Der starke Anstieg der Bauzinsen zu Jahresbeginn hat die Situation für Immobilienkäufer verschlechtert. Für Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen ist der Traum von den eigenen vier Wänden in der Großstadt derzeit vielerorts unbezahlbar.
Eine Analyse des Online-Portals Immowelt, das die Angebotspreise für familientaugliche 90-Quadratmeter-Wohnungen in 80 Großstädten verglichen hat, zeigt: In jeder zweiten deutschen Großstadt sind 5000 Euro und mehr Nettoeinkommen für eine gesunde Wohnkostenquote nötig.
Dabei geht die Immowelt-Analyse davon aus, dass eine gesunde Wohnkostenquote bei 30 Prozent liegt. Weniger als 30 Prozent des verfügbaren Einkommens für das Abstottern des Kredits aufzubringen, gelte gemeinhin als leistbar. Bei einem höheren Wert drohe eine Überlastung, zumal ja noch Nebenkosten für Strom, Wasser und Heizung hinzukommen.
München ist am teuersten
In München, der laut Immowelt, teuersten Stadt Deutschlands, wird eine beispielhafte Wohnung mit 90 Quadratmetern für 823.590 Euro angeboten. Mit einem derzeit marktüblichen Zinssatz von 4,2 Prozent belaufen sich die monatlichen Raten, so rechnet Immowelt vor, auf 4255 Euro.
Eine durchschnittliche Familie mit einem Kind und einem Voll- und einem Teilzeitverdiener müsste also 88 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die monatliche Kredittilgung aufbringen. Um keine Überbelastung zu riskieren, wäre in der bayrischen Landeshauptstadt also ein Haushaltsnettoeinkommen von 14.184 Euro nötig.
Davon ist Dortmund weit entfernt. In den großen Ruhrgebiets-Städten insgesamt müssen Durchschnittsverdiener den Traum vom Wohneigentum trotz der gestiegenen Bauzinsen nicht begraben. In Dortmund ist eine familientaugliche Eigentumswohnung auch für Normalverdiener gerade noch finanzierbar, so das Ergebnis der Immowelt-Analyse.
Die Wohnkostenbelastung beim Kauf einer beispielhaften 90-Quadratmeter-Wohnung (drei Zimmer, 1. Stock, Baujahr 1990er-Jahre), die in Dortmund für 256.050 Euro angeboten wird, liegt nach der Immowelt-Berechnung bei 33 Prozent.
Zugrunde gelegt wird neben dem Bauzins von 4,2 Prozent eine 90-Prozent-Finanzierung mit zweiprozentiger Tilgung. Für eine Wohnkostenbelastung von 30 Prozent müsste eine Familie in Dortmund danach über ein Haushaltsnettoeinkommen von 4410 Euro verfügen.
Die um drei Prozent höher liegende Belastung müsste also durch ein Drücken des Kaufpreises oder einen etwas höheren Eigenkapitaleinsatz aufgefangen werden.
Haus & Grund will Förderungen
Ersteres ist durchaus erfolgversprechend, wie Dennis Soldmann, Geschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund Dortmund, feststellt. „Tatsächlich ist der Traum vom Eigenheim durch explodierende Baukosten und steigende Zinsen für viele Familien in weite Ferne gerückt. Allerdings erleben wir auch, dass sich bei den Immobilienkaufpreisen Verhandlungsspielräume ergeben, die wir noch Anfang des Jahres 2022 nicht gesehen haben“, sagt er.
Das heißt, die Angebotspreise, auf denen die Immowelt-Analyse beruht, sind längst nicht mehr die Kaufpreise, die am Ende auch gezahlt werden. In Dortmund nicht - und in anderen Großstädten auch nicht.
Nimmt man aber die Angebotspreise als Grundlage, dann liegt die Wohnkostenquote für Käufer der 90-qm-Beispielwohnung in 58 von 80 untersuchten Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern bei mehr als 30 Prozent. In 43 Großstädten benötigen Immobilienkäufer ein monatliches Nettoeinkommen von 5000 Euro oder mehr.
„Im Vergleich zu anderen Großstädten bewegen wir uns in Dortmund immer noch in einem Bereich, der auch für Familien mit mittleren Einkommen Chancen bietet“, sagt Haus-und-Grund-Experte Dennis Soldmann in Übereinstimmung mit der Immowelt-Analyse.
„Allerdings“, ergänzt er, „könnte die Regierung einiges mehr tun, um Menschen den Traum vom Eigenheim weiterhin zu ermöglichen. Beispielsweise durch zielgenaue Förderprogramme für Ersterwerber von Immobilieneigentum sowie die Abschaffung der Grunderwerbsteuer, die in NRW mit 6,5 Prozent besonders hoch ausfällt und die Kaufnebenkosten unnötig in die Höhe treibt.“

Noch deutlich erschwinglicher als in Dortmund sind laut der Immowelt-Analyse Eigentumswohnungen beispielsweise im sächsischen Chemnitz (22 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens sind für die Kreditkosten nötig) oder im niedersächsischen Salzgitter (17 Prozent) - und auch in anderen Ruhrgebietsstädten sind eigene vier Wände noch finanzierbar. In Herne liegt die Wohnkostenbelastung bei 24 Prozent, in Duisburg bei 23 Prozent und in Gelsenkirchen bei 20 Prozent. Mit 32 Prozent ist die Belastung in Essen fast gleich mit der in Dortmund.
- Datenbasis für die Berechnung der Kaufpreise waren auf immowelt.de inserierte Angebote in 80 Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Die mittels hedonischer Verfahren errechneten Werte geben den Kaufpreis einer exemplarischen Bestandswohnung (90 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1. Stock, Baujahr 1990er-Jahre) wieder. Es handelt sich um Angebots-, keine Abschlusspreise.
- Für die Analyse zur Leistbarkeit wurde berechnet, wie hoch die monatliche Tilgungsrate bei einer 90-Prozent-Finanzierung (2 Prozent Tilgung) ist, damit die Annuität maximal 30 Prozent des Haushalteinkommens entspricht. Als Zinssatz wurde ein marktüblicher Zinssatz von 4,2 Prozent angenommen.
- Die Daten für die Bruttogehälter stammen von der Bundesagentur für Arbeit. Diese wurden in entsprechende Nettogehälter mit einem Vollverdiener (Steuerklasse 3) und Teilverdiener (Steuerklasse 5) umgerechnet. Lohnnebenkosten sowie Kindergeld für ein Kind wurden berücksichtigt, um das mittlere Haushaltsnettoeinkommen in Dortmund und den anderen Großstädten zu errechnen.
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