Im Prozess um mutmaßlich knapp 600 Corona-Scheinimpfungen durch einen Naturheilkunde-Arzt (67) im Recklinghäuser Paulusviertel hat das Bochumer Landgericht den Angeklagten deutlich in die Schranken verwiesen. Hintergrund war eine Flut von Befangenheitsanträgen.
Der vor seiner Festnahme bei Verwandten in Dortmund-Oespel lebende Arzt und seine wegen Beihilfe mitangeklagte Ehefrau (56) aus Herten hatten über ihre Anwälte zuletzt zahlreiche Kritikpunkte vorgebracht, aus denen sie eine vermeintliche Voreingenommenheit der Richter konstruierten.
In einem jetzt verlesenen Beschluss der Prüfungskammer wurde ein Befangenheitsantrag nach dem anderen abgelehnt. Die Begründungen: von „verfristet“, über „unzulässig“ bis hin zu „nicht ansatzweise glaubhaft gemacht“.
Unter anderem hatte sich der Mediziner darüber beklagt, dass das Gericht seine Haftbeschwerde (der 67-Jährige sitzt seit Mai 2022 in U-Haft) abschlägig beschieden hatte.
Dazu hieß es vonseiten der Richter: „Ein geistig gesunder und vernünftig denkender Angeklagter wird nicht erwarten können, dass ein Gericht sich bei streitigen Rechtsfragen immer der Auffassung seiner Verteidiger anschließen wird.“
Anwalt spricht von „Showprozess“
Der neue Verteidiger des Arztes, ein bekennender Impfkritiker, hatte in dem Befangenheitsantrag durchblicken lassen, dass der „wahre Haftgrund“ der radikale Kurswechsel samt Widerruf des anfänglichen Geständnisses durch den Arzt sei. Durch immer weitere U-Haft solle der Arzt „gebrochen werden“.
Letztlich, so der Anwalt weiter, folge die 12. Strafkammer einem politischen Auftrag, das Verfahren zu einem für alle Ärzte abschreckenden Showprozess umzufunktionieren.
„Bloße Verunglimpfung“
Die Prüfungskammer konterte mit scharfen Worten: Bei derart fernliegenden und pauschalen Unterstellungen, hieß es, liege es nahe, dass im Kern „bloße Verunglimpfungen“ angestrebt werden.
Dass der Arzt neben dem über seinen neuen Anwalt ständig wiederholten Sitzungsprotokoll-Einwand zudem beklagt hatte, dass seine Unterstützer durch zeitaufwendige Verlesungen oder Ermahnungen bewusst von Gerichtsbesuchen abschreckt werden sollen, wertete das Gericht sinngemäß als Unverschämtheit. Darauf gestützte Befangenheitsanträge, hieß es, „bieten Anlass zur Prüfung, ob der Prozess verschleppt werden soll“.
Impfstoffe vernichtet
Laut Anklage soll der Arzt 589 Corona-Schutzimpfungen vorgetäuscht, zum Schein Kochsalzlösung injiziert und zu Unrecht Impfpässe ausgegeben haben. Originale Covid-19-Vakzine soll er im Müll vernichtet haben.
Die Verteidigung des Arztes nahm die Ablehnungen zum Anlass, weitere Befangenheitsanträge zu formulieren. Über diese soll im Anschluss an die Osterferien (Mitte April) entschieden werden.
Recklinghäuser Impfskandal: Patientin aus Haltern enthüllt: So lief eine Scheinimpfung ab
Impfskandal von Recklinghausen: Arzt droht Gefängnisstrafe - „Horrorszenarien verbreitet“
Arzt (67) nach Corona-Scheinimpfungen verurteilt: „Er hat geglaubt, über dem Gesetz zu stehen“