Platzt jetzt der „Boulevard Kampstraße“ endgültig? Keine Fördermittel für Weiterbau - Stadt müsste alles allein zahlen

Kein Fördergeld für Weiterbau von „Boulevard Kampstraße“ 2025
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Am Platz von Netanya wird zurzeit eifrig gebaut. Die Umgestaltung nahe der Kreuzung Hansastraße / Kampstraße ist Teil der Gesamtpläne für den „Boulevard Kampstraße“.

Der zentrale Abschnitt des „Boulevards“ zwischen Petrikirche und Reinoldikirche lässt allerdings noch auf sich warten. Mit Rücksicht auf die Fußball-EM im nächsten Sommer soll es 2024 keine Baustelle geben. 2025 soll dann der 535 Meter lange zentrale Boulevard-Abschnitt in Angriff genommen werden, der dann in mehreren Bauabschnitten bis Ende 2029 vollendet werden könnte. Doch zu diesem Vorhaben gibt es jetzt neue Fragezeichen.

Die Umgestaltung des Platzes von Netanya zwischen Westenhellweg und Kampstraße läuft bereits.
Die Umgestaltung des Platzes von Netanya zwischen Westenhellweg und Kampstraße läuft bereits. © Oliver Volmerich

Denn es zeichnet sich ab, dass es für den Weiterbau 2025 nicht wie erhofft Fördermittel des Landes gibt. „Der Platz von Netanya ist erst einmal der letzte Abschnitt, der gefördert wird“, erklärte Planungsdezernent Stefan Szuggat im Gespräch mit unserer Redaktion. „Weitere Bauabschnitte werden erst einmal nicht förderfähig sein, weil es die Grundlage nicht mehr gibt.“

Die Grundlage für die bisherige Förderung war eine Sanierungssatzung für die City, die jetzt allerdings ausgelaufen ist und formell aufgehoben wurde. Um weitere Fördermittel zu beantragen, muss eine neue Grundlage her. Und das dauert. Szuggat kündigt ein „Integriertes Handlungskonzept“ an, das 2024 in der Politik beraten werden kann.

„Aus diesem Handlungskonzept heraus werden Einzelmaßnahmen noch einmal weiter durchdacht und geplant werden müssen, um diese auch finanziell abschätzen zu können“, erläutert der Chefplaner. „Und auf dieser Grundlage würde man dann erst einen neuen Förderantrag aus den Programmen der Stadterneuerung stellen können.“

Neue Fördergrundlage braucht Zeit

Szuggat nennt dazu auch einen Zeithorizont. Man sei „auf gar keinen Fall vor Ende 2025 zu Fördertatbeständen aussagefähig“, sagte er. Er gehe eher von 2026 aus. Für den Weiterbau des „Boulevard Kampstraße“ heißt das, dass für die ab 2025 geplanten Bauabschnitte keine Fördermittel zur Verfügung stehen. „Man kann weiterbauen, aber dann ohne Fördermittel“, erklärt Szuggat. Ob man mit eigenem Geld weiterbauen wolle, müsse der Rat der Stadt entscheiden.

Die Frage ist, ob es dazu eine Alternative gibt. Neue Fördermittel könnten nach dem Fahrplan für das „Integrierte Handlungskonzept“ und dem üblichen Zeitplan für das Städtebauförderprogramm frühestens im Herbst 2026 für 2027 beantragt werden.

Weil mit der Bewilligung traditionell erst im Frühjahr des Förderjahres zu rechnen ist, könnten geförderte Baumaßnahmen erst dann ausgeschrieben und frühestens im Herbst 2027 begonnen werden. Der ohnehin schon verspätete Zeitplan für die Fertigstellung des Boulevards Kampstraße käme dann bei fünf Jahren Bauzeit noch einmal ordentlich in Verzug.

Förderer setzen auf Klimaschutz

Außerdem ist fraglich, ob die bisherigen Pläne für den „Boulevard Kampstraße“ überhaupt noch förderfähig sind. Denn beim Städtebau-Förderprogramm spielen inzwischen Klimafragen eine große Rolle.

„Klimaanpassung wird Voraussetzung für eine Förderung durch den Bund“, hatte Bundesbau-Ministerin Klara Geywitz (SPD) unlängst erklärt. „Richtig ist, dass die Förderbedingungen stark dadurch aufgewertet wurden, dass man Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in den Stadträumen realisieren möchte“, stellt auch Stefan Szuggat fest.

Die Pläne des Architekturbüros Fritschi und Stahl von 1998 sehen allerdings ein mehrere Meter breites dunkles Pflaster vor, das von einem hellen Pflaster umgeben ist. Der starke Kontrast zwischen „Promenadenteppich“ und umgebendem Pflaster sei ein maßgebliches Gestaltungselement, hatte Architekt Prof. Benedikt Stahl im Mai 2022 in einer Sitzung der Ratsfachausschüsse für Planen und Bauen gesagt.

Der dunkle „Promenadenteppich“ soll von einem Lichtband überspannt werden. Ein ursprünglich vorgesehener Wasserlauf als weiteres wesentliches Gestaltungselement ist inzwischen aus technischen und finanziellen Gründen aus den Plänen gestrichen worden.

Ein breites Pflasterband, ein Lichtband und ein Wasserlauf - das sind oder besser waren die Hauptelemente des Entwurfs für den Boulevard Kampstraße.
Ein breites Pflasterband, ein Lichtband und ein Wasserlauf - das sind oder besser waren die Hauptelemente des Entwurfs für den Boulevard Kampstraße. © Fritschi und Baum

Schon im Mai 2022 hatte die Verwaltung gegenüber der Politik deshalb eingeräumt, dass der inzwischen 25 Jahre alte „Boulevard“-Entwurf mit Blick auf Themen wie Nachhaltigkeit, Grün und Radverkehr nicht mehr zeitgemäß ist. Und es sei nur bedingt möglich, diese Aspekte „funktionsgerecht in den bestehenden Entwurf einfließen zu lassen“.

Trotzdem hatten sich SPD und CDU dazu entschlossen, an den Fritschi-Plänen grundsätzlich festzuhalten - verbunden mit dem Wunsch, Klimaschutz-Aspekte stärker zu berücksichtigen.

Doch nicht nur wegen des Fördermittel-Problems stellt sich für Stefan Szuggat, der erst seit März dieses Jahres als Planungsdezernent im Amt ist, die Frage, ob man sich die Karten nicht noch einmal neu legen muss. Auch dazu brauche es „eine neue Geschäftsgrundlage zwischen der Verwaltung und dem Stadtrat, um zu bestätigen, dass wir noch einmal neu denken oder weiterdenken sollen“, sagte er.

Für Szuggat ist außerdem keinesfalls sicher, dass ein Förderantrag für die Boulevard-Pläne, wann auch immer er gestellt werden kann, automatisch Erfolg hat. „Die Bezirksregierung hat zwar angedeutet, dass sie sich vorstellen kann, weitere Abschnitte zu fördern. Wir stehen in Konkurrenz zu anderen Projekten in der Stadt und auch im Wettbewerb mit anderen Städten und Gemeinden, die auch gefördert werden wollen. Konkret werden Antworten auf Förderanträge erst mit Förderbescheiden gegeben“, sagte der Dezernent.

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