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Kann man Corona riechen? Klinikum forscht an neuem Sofort-Test
Coronavirus
Am Klinikum Dortmund arbeitet man an einem Corona-Sofort-Test - mit einer elektronischen Hundenase. Die spektakuläre Idee dahinter: Kann man Corona an der Atemluft erkennen?
Dass Hunde eine sehr gute Nase haben und Dinge riechen, die wir Menschen nicht wahrnehmen, ist bekannt - nicht nur als Drogen-Spürhunde, auch in der medizinischen Forschung werden sie eingesetzt: „Es gibt Hunde, die in Versuchen Krebserkrankungen erschnüffeln konnten, bevor der Arzt das herausgekriegt hat“, sagt Dr. Bernhard Schaaf, Direktor der Klinik für Infektiologie und Pneumologie im Lungenzentrum des Klinikums Dortmund.
Spektakulär wird es, wenn man dieses Wissen anwendet, um einen möglicherweise entscheidenden Schritt im Kampf gegen das Corona-Virus zu machen. Erste Ergebnisse einer Forschungsstudie lassen hoffen.
Seit der ersten Corona-Welle ist am Klinikum Dortmund eine „künstliche Hundeschnauze“ im Einsatz: „Ein Gaschromatograph, den die Firma G.A.S aus Dorstfeld entwickelt hat, macht das, was ein Hund durch Schnüffeln macht, eben technisch: Die Maschine erkennt flüchtige Moleküle in der Ausatemluft, ein Computer-Algorithmus wertet dann Muster aus“, erklärt Dr. Schaaf. Ziel der Forschungsarbeit ist es, herauszufinden, ob sich ein Corona-Schnelltest entwickeln lässt, der Covid-19 allein über die Atemluft feststellen kann.
Genauigkeit schlechter als bei PCR-Tests
Patienten, die als Corona-Verdachtsfall ins Klinikum kommen und damit einverstanden sind, an der Studie teilzunehmen, wird daher neben dem Rachen-Abstrich auch eine Atemluftprobe aus dem Mund entnommen. „Ganz einfach mit einer Spritze, auf der eine Art Mundstück sitzt“, so Dr. Schaaf. Aus der Spritze wird die Atemluft in die elektronische Hundenase gepustet. Der Patient selbst hat keinen Kontakt zu dem Gerät, es besteht keine Ansteckungsgefahr.
Gemessen werden nicht die Viren, die sich bei Corona-Patienten in der Atemluft befinden können, sondern Stoffwechsel- und Entzündungsmoleküle. „Das kennt jeder: Wenn einer die Zähne nicht geputzt hat, atmet er schlechte Luft aus.“ Auf eine Corona-Infektion reagiert der Körper damit, Entzündungszellen zu bilden. „Diese Zellen produzieren Stoffe, die sonst nicht in diesem Maße produziert werden. Wenn die ausgeatmet werden, kann man das messen“, so der Infektiologe. Es wird ein Profil ermittelt, das typisch für den Atem von Covid-19-Patienten ist. Am Ende jeder Woche werden die gesammelten Daten an einen Techniker der Firma G.A.S. weitergeleitet, der die Auswertung übernimmt.
Die Ergebnisse aus der ersten Testreihe im Frühjahr lassen hoffen, dass aus diesem Vorgehen ein Corona-Test entwickelt werden kann. Die Trefferquote lag bei 80 Prozent. Zum Vergleich: Antigen-Tests haben eine Zuverlässigkeit von 90 Prozent, PCR-Tests liegen bei nahezu 100 Prozent.
Bis zum zugelassenen Corona-Sofort-Test gibt es noch viel Arbeit
Dr. Schaaf schränkt allerdings ein: „Die Machbarkeitsstudie war mit relativ wenigen Patienten. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Ergebnis in einer größeren Gruppe dann doch nicht wiederholen lässt.“ Im Frühjahr waren im Klinikum 10 Corona-Patienten an der Studie beteiligt. Weitere 30 Erkrankte wurden in Edinburgh so getestet - mit Forschern dort kooperiert das Klinikum bei dem Projekt. Daher geht es aktuell darum, mehr Patienten im Klinikum mit der elektronischen Hundenase zu testen - mindestens 70 bis 80 sind das Ziel.
Bis die Methode als Corona-Test zugelassen werden kann, wartet noch viel Arbeit: „Die Trefferquote muss noch verbessert werden.“ Und auch an dem Gaschromatographen muss noch gearbeitet werden - so dass er, wie ein Atemalkoholtest - direkt ein Ergebnis anzeigt. Doch der eingeschlagene Weg stimmt nicht nur die beteiligten Wissenschaftler aus Dortmund und Edinburgh zuversichtlich: Nach der Veröffentlichung der ersten Forschungsergebnisse gab es bereits viele Anfragen von Forschern, die ebenfalls mit der „künstlichen Hundeschnauze“ arbeiten wollen.
1983 im Münsterland geboren, seit 2010 im Ruhrpott zuhause und für die Ruhr Nachrichten unterwegs. Ich liebe es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und vor allem: zuzuhören.
