Noch hat Andreas Proske zweieinhalb Jahre Zeit bis zur Rente. Doch der 63-jährige Produktspezialist für Medizingeräte will für die Zeit des Ruhestands gerüstet sein. Deshalb versucht der Dortmunder seit rund zwei Monaten, einen Beratungstermin bei der Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Westfalen am Hohen Wall 5 in der Thier-Galerie zu bekommen.
Zig-mal hat er schon die im Internet angegebene kostenlose Servicenummer 0800 1000 480 11 gewählt. „Ich habe mittlerweile bereits Tage am Telefon in der Warteschleife verbracht“, berichtet er, „es geht einfach keiner ran.“
Ebenso hat Proske an die auf der Internetseite angegebene E-Mail-Adresse eine Serviceanfrage geschickt. Er bekam auch eine Antwort per Mail mit der Ankündigung, dass sich die zuständigen Behörden in Dortmund bald bei ihm melden würden.
Immer mehr Versicherte
„Das taten sie auch“, erzählt er. „Sie schrieben mir wiederum eine E-Mail mit dem Standardtext, dass Termine nur mündlich unter der angegebenen Telefonnummer vereinbart werden können. Mit anderen Worten: Es ist derzeit definitiv nicht möglich, überhaupt Kontakt zur Beratungsstelle für eine Terminabsprache aufzunehmen.“
Das Mindeste sei eine verbesserte Kommunikation der Rentenversicherung mit dem Bürger, kritisiert Proske. Den Kunden mit einem faktisch nicht funktionierenden Telefonangebot zu konfrontieren, schade dem Ansehen der Deutschen Rentenversicherung. „Das wäre so, als wenn man in der Arztpraxis den Telefonhörer neben das Telefon legt.“
Man müsse wenigstens den Hinweis geben, dass alle Anfragen nacheinander abgearbeitet werden und es eventuell Monate bis zu einem Termin dauern kann. „Und natürlich muss es dann möglich sein, diese Anfrage auch irgendwie zu stellen“, sagt Proske. Auch wenn das Warten selber nach entsprechender Information noch okay sei – „eine nur vorgetäuschte Möglichkeit einer Terminvereinbarung ist jedoch aus meiner Sicht inakzeptabel.“
Es ist davon auszugehen, dass Proske nicht der einzige Dortmunder ist, der diese Erfahrung gemacht hat. Das räumt auch die Deutsche Rentenversicherung Westfalen auf Anfrage ein.
„In der Tat ist es im Einzelfall zu Verzögerungen bei der Terminvereinbarung für unseren Auskunfts- und Beratungsdienst gekommen“, sagt Behördensprecher Jörg Grabenschröer. Der Auskunfts- und Beratungsdienst sei ein Serviceangebot der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, das von immer mehr Versicherten genutzt werde.
Personal wird aufgestockt
Grabenschröer: „Dies hängt auch mit der steigenden Zahl von Versicherten zusammen, die vom Alter her in die sogenannten rentennahen Jahrgänge kommen. Hinzu kommt ein gewisser Nachholeffekt in Post-Corona-Zeiten.“
Um dem gestiegenen Beratungsbedarf nachzukommen, sei die Behörde „mit Hochdruck“ dabei, die telefonische Erreichbarkeit für die Versicherten in diesem Bereich zu verbessern. „Einerseits stocken wir gerade sukzessive das Personal für die Terminkoordinierung unseres Auskunfts- und Beratungsdienstes auf. Andererseits haben wir jetzt organisatorische Maßnahmen eingeleitet, um die Prozesse rund um die Terminbuchung zu optimieren“, sagt der Pressesprecher.
Ziel sei es, mehr Anfragen annehmen und schneller bearbeiten zu können. Zu den Maßnahmen gehöre auch die Abschaffung der fehlerhaften Weiterleitungen (automatisierte E-Mail-Antwort, die wieder auf die Servicenummer verweist).
Auch Videoberatungen
Außerdem weist Grabenschröer darauf hin, dass seine Behörde neben der persönlichen Beratung in der Auskunfts- und Beratungsstelle oder der telefonischen Beratung alternativ Videoberatungen anbietet. Diese können Ratsuchende auch direkt im Internet über www.deutsche-rentenversicherung.de buchen.
Was viele nicht wissen: Hilfe bei der Rentenantragstellung gibt es nicht nur in den Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung, sondern auch bei den Kommunen und Versicherungsämtern. In Dortmund beim Versicherungsamt der städtischen Bürgerdienste.
Versicherungsamt bei der Stadt
Das Versicherungsamt nimmt Anträge entgegen, hilft im Rahmen einer Beratung bei der Abfassung von Widersprüchen gegen Bescheide der Rentenversicherungsträger und erteilt Auskünfte auch in anderen Angelegenheiten der Sozialversicherung, ist auf der Homepage der Stadt zu lesen.
Dennoch: „Die Rentenberatung bei den Bürgerdiensten kann auf keinen Fall mit der fachlichen Beratung durch die Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Westfalen gleichgesetzt werden“, betont Stadtsprecher Maximilian Löchter auf Anfrage.
Die Rentenberatung der Bürgerdienste sei keine Beratungsstelle, sondern eine „antragsannehmende beziehungsweise antragsaufnehmende Stelle“. Löchter:
„Diese Aufgabe nehmen wir als Pflichtaufgabe zur ,Erfüllung nach Weisung‘ wahr.“
Wer also nur einen Antrag stellen will: Die Redaktion hat den Test gemacht, wie schnell man beim Versicherungsamt der Stadt per Online-Buchung einen Termin bekommt. Ergebnis: innerhalb von fünf Tagen.
Weitere Möglichkeit zur Beratung
Es geht aber noch anders: In Dortmund gibt es vier sogenannte Versichertenälteste, die bei Fragen der gesetzlichen Rentenversicherung mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Sie sorgen für eine ortsnahe und persönliche Verbindung der Versicherten zur Deutschen Rentenversicherung, helfen zum Beispiel beim Ausfüllen von Rentenanträgen und bei der Beschaffung fehlender Unterlagen.
Im Internet findet man eine Liste der ehrenamtlichen Versicherungsberater in Dortmund. Hier dann bei „Auskunftsstellen“ das Häkchen entfernen und eines bei Versichertenberater/-ältester setzen.
Dann kann man den Radius eingaben. Allein im Umkreis von 10 Kilometern findet man 42 Berater, im Umkreis von 20 Kilometer sind es 146.
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