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In der Corona-Pandemie melden sich die Dortmunder seltener krank
Wirtschaft
Die Corona-Pandemie bestimmt den Alltag. Doch Arbeitnehmer melden sich viel seltener krank. Das zeigen jüngste Daten der Krankenkassen. Die niedrigen Zahlen können ernste Gründe haben.
Die Zahlen der BIG-Krankenkasse und der IKK zu den Krankmeldungen in Dortmund im zweiten und dritten Quartal 2020 sprechen für sich. Von April bis September erhielten die Krankenkassen deutlich weniger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als in den Jahren davor. Eine Grafik der BIG und der IKK verdeutlicht die Zahlen.
Bettina Kiwitt, Leiterin der Unternehmenskommunikation der BIG-Krankenkasse, erläutert: „Wir haben immer noch auffallend weniger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als in den Vorjahren.“
Rückgang der Krankmeldungen
Einen Rückgang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bestätigten die Krankenkassen unserer Redaktion schon Anfang Juli. Nun im dritten Quartal (Juli bis September) „ziehen die Zahlen wieder an“, sagt Kiwitt. Die Meldungen im dritten Quartal lägen aber immer noch deutlich unter denen der Vorjahre.
Auch Zahlen der IKK Classic (Innungskrankenkasse) zeigen weniger Krankmeldungen im dritten Quartal als im gleichen Zeitraum im Vorjahr. Daten der TK für Nordrhein-Westfalen lassen auf der Landesebene in NRW einen ähnlichen Trend vermuten. Die IKK verzeichnet von Juli bis September um mehr als 1000 weniger Arbeitsunfähigkeitsmeldungen als ein Jahr zuvor. Seit Juni steigen die Zahlen bei der IKK jedoch wieder.
Warum die Zahlen so niedrig sind? Dahingehend äußern die Krankenkassen mehrere mögliche Gründe.
Spekulation über Gründe
Viele Arbeitnehmer sind im Home Office. Dort habe man eine bessere Möglichkeit kürzerzutreten, ohne sich krank schreiben zu lassen, sagt Kiwitt. Home Office sieht auch Stefanie Weier von der IKK als möglichen Grund für weniger Infektionen. Von Juli bis September haben sich mehr als 20 Prozent weniger Personen wegen Atemwegserkrankungen krankgemeldet als im Vorjahr.
Außerdem: Home Office könne weniger Stress erzeugen. Private Termine können besser koordiniert werden und die Fahrt zum Arbeitsplatz fällt weg, so Kiwitt. Christian Elspas, Sprecher der TK Nordrhein-Westfalen sagt: Auch Unfälle auf dem Weg zur Arbeit werden durch das Arbeiten im Home Office verhindert.
Es könnte außerdem sein, dass viele Menschen die Arztpraxen in diesen Zeiten meiden, sagt Bettina Kiwitt. Vermutlich aus Angst vor einer Ansteckung im Wartezimmer.
Angst vorm Arztbesuch
Auch Stefanie Weier äußert diese Vermutung. Wichtige Termine wie Herz-, oder Krebs-Vorsorgetermine und andere wichtige Untersuchungen sollten jedoch nicht verschoben werden. Termine zu bestehenden Erkrankungen und Impfungen sollten auch nicht vergessen werden.

Die Dortmunder melden sich in Corona-Zeiten weniger krank. Die Krankenkasse BIG verzeichnet im zweiten und dritten Quartal (April bis September) 2020 weniger Krankmeldungen als in den Vorjahren. © BIG Krankenkasse
Die niedrigen Zahlen können auch eine Folge der derzeit geltenden Hygienemaßnahmen sein, vermutet Christian Elspas. Die Hygienemaßnahmen schützen nicht nur vor Corona. Auch andere Erreger haben es mit den geltenden Maßnahmen schwerer als zuvor. Maske, Abstand und die eigene Hygiene verringern die Wahrscheinlichkeit, sich mit allen Infektionskrankheiten anzustecken.
AHALC-Regel und Kontakteinschränkungen
Die Kontakteinschränkungen seien ebenfalls ein wichtiges Thema, sagt Stefanie Weier. Die AHA-Regeln, die nun um die Buchstaben L und C erweitert wurden, seien wichtig, um das Erkältungsaufkommen einzudämmen: Abstand- Hygiene- Alltagsmasken- Lüften- Corona-Warn-App.
Im Frühling und Sommer haben es Krankheitserreger wegen der wärmeren Temperaturen generell schwerer. Das Ansteckungsrisiko für Infektionen ist da geringer, so Bettina Kiwitt. Dies könnte zu niedrigen Zahlen an Krankschreibungen im zweiten und dritten Quartal führen.
Viele Menschen treibt in Corona-Zeiten ein Gedanke um: Die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes hat Priorität. Elspas vermutet, dass sinkende Konjunkturaussichten die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust schüren. Wer um seinen Job bangt, spekuliert Kiwitt, würde sich seltener krankschreiben lassen.
Über die Wintermonate, im vierten Quartal, könne man mit einer Steigerung der Krankschreibungen rechnen, sagt Kiwitt. Dies vermutet auch Stefanie Weier. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen würden dennoch vermutlich unter denen des Vorjahres bleiben werden.
Wer gesundheitlich vorbelastet ist, solle sich überlegen ob eine Impfung gegen Influenza in Frage kommt, rät Weier. Dadurch vermeide man eine Doppelinfektion. Auch das Gesundheitssystem könnte dann entlastet werden.