Auf ihrem Tablet zeigt Marianne Knoll (85): Ihr erster Impftermin ist bestätigt - trotzdem ignoriert das Online-Verfahren diese Buchung und verweigert den zweiten Termin. © Annette Feldmann
Covid-Impfung
Impftermin buchen: Wie eine 84-Jährige an den Rand der Verzweiflung geriet
Mehrere Tage brauchte Marianne Knoll (84), um ihre Covid-Impf-Termine zu buchen. Dafür brauchte sie Tablet, iPhone - und dicke Nerven. Denn sie landete immer wieder in der Sackgasse.
von Annette Feldmann
Dortmund
, 29.01.2021 / Lesedauer: 3 minFrau Knoll, die nächsten Monat 85 Jahre alt wird, ist überraschend gut gelaunt. Menschen mit weniger großer Gelassenheit hätten wahrscheinlich schon längst in die Tischplatte gebissen.
Marianne Knoll befindet sich nämlich seit drei Tagen auf Odyssee durch den digitalen Raum, um ihre Impftermine zu buchen. Ihre beiden 12stelligen Codes aus Zahlen und Buchstaben, die sie für die Online-Buchung braucht, kann sie inzwischen auswendig. „Ich träum schon nachts davon.“
Das Online-Verfahren zur Termin-Buchung für die Impfungen ist selbst für Angehörige der digitalen Generation eine mittlere Herausforderung. Für Über-80-Jährige ist es eine Art Zwangskursus in Online-Kompetenz - man könnte auch sagen: eine Zumutung.
Deshalb probiert Frau Knoll parallel auch immer wieder die telefonische Terminbuchung unter 080011611702. Vergeblich. „Da hört man permanent das Besetzt-Zeichen. Aber heute komme ich plötzlich durch“, erzählt die 85-Jährige aufgeregt, „und was höre ich da: Eine Stimme vom Band, die mir mitteilt: ‚Sie gehören nicht zur Risikogruppe.‘ Ich dachte, ich fall vom Hocker.“
Versuch per Telefon: Seit Montag nur tut-tut-tut
Montagmorgen, zum Auftakt des Termin-Verfahrens, hatte Marianne Knoll ihre ersten Buchungs-Versuche begonnen. Wie wahrscheinlich die meisten Dortmunder erstmal telefonisch. „Zu hören war aber nur tut-tut-tut.“
Dienstag bewaffnete sie sich dann mit Tablet und iPhone und jeder Menge Zuversicht und startete den ersten Versuch einer Online-Buchung: „Ich bin dann genau nach dem Artikel vorgegangen, der morgens in der Zeitung stand.“
Mit E-Mail, Handy-Nummer, Online-Formular, mit PINs, SMS und Codes und in einem Hin- und Her-Verfahren zwischen dem Online-Formular auf dem Tablet und den SMS auf dem iPhone schaffte es die 85-Jährige tatsächlich, ihren ersten Impftermin zu buchen: Den 24.2., um 14.45 Uhr.
„Aber man soll ja dann danach auch den 2. Termin buchen“, erzählt Frau Knoll: „Und da fing das Elend an!“
„ Ich habe den Code für den 2. Termin eingegeben“, berichtet die Seniorin: „Erneut muss man dann das ganze Online-Verfahren durchlaufen wie beim ersten Termin. Aber diesmal wurde dann ein Passwort verlangt, das gar nicht vergeben war. Und beim Anfordern des Passworts traf die angekündigte E-Mail nicht ein. Beim nächsten Versuch hieß es: Keine Buchung gefunden, obwohl meine erste Termin-Buchung bestätigt war.“
Wie auch immer Marianne Knoll sich durch die Seiten des Online-Formulars arbeitete – der letzte Klick für die Buchung des zweiten Termins wurde nicht angenommen.
Auch Service-Mitarbeiter streckte die Waffen
„Dann hab ich einfach mal die Nummer 116117 angerufen und hatte einen ausgesprochen hilfsbereiten jungen Mann am Telefon“, erzählt Frau Knoll. 116117 ist die Terminservice-Stelle der Kassenärztlichen Vereinigung. Dort kann man zwar keinen Impf-Termin buchen, aber immerhin hilfsbereite Gesprächspartner finden.
„Der junge Mann hat gesagt: Keine Sorge, das machen wir schon“, erzählt sie. Gemeinsam sind sie dann eine Stunde durch die Terminbuchungsseiten gesurft, vor und zurück. „Keine meiner Töchter wäre so geduldig gewesen wie er“, konstatiert Frau Knoll lobend. „Zwischendurch sagte er allerdings immer wieder: ‚Versteh ich nicht.‘“ Und am Ende musste dann auch er die Waffen strecken: Sackgasse.
Marianne Knoll lässt sich nicht entmutigen. „Meine Tochter Heidrun, die in der Schweiz lebt, hat am 27. Februar Geburtstag. Ich möchte sie dann gern besuchen. Darum habe ich den ersten Termin kurz vorher gebucht. Und jetzt muss ich auch den zweiten Termin sicher haben, damit das klappt.“ Ehe die Reise in die Schweiz startet, musste sie auf ihrer digitalen Reise ihr Ziel erreichen.
Letztlich klappte es: „Habe heute nach einer halben Stunde Dauerwählen beide Termine telefonisch buchen können“, berichtet Frau Knoll am Donnerstag. Nach fast vier Tagen.
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