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Ärger im Stadtteil: Ist Glockenläuten in Wohngebieten schön oder nervig?
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Die einen finden es nervig, die anderen schön: Glockengeläut in den Nebenzentren. Eine Diskussion in Husen bringt für beide Seiten gute Argumente vor.
Ist das Läuten von Kirchenglocken nervig, oder bildet es einen schönen klanglichen Hintergrund, der ganz einfach zum Leben in den Dörfern und Städten gehört? Zu dieser Frage gibt es durchaus unterschiedliche Antworten und Meinungen, wie eine Diskussion vor wenigen Tagen im sozialen Netzwerk Facebook gezeigt hat, die mittlerweile jedoch nicht mehr online zu finden ist. Konkret ging es dabei um die evangelische Kirche an der Denkmalstraße in Husen.
Tenor einerseits: Die lauten Glocken dieser Kirche stören die Anwohner - vor allem nachts, denn sie kündigen rund um die Uhr zu jeder vollen Stunde mit ihren Schlägen die Stundenzahl an. Zu halben Stunden erfolgt ein einzelner Schlag. „Wenn ich mein Baby gerade mühsam zum Einschlafen gebracht habe“, sagt eine Anwohnerin, „wird es durch die Glocken garantiert wieder geweckt.“ - „Das ist so eingestellt“, sagt Küsterin Heike Simon (60), „das können wir nicht abstellen.“ Hinzu kommt wochentags um 7, 12 und 18 Uhr das kleine, sowie samstagsabends und sonntagsmorgens das große Geläut.
Wenn jemand stirbt, läuten die Glocken in Husen für zehn Minuten, wenn er beigesetzt wird, nochmal 20 Minuten.
„Glockenläuten gehört zum Leben in einer Gemeinschaft“
Tenor andererseits: Glockenläuten gehört zum Leben in einer Gemeinschaft dazu. Es hat etwas von Heimat und menschlichem Zusammenleben. Manche sehen darin auch etwas angenehm Nostalgisches, das einem Sicherheit und Geborgenheit vermittelt.

Küsterin Heike Simon und Pfarrer Rainer Engbert haben kein Verständnis für Kritik am Glockengeläut der evangelischen Kirche Husen. © Andreas Schröter
Heike Simon kann diese Diskussion überhaupt nicht nachvollziehen. Die Glocken in Husen läuten seit 1907, und Beschwerden habe es darüber bisher noch nicht gegeben. Im Gegenteil: Als einmal wegen einer Reparatur die Glocken für sechs oder acht Wochen nicht schlugen, sind die Husener nervös geworden und haben sich gefragt, was denn da wohl los sei.
Und Pfarrer Rainer Engbert fügt hinzu, das sei ein bisschen wie mit dem Hahn auf dem Mist, der jahrelang krähen durfte, dann aber nicht mehr, weil jemand hinzugezogen sei, den das störe, obwohl der Hahn früher da war. Mit anderen Worten: Man müsse sich eben überlegen, ob man in unmittelbare Nähe einer großen Kirche ziehen wolle, denn man wisse doch, dass dort Glocken läuten. Engbert verweist auf den historischen Nutzen von Kirchenglocken in einer Zeit, als es noch keine Armbanduhren gab und die Menschen nach dem Geläut ihren Tag strukturierten.
Heike Simon kündigt in der Karwoche eine halbe Woche Ruhe an. Mittwoch (31.3.) wird zuletzt geläutet - und dann erst wieder Ostersonntag (4.4.).
Ein paar Meter weiter, am Kühlkamp, läuten übrigens auch die Glocken der katholischen Kirche (St. Petrus Canisius) täglich um 7, 12 und 18 Uhr - aber nicht so laut wie die der evangelischen Kirche.
Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
