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Kita-Betreiber in Dortmund sehen sich vor „Riesen-Herausforderung“
Coronavirus und Kitas
Mit einem Drei-Stufen-Modell will die NRW-Landesregierung bis Mitte Juni Kinder zurück in die Kitas holen. Doch zumindest die mittelfristigen Pläne stoßen bei Stadt und Trägern auf Skepsis.
Eines muss man dem NRW-Familienministerium zu Gute halten: Kalt erwischt wurden die Betroffenen - anders als bei vielen anderen Entscheidungen der Landesregierung in den letzten Wochen - in diesem Falle nicht.
Das am Freitag (8.5.) vorgestellte Stufen-Modell zur langsamen Öffnung der Kitas hatte sich lange angebahnt und war mit Städten und Trägern besprochen worden.
Was nicht heißt, dass es auf ungeteilte Zustimmung stößt. „Wir stehen als Träger vor einer Riesen-Herausforderung“, fasst Petra Bock, Betriebsleiterin für die Kitas der Arbeiterwohlfahrt in Dortmund, das Echo zusammen. Das gilt vor allem für die mittelfristigen Pläne zur Kita-Öffnung.
Doch der Reihe nach:
- Ab dem 14. Mai (Donnerstag) werden die Kitas über die bestehende Notbetreuung hinaus für die Vorschulkinder geöffnet, die Anspruch auf Teilnahme am Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes haben. Dahinter steckt die Annahme, dass damit Kinder mit besonderem Förderbedarf erfasst werden.
- Ab dem 28. Mai (ebenfalls ein Donnerstag) dürfen dann alle Vorschulkinder, also alle Jungen und Mädchen, die im Sommer auf die Grundschule wechseln, wieder in die Kita. „Wir wollen den Lebensabschnitt Kita geordnet zum Abschluss bringen“, erklärte NRW-Familienminister Joachim Stamp.
- Voraussichtlich ab dem 11. Juni sollen dann im dritten Schritt des Stufenplans auch kleinere Kinder zumindest tageweise wieder in die Kita zurück.
Genau hier wird es kritisch, wie Vertreter von Trägern, aber auch Dortmunds Jugenddezernentin Daniela Schneckenburger feststellen. Sie begrüßt grundsätzlich die ersten Stufen des Konzept. „Es ist absolut richtig, dass zunächst Kinder, die in benachteiligten Verhältnissen leben, wieder in die Kita können“. sagte Daniela Schneckenburger. „Für die Kinder ist das ein Lichtblick.“
Platz- und Personalprobleme
Schwierig wird es aber nach allgemeiner Einschätzung, wenn im Juni alle Jahrgänge wieder in die Kitas zurück und gleichzeitig Vorsichtsmaßnahmen wie Abstandsregeln und die Betreuung in kleinen Gruppen erfüllt werden sollen. Denn nicht überall gibt es dafür ausreichend Platz. „Einige Einrichtungen könnten da an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen“, fürchtet Daniela Schneckenburger.
Nicht zuletzt drohen personelle Engpässe, wenn Erzieherinnen und Erzieher mit Blick auf die Gefahr einer Corona-Infektion aus Alters- oder Krankheitsgründen zu einer Risikogruppe gehören. Das betrifft etwa ein Viertel des Kita-Personals, schätzt die Dezernentin.
Konzept für jede einzelne Kita
Der Grad der Betroffenheit ist von Kita zu Kita unterschiedlich - ebenso wie die räumliche Situation. „Bis Juni muss für jede einzelne Einrichtung ein Konzept erstellt werden“, beschreibt Pfarrer Jochen Schade-Homann, Fachbereichsleiter beim Evangelischen Kirchenkreis, der größter privater Kita-Träger in Dortmund ist, die Herausforderung.
„Wir gucken uns jetzt jede einzelne Kita an“, kündigt auch Petra Bock von der Awo an. Dabei gebe es noch viele offenen Fragen - etwa, wie die besonderen Hygienevorschriften umgesetzt und die tageweise Betreuung der Kinder ab Mitte Juni organisiert werden.
Klarheit für Zeit nach den Ferien nötig
Auch pädagogisch stehen die Erzieherinnen und Erzieher vor einer Herausforderung. „Nach so langer Zeit ohne Kita werden wir einen Teil der jüngeren Kinder neu eingewöhnen müssen“, erklärt Jochen Schade-Homann. Und das für wenige Wochen, weil spätestens im Juli auch die meisten Kitas Ferien machen.
Wie es danach weitergeht, ist völlig offen. Stamp sprach von einem „eingeschränkten Regelbetrieb“. „Die Eltern müssen aber wissen, worin die möglichen Einschränkungen bestehen“, sagt Daniela Schneckenburger. „Da ist Klarheit nötig. Für Petra Bock steht fest: „Einen Regelbetrieb kann ich mir unter den strengen Corona-Regeln nicht vorstellen.“
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
