Bleibt Karstadt in Dortmund? Entscheidung rückt näher „Mitarbeiter gehen auf dem Zahnfleisch“

Große Sorgen um den Erhalt von Karstadt: Die Entscheidung rückt näher
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„Die Mitarbeiter gehen auf dem Zahnfleisch“, sagt Joffrey Kallweit, Betriebsratsvorsitzender im Dortmunder Karstadthaus. Mit Sorgen und großem Unbehagen blicken die aktuell 164 Beschäftigten auf das, was in der dritten Januarwoche (16.1 bis 22.1.) folgen soll: Nach aktuellem Stand soll dann jene Liste mit Häusern präsentiert werden, die nach Vorstellung des Managements geschlossen werden.

Das Dortmunder Haus dürfe jedenfalls nicht dazugehören, sagte OB Thomas Westphal am Mittwoch (11.1.) nach der Sitzung der hochkarätigen Runde, die sich für den Verbleib von Karstadt einsetzt. „Karstadt Dortmund gehört zu den 20 umsatzstärksten Karstadt-Häusern insgesamt“, sagte Westphal. Auch im Weihnachtsgeschäft habe die Filiale gut dagestanden.

Unterschriftensammlung kommt

Dabei forderten Westphal und seine Mitstreiter mehr als den alleinigen Erhalt mit einem anschließenden Weiter-So. Was Karstadt benötige, sei endlich ein „langfristig funktionierendes Kaufhaus-Konzept“, sagte Westphal. Das sei zwar nach der Schließungswelle 2020 angekündigt worden. „Aber umgesetzt worden ist davon nichts“, so der OB.

Betriebsratsvorsitzender Joffrey Kallweit machte deutlich, dass ab sofort eine Unterschriftensammlung starten soll. Zunächst bei den Mitarbeitern, danach mit öffentlichen Aktionen bei Passanten und Kunden. Ähnliches gab es 2020, als Karstadt Dortmund ebenfalls eine Zeit lang auf der „Abschussliste“ stand. Insgesamt rund 36.000 Unterschriften wurden damals gesammelt. Mit Nachdruck betonte Kallweit, das Dortmunder Haus sei gut aufgestellt. „Auch die Frequenzen sind gut“, so der Betriebsratsvorsitzende. Mit mehr Personal ließe sich der Umsatz sogar weiter steigern. Tatsächlich sei aber über die Jahre immer mehr Personal abgebaut worden.

Dortmunds Verdi-Chef Michael Kötzing warf dem Karstadt-Oberen „Hinhaltetaktik“ vor. „Das Management legt die Karten nicht auf den Tisch, sondern versucht im laufenden Verfahren herauszuholen, was herauszuholen ist“, schimpfte Kötzing. Man wisse nicht, was genau das Unternehmen nun vorhabe. „Das Geschäftsmodell Warenhaus hat sehr wohl Zukunft“, betonte der Verdi-Boss fast trotzig – und hob einmal mehr auf die Personaldecke ab, die seiner Meinung nach kaum noch Spielraum für Kundenberatung lässt.

Setzt sich Karstadt kleiner?

Offenbar herrscht selbst in der Runde der Karstadt-Befürworter Rätselraten, was das Management konkret unternimmt, um die Kosten fürs Dortmunder Haus zu senken. Betriebsrat Kallweit sprach von einer „sehr, sehr hohen Miete“, ohne freilich Zahlen zu nennen. Dabei wird bereits seit geraumer Zeit spekuliert, es handele sich um einen Betrag zwischen sechs und acht Millionen Euro“ – eine offizielle Bestätigung aber gab es nie.

Ernste Gesichter bei den Karstadt-Unterstützern: Betriebsrat Thomas Bader, Ex-Betriebsrat Gerhard Löpke, OB Thomas Westphal, Wirtschaftsförderin Heike Marzen, Betriebsrat Joffrey Kallweit und Verdi-Chef Michael Kötzing (vl.l.).
Ernste Gesichter bei den Karstadt-Unterstützern: Betriebsrat Thomas Bader, Ex-Betriebsrat Gerhard Löpke, OB Thomas Westphal, Wirtschaftsförderin Heike Marzen, Betriebsrat Joffrey Kallweit und Verdi-Chef Michael Kötzing (vl.l.). © RN

Etwas nebulös blieb auch die Eigentumsfrage. Laut Wirtschaftsförderin Heike Marzen handelt es sich bei der Immobilie am Westenhellweg um eine komplexe und verschachtelte Eigentümerstruktur. Bekannt ist lediglich, dass es sich um eine Luxemburger Firma handelt. Die wiederum ist Teil einer Unternehmensgruppe des US-Immobilienriesen RFR, der einen deutschen Ableger in Frankfurt hat.

Rund 40 Häuser von Karstadt und Kaufhof sind der ersten Schließungswelle 2020 zum Opfer gefallen – darunter auch Dortmunds Kaufhof. Nun geht es um die bundesweit verbliebenen 131 Häuser. Was mit einigen Filialen passieren könnte, haben die Gesamtbetriebsräte vor wenigen Tagen besprochen: Selbst in jenen Häusern, die geöffnet bleiben, soll weiter Personal abgebaut werden. Und: Karstadt-Filialen, die eine Zukunft haben, könnten bald kleiner ausfallen. Laut Gesamtbetriebsrat gibt es Überlegungen, Etagen abzumieten.

Die Dortmunder „Karstadt-Runde“ hatte bereits vor Wochen ein Schreiben mit der Forderung nach Erhalt des Hauses am Westenhellweg ans Management gesandt. Die Antwort steht bis heute aus.

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