sie sieht vor, dass Karstadt bleibt, sich aber kleiner macht und Etagen entmietet.
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