
Heimleiterin Regina Misiok-Fisch im Garten des Christinenstifts, in dem am Mittwoch alle Besucherinnen und Besucher empfangen wurden. © Oliver Volmerich
„Unsere Mitarbeitenden gehen am Stock“ - Heimleiterin schlägt Alarm wegen Corona
Protest im Christinenstift
Corona beherrscht nicht mehr wie vor wenigen Monaten den Alltag. In Pflegeheimen allerdings schon. Und mit dem neuen Infektionsschutz-Gesetz drohen sogar neue Probleme. Das stößt auf Protest.
Das Bild wirkt idyllisch: In kleinen Gruppen sitzen die Bewohnerinnen und Bewohner des Christinenstifts im Herzen der City mit Pflegekräften und Angehörigen im Garten des Hauses, plaudern und genießen die Spätsommer-Sonne.
Doch der Treff im Garten hat einen ernsten Hintergrund. Am Mittwoch (7.9.) wurden Besucherinnen und Besucher im Christinenstift, das zur katholischen St.-Paulus-Gesellschaft gehört, nur im Freien empfangen. Die Heimleitung wollte damit auf die Überlastung der Langzeitpflege durch die noch immer schwierigen Corona-Auflagen aufmerksam machen.
Kosten bleiben an den Heimen hängen
„In der Pflege ist die Pandemie noch lange nicht vorbei“, sagt Heimleiterin Regina Misiok-Fisch. In einem offenen Brief fordert das Christinenstift vom Bund eine Verringerung der Bürokratie und eine dauerhafte und sichere Refinanzierung der coronabedingten Mehrkosten.
Das Problem ist: In den Pflegeheimen gelten mit dem frisch geänderten Infektionsschutzgesetz des Bundes weiterhin strenge Corona-Auflagen wie Masken- und Testpflicht, Einlasskontrollen und Dokumentations-Pflichten. Die Kosten will der Bund aber nicht mehr übernehmen.
„Die Bürokratie ist uferlos“, beklagt Regina Misiok-Fisch. Alles müsse dokumentiert werden. In der Pflege gilt weiterhin die Nachverfolgungspflicht. „Aber wie wollen sie bei dementen Menschen nachhalten, wie sie sich im Haus bewegt haben?“, fragt die Heimleiterin.
Dazu kommt, dass viele Bewohnerinnen und Bewohner Kontakte außerhalb des Heims haben. „Anders als bei uns, sind mit Blick auf Coronaschutz draußen aber schon normale Zeiten - ohne Maske und Mindestabstand. Und wir können nichts dafür, was draußen passiert“, erklärt Regina Misiok-Fisch.
Personal-Engpass durch Corona-Quarantäne
Sie nennt ein Beispiel: Drei Bewohnerinnen waren bei Abi-Feiern ihrer Familien - und brachten allesamt Corona-Infektionen mit ins Heim zurück. Im Juli waren dann 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Christinenstifts gleichzeitig in Quarantäne.
Die Konsequenzen muss das Personal tragen. „Wir haben freie Tage und auch Urlaub verschoben“, berichtet Pflegefachkraft Michael Hennig. „Denn wir haben weiterhin den Anspruch, eine optimale Pflege zu bieten.“ „Die Personalbesetzung soll immer gleich sein“, betont auch Regina Misiok-Fisch. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen den Personalmangel nicht spüren.

Pfleger Michael Hennig beklagt die Dauerbelastung in der Corona-Pandemie. © Oliver Volmerich
Die Folge ist, dass das Personal immer mehr belastet wird. „Unsere Mitarbeitenden arbeiten seit zweieinhalb Jahren über ihr Limit hinaus. Die gehen am Stock“, sagt die Heimleiterin. „Wir brauchen dringend mehr Personal“, sagt auch Michael Hennig. Doch das ist zurzeit schwer zu bekommen.
Umso belastender ist die Corona-Bürokratie. „Die Vorgaben durch das ab Oktober geltende geänderte Infektionsschutzgesetz erzeugen einmal mehr Bürokratie und belasten unsere Beschäftigten. Wir fordern eine Entlastung der Pflege durch die dauerhafte und sichere Refinanzierung von Corona-Schutzmaßnahmen“, erklärt Regina Misiok-Fisch. Denn spätestens im Herbst und Winter ist der Garten des Hauses kein passender Ort mehr, um Besucherinnen und Besucher zu empfangen.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
