Kopfzerbrechen bereitet vielen Solo-Selbstständigen, Freiberuflern und kleinen Unternehmern die Abrechnung der NRW-Soforthilfe. |

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Seid nicht kleinlich: Gestattet den Kleinen die Soforthilfe!

rnKlare Kante

Schnelles Geld zur Bewältigung von finanziellen Engpässen. Was sich zu Beginn der Corona-Krise gut anhörte, wird zum Ärgernis. Denn nun soll das Missverständnis „Soforthilfe“ abgerechnet werden.

Dortmund

, 19.07.2020, 11:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Geschäftsaufgaben sind überall in Dortmund sichtbar. Und in dieser Phase der Corona-Pandemie, in der viele kleine Unternehmen die existenzbedrohenden Auswirkungen weiter spüren, kommt die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung ziemlich kleinkariert daher.

Rund 100.000 von insgesamt 426.000 Solo-Selbstständigen, Freiberuflern und kleinen Unternehmern erhielten bis Dienstag, 14. Juli, eine Mail und ein Formular mit der Aufforderung, die Verwendung der Soforthilfe nachzuweisen. Nach massiven Protesten aus der Wirtschaft, unter anderem auch von der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund, stoppte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) dann diese Nachprüfungen zur Corona-Soforthilfe. Das ist gut, aber es heißt erstmal noch gar nichts.

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Weiterhin droht das, was im März vollmundig als schnelle und unbürokratische Hilfe von Politikern angepriesen wurde, zu einem Bumerang zu werden. Von Anfang an gab es Missverständnisse bezüglich der Verwendung der Soforthilfe. Selbst Steuerberater rätseln über etliche Auslegungsfragen. Sie rieten von Anfang an dazu, sicherheitshalber eine Art Corona-Tagebuch zu führen und aufzulisten, wofür man die 9000 bzw. 15.000 Euro einsetzt.

Wer engagiert gehandelt hat, darf nicht der Dumme sein

Ja, wer es wissen wollte, dem war von Anfang an klar, dass die Soforthilfe an Bedingungen geknüpft und nicht frei verfügbar ist. Sie sollte im März/April helfen, Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Dass das Ende vom Lied aber nun sein soll, dass derjenige, der sie vernunftbegabt genutzt hat, vieles von dem Geld zurückzuzahlen hat, ist ein Hohn. Wer seinen Betrieb trotz weggebrochener Einnahmen mit großem Engagement aufrechterhalten und sein Personal weiter bezahlt hat, darf nicht der Dumme sein. Wer kommt darauf, dass Lohnkosten nicht zu den im Behördendeutsch so genannten „fortlaufenden Sach- und Finanzkosten“ zählen?

Spricht man mit Politikern, bekommt man ein Gefühl dafür, in welches Zuständigkeitsgerangel die NRW-Soforthilfe geraten ist. Das Land NRW, so heißt es, müsse sich an die Vorgaben des Bundes halten und abrechnen, wie viele Fördergelder notwendig geworden sind. Nun soll mit der Bundesregierung über die Vorgaben nochmal gesprochen werden. Bis September kann das dauern. Ausgang ungewiss.

Außerdem sollten von der Landes-Soforthilfe keine Löhne bezahlt werden, weil es dafür ja vom Bundesarbeitsministerium das Instrument des Kurzarbeitergeldes gibt. Gerade auch die vom Kurzarbeitergeld nicht abgedeckten Personalkosten sind es aber, die viele Betriebe sehr belasten.

Nachjustieren und nur den verwerflichen Missbrauch verhindern

4,5 Milliarden Euro wurden mit der NRW-Soforthilfe ausgezahlt. Wenn dieses Geld wirklich eine Hilfe und nicht nur für eine Insolvenz auf Raten gut gewesen sein soll, dann darf die Politik jetzt keinen übertriebenen Ehrgeiz an den Tag legen.

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Es war extrem wichtig, ein solches Programm so schnell aufzulegen und umzusetzen. Da ist gute Arbeit geleistet worden. Nur wurde dabei nicht alles bis zur letzten Konsequenz durchdacht. Das muss und kann nun nachgeholt werden.

Dass bei der größten Geldverteilaktion der Nachkriegsgeschichte auch Missbrauch Tür und Tor geöffnet war, und deshalb eine Überprüfung zwingend erforderlich ist, ist unstrittig. Es gilt, die Kleinen am Leben zu lassen, die das Geld sinnvoll verwendet haben, und über eine klare Unterlage in der Steuererklärung all die herauszufiltern, die den leicht erhaltenen Geldbatzen für die private Lebensführung verwendet haben.