Es gibt ein paar Gesetzmäßigkeiten auf dieser Welt: beispielsweise, dass die Erde rund ist oder dass ein Fußballspiel 90 Minuten dauert. Vielleicht ist auch diese so eine: Karstadt öffnet um 9.30 Uhr. Zumindest war das in Dortmund viele Jahre lang so. Mit Beginn des Jahres 2023 hat das Unternehmen nun aber seine Öffnungszeiten geändert. Eine halbe Stunde später, um 10 Uhr öffnen sich die Türen jetzt für die Kunden.
Wenn sich Gewohntes ändert, sorgt das erst mal für Irritationen. So auch am Morgen des 2. Januars. Es ist 9.26 Uhr. Die Verkaufsräume liegen noch im Halbdunkel. Eine Handvoll Leute hat sich vor dem Haupteingang des Karstadtgebäudes am Westenhellweg eingefunden, das man jetzt wohl eigentlich Galeria-Karstadt-Kaufhof-Gebäude nennen müsste. Noch so etwas Neues.
Frühstück fällt aus
Ein Mitarbeiter entfernt gerade die Holzkeile, die die Türen versperren. Es scheint, als werde der Laden geöffnet. Doch hinein dürfen die Wartenden nicht.
Der Mann öffnet das Glastor vor dem Eingang und sagt zu den Menschen, die im nasskalten Januar-Wetter stehen: „Unsere Öffnungszeiten haben sich doch geändert, wir öffnen erst um 10 Uhr.“ Renate Schiemann wusste das nicht. Die neuen Öffnungszeiten sind wegen des Glastores in einer Entfernung, in der sicherlich nicht jeder sie lesen kann. Eigentlich wollte Renate Schiemann oben im Gebäude frühstücken.

Aus Körne ist sie dafür in die Innenstadt gefahren. „Naja, dann erledige ich jetzt noch was anderes“, sagt sie. „Aber ich denke nicht, dass ich dann wiederkomme. So lockt man die Leute nicht in die Innenstadt.“ Richtig sauer ist sie nicht, aber ein wenig angesäuert.
Angeschlagener Konzern
Karstadt begründet die geänderten Öffnungszeiten damit, dass sich so Energie sparen lasse. „Für den Klimaschutz und zur Senkung des Energieverbrauchs“, steht auf einem Plakat an den Eingängen. „Man kann sich auch kaputtsparen“, kommentiert Renate Schiemann das knapp. Das angeschlagene Warenhaus befindet sich erneut in einem Insolvenzverfahren. Jeder dritten Filiale droht die Schließung.
Die Türen in Dortmund sollen sich aber vorerst weiter öffnen. Aber eben erst um 10 Uhr. Am Montagmorgen lässt sich deshalb in ein paar Minuten immer wieder der gleiche Bewegungsablauf beobachten. Jemand kommt, rüttelt kurz an der Tür, schaut dann auf den Aushang und geht weiter.
So auch eine Frau. „Ich habe gar nicht nachgeguckt“, sagt sie. „Um 9.30 Uhr war ja immer geöffnet.“ Aber das sei auch nicht so schlimm. „Den Grund kann man ja nachvollziehen“, sagt die Frau, die vor ihrem Arzttermin kurz mal hereinschauen wollte.
Verschmerzbarer Umsatzrückgang
Eine andere Frau findet, dass man das doch ruhig mal über das Fernsehen hätte verkünden können. Sie kommt aus Brackel und wollte etwas abholen. „Aber ich nehme das gelassen. Seitdem ich Renterin bin, nehme ich alles gelassener hin“, sagt sie.
André Wildenhas hingegen „stört es etwas“, dass er vor verschlossener Tür steht. Er arbeitet in der City und wollte sich im Supermarkt im Karstadt eigentlich sein Frühstück holen. „Aber dann warte ich eben noch“. Da ist es dann ja auch nur noch eine Viertelstunde. Mittlerweile hat sich etwa ein Dutzend Wartende im Eingangsbereich eingefunden.

Dann, sogar schon um 9.59 Uhr öffnet ein Mitarbeiter die Glastür, innerhalb weniger Sekunden haben sich die Menschen in den warmen Laden gedrängt. Und man bekommt das Gefühl, dass die Galeria Karstadt Kaufhof den fehlenden Umsatz von 9.30 bis 10 Uhr verschmerzen kann.
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