Herzzerreißende Szenen spielen sich am Mittwoch (21.6.2023) auf dem Schulhof ab. Kinder weinen und schluchzen, Eltern müssen immer wieder zum Taschentuch greifen. Eine komplette Klasse trägt T-Shirts mit Gänsehaut-Sprüchen: „Die Eisbärenkinder verlieren ihre Bärenmama“, ist darauf unter anderem zu lesen.
Was ist los auf dem Pausenhof der Mörike-Grundschule in Dortmund-Somborn, wenige Stunden, bevor es in die Sommerferien geht? Sechseinhalb Wochen keine Schule, stattdessen Urlaub, chillen, hausaufgaben-frei – da dürfte der Jubel doch eigentlich keine Grenzen kennen. Warum herrscht hier Kater- statt Ferienstimmung?
Die Antwort: Bei Eltern sowie Schülerinnen und Schüler der Eisbärenklasse (2b) dominiert der Abschiedsschmerz. „Es ist eine mittelschwere Katastrophe“, sagt die Klassenpflegschaftsvorsitzende Nadine Kerksiek. Denn: Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die beliebte und geschätzte Klassenlehrerin Kirsten Schulte die Schule verlassen muss.
Am Mittwoch lassen die Kinder ihren Gefühlen freien Lauf. Sie liegen weinend im Arm ihrer Lehrerin und wollen sie nicht mehr loslassen. Spätestens, als Schultes Lieblingslied „Komet“ erklingt, ist es auch um sie geschehen.

„Wir alle sind entsetzt und wütend“, sagt Nadine Kerksiek (37). Man könne die Enttäuschung nicht in Worte fassen, ergänzt ihre Stellvertreterin Claudia Hensel (40). Kirsten Schulte sei eine „ganz ganz tolle Klassenlehrerin, die sich für ihre Kids und auch die Eltern immer eingesetzt hat.“
Die Leidtragenden seien die Kinder: „Sie werden weinend in die Ferien geschickt“, sagt die 40-Jährige. Und nicht nur das: „Gerade in dieser wichtigen Phase verlieren sie ihre Klassenlehrerin.“ In den Augen der Eltern wurde das Wohl der Kinder völlig außer Acht gelassen.
Fassungslose Eltern
Was sie auch ärgert: Niemand wisse, warum die Wahl auf Kirsten Schulte fiel. „Die Frage nach dem Warum beantwortet uns leider niemand.“ Doch für die Eltern steht außer Frage: Man hätte eine „bessere soziale Lösung“ finden können, die emotionale und pädagogische Seite sei nicht berücksichtigt worden.
Was die Klassenpflegschaftsvorsitzenden ebenfalls kritisieren: Man sei viel zu spät informiert worden, nämlich erst am 15. Juni. „Und statt die Entscheidung in einem Elternbrief mitzuteilen, wurden nur wir beide benachrichtigt“, so Hensel.
Direkt danach habe man in der Eltern-WhatsApp-Gruppe die schlechte Nachricht gepostet. „Die ist sofort heiß gelaufen.“ Alle hätten mit Fassungslosigkeit reagiert, einige hätten sogar Briefe an die Schulleitung geschrieben.

Genützt hat es nichts. Eine Lehrkraft muss die Schule auf Anordnung des Schulamts verlassen und die Wahl fiel auf die Klassenlehrerin der 2b. Über Gründe dafür schweigen sich aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ die offiziellen Stellen aus.
So schreibt Schulamtsdirektorin Uta Doyscher-Lutz: „Die Schulleiterin der Mörike-Grundschule hat in einem partizipativen Prozess mit dem Kollegium Kriterien entwickelt, die zu dieser Personalentscheidung geführt haben. Da es sich um eine schulinterne Angelegenheit handelt, kann ich Ihnen die Kriterien nicht transparent machen.“ Die Personalentscheidung, so Doyscher-Lutz, sei mit allen Beteiligten schon vor Wochen besprochen worden.
Elternabend im August
Eine Aussage, die die Klassenpflegschaftsvorsitzenden verwundert. „Demnach gehören die Kinder und wir Eltern wohl nicht zu den Beteiligten“, sagen sie.
Details nennt uns auch Rektorin Judith Prein am Mittwoch nicht. Sie verweist ebenfalls darauf, dass es sich um eine interne Schulangelegenheit handelt. Sie bedauere den Weggang von Frau Schulte und sei sich sicher, dass sie ihre neue Aufgabe gut meistern werde.

Die Eltern der zukünftigen 3b wollen nicht locker lassen. „Wir möchten klarmachen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen und dass hier ein falscher Weg eingeschlagen wurde“, so Hensel. Am 8. August gebe es zu diesem „Fall“ deshalb einen Elternabend.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. Juni 2023.
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