
© Oliver Schaper (Archivbild)
Klausuren statt Klima-Demo: Schulleiter verbietet Teilnahme an „Fridays for Future“
Geschwister-Scholl-Schule
Ein Dortmunder Schulleiter hat Oberstufenschülern die Teilnahme an der „Fridays for Future“-Klimademo verboten. Der Grund: wichtige Klausuren. Andere Schulen fanden konfliktfreiere Lösungen.
In Klaus Zielonkas Brust schlagen zwei Herzen, wie er es selbst formuliert: „Als Bürger bin ich stolz darauf, dass sich junge Leute so für etwas einsetzen. Aber als Schulleiter habe ich eine andere Funktion.“ Und in seiner zweiten Rolle ist die Sache für Zielonka klar: Wer bei Klausuren unentschuldigt fehlt, bekommt die Note „ungenügend“, eine 6.
Am Freitag standen Zielonkas zwei Herzen im direkten Gegensatz zueinander: An Zielonkas Schule, der Brackeler Geschwister-Scholl-Gesamtschule (GSG), standen wichtige Klausuren in der 11. und 12. Jahrgangsstufe an. Und zumindest die Klausuren der Zwölftklässler kollidierten zeitlich mit einem gesellschaftlichen Phänomen, das seit Wochen Schulen in ganz Deutschland beschäftigt: die „Fridays for Future“-Demos, bei denen Zigtausende Schüler bundesweit jeden Freitagvormittag lieber für den Klimaschutz demonstrieren, anstatt im Unterricht zu sitzen.
Klausuren seien wichtig und nicht verschiebbar
Also musste Schulleiter Zielonka handeln: „Ich habe mich vor ein paar Wochen selbst bei unserer vierteljährlichen Schülervertretungs-Versammlung eingeladen und mit den Klassensprechern über das Thema diskutiert.“ Am Ende machte er seine Position klar: „Ich habe ihnen verboten, zu der Demo zu gehen.“ Die Klausuren seien wichtig und nicht verschiebbar, wer trotzdem fehle, bekomme ein „Ungenügend“. Die Nachricht sei auch angekommen, sagt er Freitagmittag im Gespräch mit der Redaktion: Alle Schüler hätten seines Wissens am Freitag ihre Klausuren geschrieben.
Dass danach viele seiner Schüler trotzdem zur Demo gefahren seien, nahm er zur Kenntnis. Laut Zielonka, der privat das Ziel der Klimademos unterstützt, würden die Demo-Teilnahmen später als unentschuldigte Fehlstunden auf den Zeugnissen der Schüler auftauchen: „Es gibt nichts gratis.“ Dennoch: Darüber hinausgehende Sanktionen werde es nicht geben. „Es gibt derzeit keine geplanten Ordnungsmaßnahmen wie Schulausschlüsse oder ähnliches.“
In Zielonkas Schülerschaft kam seine strikte Haltung gar nicht gut an: „In einigen Whatsapp-Gruppen wurde schon ziemlich gegen seine Maßnahme gehetzt“, sagte Björn Albert. Der 18-jährige Zwölftklässler war einer der GSG-Schüler, die nach der Klausur zur Demo fuhren. „Einer meiner Mitschüler hat auch während der Klausur ziemlich Rambazamba gemacht, weil er nicht schon früher gehen konnte.“
Andere Dortmunder Schulen fanden alternative Wege im Umgang mit der großen „Friday for Future“-Demo, wie eine kleine Umfrage unserer Redaktion zeigte:
Gesamtschule Gartenstadt
Schulleiterin Bettina Roska-Hoffmann sagt: „Wir haben eine kulante Lösung gefunden.“ Die Schülervertretung habe die Idee gehabt, die jährliche Lehrerveranstaltung auf den Demonstrationstag zu legen. Das bedeutete für die Schüler, dass sie bis zur dritten Stunde am Unterricht teilgenommen haben und danach die Schule verlassen durften. Diese Regelung sei im Vorfeld mit den Eltern abgesprochen worden, sagt die Schulleiterin.
Heinrich-Böll-Gesamtschule
Reinhard Müller ist Beratungslehrer der Oberstufe. Er erklärt, dass die Schüler das Gespräch gesucht hätten. Dabei wurde eine Übereinkunft getroffen. Die Schülerinnen und Schüler nahmen an diesem Freitag nicht an der Demonstration teil, dafür werde darüber nachgedacht, bei einer anderen geplanten großen Demo am 24. Mai teilzunehmen. Im Unterricht soll zuvor über das Thema Klimawandel gesprochen werden.
Zur Sache
Weitere Groß-Demo für den Klimaschutz geplant
Die Demonstration am 24. Mai ist von 12 bis 15 Uhr angesetzt. Laut Polizei nehmen nach dem jetzigen Stand geschätzt 800 Personen teil. Start- und Endpunkt wird der Friedensplatz sein.
Anne-Frank-Gesamtschule
Der Schulleiter Bernd Bruns äußerte sich nur kurz. Er sagt, dass seine Schüler nicht bei der Demonstration dabei gewesen seien - weil sie nicht wollen.
Bert-Brecht-Gymnasium
Schulleiterin Sabine Schmidt-Strehlau erklärte, dass es an ihrer Schule Kurse gibt, wo über das Thema Klimawandel gesprochen wird. Diese Kurse nehmen mit den jeweiligen Lehrern an der Demo teil. Die Schulleitung unterstütze das und die Demonstration sei als Unterrichtsgang genehmigt. Für nicht entschuldigte Fehlstunden von Schülern, die nicht im Rahmen eines solchen Kurses bei der Demo sind, gebe es keine Sanktionen.
Immanuel-Kant-Gymnasium
Das Sekretariat erklärte kurz, dass am heutigen Freitag der Pädagogische Tag der Lehrer stattfindet und die Schüler somit frei haben.
Käthe-Kollwitz-Gymnasium
Die Schulleiterin Heide Hollerpach-Punge erklärte, dass die Schüler ihrer Schule eine zentrale Veranstaltung organisieren. Stichtag sei der 24. Mai, an dem bereits eine Demonstration angemeldet ist. Vorher wird das Thema Klimawandel im Unterricht behandelt. Jetzt müsse noch in einer Lehrerkonferenz geklärt werden, wer mit den Schülern mitgeht, um alle beaufsichtigen zu können. Unentschuldigte Fehlstunden würden normal behandelt.
Laut Hollerpach-Punge haben viele Dortmunder Gymnasien den 24. Mai im Blick. Jede Schule werde für sich entscheiden, was sie an diesem Tag machen wird. Vermutlich werden sich aber mehrere Schulen an dieser zentralen Veranstaltung beteiligen.
Die Schulleitungen der Gustav-Heinemann Gesamtschule und der Gesamtschule Brünninghausen wollten keine Auskunft geben.
1984 geboren, schreibe ich mich seit 2009 durch die verschiedenen Redaktionen von Lensing Media. Seit 2013 bin ich in der Lokalredaktion Dortmund, was meiner Vorliebe zu Schwarzgelb entgegenkommt. Daneben pflege ich meine Schwächen für Stadtgeschichte (einmal Historiker, immer Historiker), schöne Texte und Tresengespräche.
