Am Mittwochmorgen (2.11.) schwankte die Stimmungslage unter den Beschäftigten zwischen Niedergeschlagenheit und Ärger. „Die Mitarbeiter sind sauer, verärgert und teilweise auch resigniert“, fasst Joffrey Kallweit, Betriebsratsvorsitzender im Haus am Westenhellweg, zusammen. Viele seien mehr als 25 Jahre bei Karstadt beschäftigt, der Altersschnitt liege um die 50 Jahre.
„Für viele ist das nach 2009 und 2020 bereits die dritte Insolvenz“, sagt Kallweit. Wie es nun weitergeht? „Wir müssen die aktuellen Informationen abwarten“, sagt Kallweit mit Blick auf die anstehenden Gespräche.
Auch sein Vorgänger Gerhard Löpke, bis vor wenigen Monaten Betriebsratsvorsitzender, ist alarmiert. Löpke, dessen Ehefrau bei Karstadt arbeitet, verfügt noch immer über enge Kontakte ins Haus. Er habe sich fast schon gedacht, dass der angeschlagene Galeria-Konzern erneut einen staatlichen Schutzschirm mit einem Insolvenzverfahren in Eigenregie beantragen werde. „Ich gehe trotzdem davon aus, dass Karstadt Dortmund erhalten bleibt“, so Löpke. Schließlich habe Galeria erst vor knapp drei Jahren Millionen Euro ins Haus investiert.

Aber selbst das hatte Galeria nicht gehindert, im Frühjahr 2020 das Karstadt-Haupthaus, das Sporthaus am Alten Markt und den Kaufhof auf die Schließungsliste zu setzen. Nach zahlreichen Demonstrationen, Unterschriftenaktionen und einem Mietpoker mit den Eigentümern der Immobilie schließlich ließ Galeria das Karstadt- und das Sporthaus vom Haken. Der Kaufhof indes musste seine Türen schließen. „Für mich ist nun auch Galeria-Eigentümer Rene Benko gefordert“, sagt Löpke.
Schlag ins Kontor für die City
„Eine absolute Katastrophe“, schimpft Verdi-Sekretär Reiner Kajewski. Energiekrise und Inflation setzten den Mitarbeitern schon genug zu. „Und jetzt das noch“, so Kajewski. „Die Menschen haben es verdient, endlich zur Ruhe zu kommen." Dass Dortmunds größtes Warnhaus schließt, könne er sich nur schwer vorstellen. „Dortmund ist ein Oberzentrum“, sagt Kajewski. „Wenn dieser Standort nicht bestehen bleibt, welcher dann?“ Verdi werde um jeden Arbeitsplatz kämpfen, kündigt Kajewski an. „Erstmal liegt der Ball aber bei den Eigentümern.“
Drei Monate bleiben Galeria nun, ein tragfähiges Konzept vorzulegen – und zu sagen, welche Standorte aufgegeben werden sollen. „Für die Entwicklung der City wäre das ein Schlag ins Kontor“, kommentiert IHK-Geschäftsführer Ulf Wollrath. Er traue sich keine Prognose zu, sagt Wollrath. Auf der einen Seite wisse er nicht, „ob das derzeitige Geschäftsmodell eines Gemischt-Warenhauses noch zeitgemäß ist“, sagt Wollrath. Auf der anderen Seite gelte Dortmund als Handelsstandort Nummer eins im Ruhrgebiet. „Und da muss sich Galeria dreimal überlegen, ob man diesen Standort wirklich aufgibt.“
"Da muss etwas passieren"
Für den City-Ring-Vorsitzenden Tobias Heitmann ist der neuerliche Antrag für ein Schutzschirmverfahren „einer mit Ansage“, wie er es formuliert. „Es ist besorgniserregend, war aber absehbar“, sagt Heitmann. Die Aussichten, dass nach dem Leerstand bei der Ex-Mayerschen und dem teilweisen Leerstand im früheren Kaufhof künftig ein dritter Klotz mit rund 21.000 Quadratmetern Verkaufsfläche leer stehen könnte, stimmen ihn wenig heiter. „Aber bei Karstadt muss etwas passieren“, sagt Heitmann. Karstadt müsse das Sortiment umbauen. Eine Lösung könne sein, dass sich Karstadt von Flächen in den oberen Geschossen trenne und so Platz für neue Nutzungen schaffe, sagt Heitmann. Die Immobilie am Westenhellweg gehört allerdings nicht dem Galeria-Konzern, sondern einem Fonds.
Unterdessen kündigt OB Thomas Westphal an, mit der IHK, dem Handelsverband, der Gewerkschaft Verdi, Personalvertretern und den Bundestagsabgeordneten dieselben Akteure wie 2020 an einen „Runden Tisch“ zu holen, um für den Erhalt des Hauses zu kämpfen. Zudem sei der OB „in enger Abstimmung mit den Karstadt-Personalräten und Immobilieneigentümern“, heißt es. Ob das Damoklesschwert der Schließung auch über dem frühere Karstadt-Sporthaus („Sport-Scheck“) aufgehängt wird? Offenbar nicht: Das Sporthaus sei vom Schutzschirm-Verfahren nicht betroffen, heißt es auf Anfrage vonseiten der Eigentümer.
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