Arturo De La Vega (Strategie und Planung im Leitungsstab beim OB der Stadt Dortmund), Yves Gredecki (Betreiber Weinkeller/IG Club- & Konzertkultur) mit Hubertus Brand (Vorsitzender Ausgehen in Dortmund e.V) bei einer Diskussion im Domicil.

Arturo De La Vega (Strategie und Planung im Leitungsstab beim OB der Stadt Dortmund), Yves Oecking (Betreiber Weinkeller/IG Club- & Konzertkultur) mit Hubertus Brand (Vorsitzender Ausgehen in Dortmund e.V) bei einer Diskussion im Domicil. © Felix Guth

„Kennen wir aus Berlin so nicht“: Europas größte Nachtleben-Konferenz zeigt auch Dortmunds Stärken

rnStadt nach Acht

Bei der Nachtleben-Konferenz „Stadt nach Acht“ stand Dortmund im Mittelpunkt des Interesses einer gesamten Branche. Eine Chance für die Stadt, zu zeigen, was sie kann. Es wurden Stärken deutlich - aber auch die Probleme der Branche.

Dortmund

, 03.09.2022, 16:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Zwei Tage lang waren Akteurinnen und Akteure des Nachtlebens aus ganz Deutschland in der Ruhrgebietsstadt. Das Ziel: Der Kultur der Nacht ein Forum geben und sich untereinander austauschen. Die Konferenz gilt als europaweit wichtigstes Treffen der Live- und Ausgehbranche.

Der Hauptteil des Programms fand bei Tageslicht statt. Doch die Diskussionsrunden, Workshops und Rundgänge zeigten viel von dem Leben, das Dortmund nach Sonnenuntergang ausmacht.

Die Gäste sind neugierig auf Dortmund

Die erste Erkenntnis: Viele der Gäste von Clubs und Locations aus Berlin, Augsburg, Kiel und anderswo waren richtig neugierig auf Dortmund. Nicht nur, weil zum Programm auch eine Clubnacht mit Programm in mehreren Locations zwischen Junkyard und Tresor.West gehörte.

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Allein die Tatsache, dass überhaupt eine solche Konferenz mit Unterstützung der Stadtverwaltung Platz findet, überraschte viele Besucher vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen.

Polizei, Ordnungsamt und Politiker diskutierten in Dortmund mit – ein Kulturwandel, der zeigt, wie sich der Umgang mit der Nachtkultur und Nachtökonomie wandelt. „Das kennen wir aus Berlin so nicht“, sagte Marc Wohlrabe aus dem Vorstand des Veranstalters LiveMusikKommission (LiveKomm), dem Bundesverband der Musikspielstätten in Deutschland.

Der Dortmunder Nachtbeauftragte Chris Stemann bei der Eröffnung der Konferenz "Stadt nach Acht" im Brauturm im Dortmunder U.

Der Dortmunder Nachtbeauftragte Chris Stemann bei der Eröffnung der Konferenz „Stadt nach Acht“ im Brauturm im Dortmunder U. © Felix Guth

Die Clubszene selbst ist in einem Umbruch, nicht nur wegen der Zäsur durch die Corona-Pandemie. Themen wie mehr Diversität im Veranstalterbereich, „Awareness“ an der Disco-Tür oder der Umgang mit nächtlichen Konflikten sind längst Teil der Debatte.

Internationale Debatten - aber auch etwas für die Dortmunder Szene

Speakerinnen und Speaker aus London, Paris oder Zürich zeigten internationale Perspektiven auf. Zugleich lernten sie, was Dortmund anders angeht. Ein Beispiel dafür sind die „Dortmund Guides“, die Konflikten an Party-Hot-Spots entgegenwirken und nun dauerhaft eingesetzt werden.

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Deshalb war „Stadt nach Acht“ eine höchst lokale Veranstaltung, in der die Partymacherinnen und -macher Dortmunds ihren Platz hatten. Besonders deutlich wurde das an einem Panel unter dem Titel „Was die Nacht zu bieten hat – Was die Nacht braucht: Dortmund“ am frühen Donnerstagabend.

Es waren durchaus kontroverse Gespräche auf der Club-Bühne im Domicil. Dort saßen unterschiedliche Vertreter aus Club- und Gastro-Szene sowie von Politik und Verwaltung zusammen, aus dem Publikum mischten weitere Akteure aus dem Dortmunder Nachtleben mit.

Vergnügungssteuer und Probleme mit Kiosken

Viele Themen flogen durch den Raum, die zeigten, an wie vielen Stellen das Nachtleben mit dem Rest der Gesellschaft verzahnt ist. Das beginnt bei Rahmenbedingungen wie der Vergnügungssteuer, die möglicherweise bald dauerhaft ausgesetzt werden könnte. Das führt weiter zu der Frage nach der Mobilität in Dortmund in den Abend- und Nachtstunden.

Und endet letztlich beim Umgang mit einer veränderten Art des Ausgehens. Viele junge Menschen sind auf Outdoor-Erlebnisse und günstiges Vergnügen ausgerichtet und kommen häufig gar nicht mehr in den Clubs an.

„Generation Kiosk“ nannte das ein Teilnehmer. Mit „diese scheiß Kioske“, fasste es ein anderer zusammen. Denn günstiger Alkohol bis tief in die Nacht ist eine schmerzhafte Konkurrenz für Betriebe, die auch vom Getränkeverkauf leben. Erst recht in Zeiten von steigenden Energiekosten, Nachwuchsmangel und Corona-Nachwehen.

Aber, auch das machte „Stadt nach Acht“ noch einmal deutlich: Dortmund kann solchen Entwicklungen immer wieder trotzen. Weil immer wieder neue Akteure oder Kollektive auf den Plan treten. Und, weil bei allen Unterschieden und bei aller auch berechtigter Kritik an der Nachtleben-Struktur viele Interessengruppen Teil des Dialogs sind.

Es brauchte auch deshalb die „Stadt nach Acht“-Konferenz, um zu merken, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.