Der Anteil der U27-Jährigen unter den Obdachlosen liegt in Dortmund bei etwa 20 Prozent – und somit leicht unter dem Bundesdurchschnitt.

© Tobias Hase/dpa (Symbolbild)

Junge Obdachlose in Dortmund: Es gibt kleine Erfolge

rnBilanz 2019

Auch 2019 wandten sich wieder viele junge Obdachlose an die Dortmunder Hilfsstellen. Die Institutionen können teilweise kleine Erfolge verzeichnen – auch dank einer Webseite.

von Anna Maria Stock

Dortmund

, 18.02.2020, 17:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Obdachlosigkeit junger Menschen in Dortmund ist nach wie vor hoch. Dennoch sind für das Jahr 2019 kleine Erfolge zu verzeichnen. Drei Dortmunder Hilfsstellen für junge Obdachlose ziehen Bilanz.

Diakonie

Im Jahr 2019 hätten sich insgesamt 475 Obdachlose unter 27 Jahren an die Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose (ZBS) der Diakonie gewandt, sagt Sprecher Tim Cocu. Die Altersgruppe der unter 27-Jährigen hätten dabei etwa ein Fünftel aller Klienten (insgesamt 2139 Personen) ausgemacht – ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr.

Das sei erstmals ein Rückgang, denn die Jahre zuvor sei der Anteil der jungen Obdachlosen stetig angestiegen. Insgesamt sei aber die Zahl der jungen Obdachlosen – wie auch aller Obdachlosen – auf einem hohen Niveau, so Cocu.

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Dortmund liegt damit unter dem bundesweiten Schnitt. Wobei: Vergleichszahlen für 2019 gibt es noch nicht, doch eine Erhebung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) hat für 2018 einen Anteil der U27-Jährigen von 27 Prozent ausgemacht. „Ich vermute, dass sich an der Zahl 2019 nicht viel getan hat“, sagt Werena Rosenke von der BAG Wohnungslosenhilfe.

Sleep In

Die Übernachtungsstelle für Jugendliche „Sleep In“ hätten im vergangenen Jahr 188 Jugendliche genutzt, 142 davon seien Neuaufnahmen gewesen. Das sagt Jenny Möllers von Sleep In. „Das ist aber weder auffallend mehr noch weniger als im Jahr davor“, fügt sie hinzu. Die Notschlafstelle ist für Jugendliche von 14 bis 21 Jahre offen und gehört zum Verbund Sozialtherapeutischer Einrichtungen (VSE) in Dortmund.

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Off Road Kids

Die Streetworker von Off Road Kids in Dortmund haben 2019 durch lokale Sozialarbeit nach eigenen Angaben 169 jungen Menschen eine dauerhafte Bleibe vermittelt – einer Person mehr als im Vorjahr. Eine dauerhafte Bleibe ist dabei nicht unbedingt die eigene Wohnung, sondern auch die Rückkehr ins Elternhaus oder die Vermittlung in eine Jugendeinrichtung gehören dazu, erzählt eine Sprecherin. Rückfälle würden außerdem monatlich von der Statistik abgezogen.

Zusätzlich zu den 169 Personen konnte in Dortmund und Umland 15 jungen Leuten über die Online-Plattform sofahopper.de geholfen werden. Sofahopper – dahinter verbergen sich junge Menschen, die keine eigene Wohnung haben, sondern bei Bekannten Unterschlupf finden. Dies wird als eine Vorstufe zur Obdachlosigkeit angesehen.

Über die Webseite von Sofahopper können Betroffene unter 27 Jahren und auch deren Angehörige um Hilfe rufen. Das sei auch anonym möglich, so dass die Hemmschwelle niedrig gehalten werde, wie eine Sprecherin von Off Road Kids erklärt.

Die Online-Plattform gibt es seit 2017, ihren Durchbruch hatte sie jedoch 2019: Bundesweit sind 2019 mehr als die Hälfte der insgesamt 740 jungen Wohnungslosen, denen Off Road Kids eine dauerhafte Bleibe vermitteln konnte, über sofahopper.de an sie herangetreten. Das virtuelle Angebot sei somit hauptverantwortlich für den Anstieg der bundesweiten Vermittlungen einer Bleibe im vergangenen Jahr – angeblich ein Anstieg um 85 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

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Die überregionale Online-Plattform ist verzahnt mit den regionalen Streetwork-Stationen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und Dortmund. Die Streetwork-Station in Dortmund gibt es seit 2005. Hilferufe über sofahopper.de würden in der Zentrale in Berlin bearbeitet und dann von dort in die jeweiligen Stationen weitervermittelt, sagt Jens Elberfeld, Streetworker in Dortmund. Auf diese Weise seien auch die 15 Vermittlungen hier zustande gekommen.

Ballungsraum Ruhrgebiet

Laut Off Road Kids-Statistik konnten in Dortmund und Umland in absoluten Zahlen bundesweit die zweithöchste Zahl junger Obdachlose in eine dauerhafte Bleibe vermittelt werden – hinter Berlin und vor Köln. Dass man so weit oben liegt, führt Jens Elberfeld darauf zurück, dass die hiesige Streetwork-Stelle ein großes Einzugsgebiet hat: Es umfasst das Ruhrgebiet, Sauerland und Münsterland.

Wie viele Obdachlose es insgesamt in Dortmund gibt, ist schwer zu sagen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Früher hatte die Stadt Schätzungen angestellt. Eine Studie der Fachhochschule Dortmund hatte im vergangenen Sommer 606 Obdach- und Wohnungslose gezählt – eine Zahl, die die von der Stadt geschätzte Zahl von 400 übertraf.

Mit den Schätzungen habe die Stadt inzwischen aufgehört: „Man kann es wirklich nicht sagen“, so eine Sprecherin der Stadt. „Wir können nur die erfassen, die sich an den verschiedenen Stellen melden.“

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