Schräg vorwärts hatte sie eingeparkt. So wie es alle tun, wie sie es seit Jahren kennt. Doch als Pia Wippermann zurückkam zu ihrem Auto, hing ein Knöllchen an der Windschutzscheibe.
55 Euro muss Wippermann bezahlen – und nicht nur sie. „Die ganze Reihe war betroffen“, erklärt sie. Denn nur im mittleren Teil der Liebigstraße ist das Schrägparken erlaubt. Direkt am „Schönes Leben“ oder weiter hinten an der Grundschule ist es verboten.
„Seit zwei Wochen“
„Seit circa zwei Wochen werden täglich übermäßig viele Knöllchen verteilt“, sagt Wippermann. Ohne Vorwarnung und vor allem gerade jetzt, wo alles ohnehin so teuer geworden sei. Genau darüber ärgert sich auch Franciska Scholz.
Die 52-Jährige war am Freitag (11.11.) in einem Café verabredet und stellte ihr Auto an der Kreuzstraße ab. Nach dem Aussteigen habe sie noch gedacht: „Gibt es hier irgendwo ein Schild?“ Aber, in diesem Bereich zwischen „Uncle Tom’s“ und der Kreuzkirche steht keins.
„Das ist kein fairer Umgang“
„Der Bürgersteig ist hier breiter als an manchen Stellen, an denen man parken darf“, sagt sie. Wo also sei das Problem, dass mehr als ein Dutzend Autos quer zur Straße stehen – die Front leicht auf dem Bürgersteig?
„Ich soll 55 Euro zahlen wegen Behinderung des Gehwegs.“ Scholz schüttelt den Kopf: „Das ist kein fairer Umgang.“ Erstaunt ist auch Gudrun Heue, Inhaberin von Blumen Immergrün – also des Ladens, vor dem Franciska Scholz geparkt hatte.
An mehreren Tagen hintereinander seien die Mitarbeiter des Ordnungsamtes gekommen. Auf Diskussionen hätte sich da auch keiner eingelassen. „Zum Glück hatte ich an dem Morgen, nachdem ich vom Großmarkt gekommen hatte und ausgeladen hatte, mein Auto noch woanders abgestellt.“
„Wo sollen wir denn hin?“
„Wenn sich das Ordnungsamt auf ‚echte‘ Parksünder konzentrieren würde, hätte vermutlich niemand was dagegen einzuwenden“, pflichtet eine Anwohnerin der Arneckestraße bei. Dort gab es ebenso Knöllchen wie in vielen weiteren Straßen zwischen Vinckeplatz und Sonnenstraße. „Aber wo sollen wir denn hin?“, fragt Pia Wippermann.
Kurz nach dem ersten bekam sie ihr zweites Knöllchen – wieder 55 Euro. „Da bin ich zum Ordnungsamt gegangen und habe gefragt, warum man jetzt so stark kontrolliert.“ Die Antwort, die sie bekam, deckt sich mit dem, was Stadtsprecher Maximilian Löchter auf Anfrage erklärt.

Stadt; „Vermehrt Beschwerden“
„Aus den kontrollierten Bereichen liegen aktuell vermehrt Bürgerbeschwerden vor.“ Das „verkehrsordnungswidrige Parken im Bereich Liebigstraße“ sei „verstärkt bemängelt“ worden. Das Schrägparken „vermindert den Abstand zwischen Fahrzeug und Hauswand, sodass die Bürger den Bereich nicht mehr ohne Problem nutzen können.“
Dass das lange Zeit geduldet worden sei – das sieht die Stadt anders. „In früheren Zeiten“ habe man das „durchaus auch sanktioniert“. Einerseits, so Löchter, „liegen die Kontrollen des Gehwegparkens etwas zurück“. Andererseits „finden Kontrollen des Kreuzviertels durchaus öfter statt“.
Regelungen „eindeutig“?
Dass Autofahrer nicht wüssten, wie sie parken dürfen und wie nicht – das bezweifelt die Stadt ebenfalls: „Aus den Rückmeldungen ist erkennbar, dass die Fahrzeugführenden durchaus um die korrekte Parkweise wissen“, so Löchter. Die Regelungen seien „eindeutig“.
Die Folge: Die etwa zehn Autos, die an der Kreuzstraße neben der Kirche stehen, dürften dort gar nicht sein. Parken auf dem Bürgersteig ist verboten – es sei denn, es ist per Schild erlaubt. Und auch an den umliegenden Straßen dürfte es viele Parkplätze gar nicht geben.

Mehr als 100 Parkplätze
Wer sich die Mühe macht und entlang der Straßen nachzählt, landet schnell bei mehr als 100 Parkplätzen, die wegfallen müssten. „Aber wie soll das gehen?“, fragt Pia Wippermann. Wohin solle man denn ausweichen? Richtung Saarlandstraße und Klinikviertel gibt es Anwohnerparken.
Das westliche Kreuzviertel Richtung Tremonia-Siedlung ist ebenfalls zugeparkt. Und im Süden liegt das Westfalenhallen-Gelände mit vielen Parkplätzen, die für Veranstaltungen gebraucht werden.
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