Wende auf dem Dortmunder Immobilienmarkt Sinken jetzt die Preise für Häuser?

Immobilien-Angebot wächst: „Nicht mehr die Preise der Vorjahre“
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Es ist eine gepflegte Doppelhaushälfte im Dortmunder Süden. Sie verfügt über fast 150 Quadratmeter Wohnfläche, besticht durch eine gelungene Raumaufteilung und einen dazu gehörenden, idyllischen Garten. „Unser Angebotspreis liegt bei 520.000 Euro. Vor einem Jahr hätte man in dieser Lage noch über 600.000 Euro für eine solche Immobilie erzielen können“, sagt Makler Prof. Dr. Raphael Spieker von Spieker Immobilien.

Auch Makler Benedikt Kuhne, der im Dortmunder Norden unter anderem gerade eine moderne Eigentumswohnung anbietet, erlebt, dass die Preise etwas nachlassen. Die 95 Quadratmeter große Erdgeschosswohnung in Brechten soll 365.000 Euro kosten. Immer noch ein stolzer Preis vor dem Hintergrund der im vergangenen Jahr deutlich gestiegenen Bauzinsen. Die Nachfrage ist auch überschaubar.

Welcher Preis am Ende für die beiden Immobilien im jeweiligen notariellen Kaufvertrag stehen wird, ist offen. Fest steht aber, dass die Kaufinteressenten zu Beginn des Jahres 2023 nicht mehr Schlange stehen.

„Wenn wir vor einem Jahr ein Haus im Internet inseriert haben, hatten wir über Nacht sofort 50 bis 70 Anfragen. Das hatten wir inzwischen schon lange nicht mehr“, sagt Benedikt Kuhne. Und Raphael Spieker erlebt zurückhaltende Käufer selbst dann, wenn noch Preisnachlässe von 15 bis 20 Prozent in Aussicht gestellt werden. „Viele sind ängstlich. Da spielt neben den gestiegenen Zinsen auch der Energiemarkt eine Rolle. Kaufinteressenten fragen heute nach Kilowattstunden, das haben sie früher nie gemacht“, sagt Raphael Spieker. Und bei einem höheren Sanierungsaufwand komme aktuell auch die Sorge hinzu, ob man überhaupt Handwerker bekommt. „Manche verzichten dann lieber.“

Angebot hat sich vervierfacht

Die viel beschriebene Wende auf dem Immobilienmarkt, sie ist in Dortmund zu spüren. „Man kann sagen, dass sich das Angebot nahezu vervierfacht hat,“ sagt Wiebke Dumitroff, Büroleiterin der Engel & Völkers Dortmund Immobilien GmbH. „Und es wird aktuell noch größer. Es ist wohl so, dass jetzt viele Immobilien bei uns Maklern landen, weil nicht mehr jeder Verkäufer einen Interessenten im Verwandten- oder Bekanntenkreis hat, der sie sich leisten kann“, ergänzt Benedikt Kuhne.

Prof. Dr. Raphael Spieker von Spieker Immobilien in Dortmund erlebt zurückhaltende Käufer - trotz Preisnachlässen von mitunter 15 bis 20 Prozent.
Prof. Dr. Raphael Spieker von Spieker Immobilien erlebt zurückhaltende Käufer - trotz Preisnachlässen von mitunter 15 bis 20 Prozent. © Spieker Immobilien/Grundmann

Neben der Ungewissheit bezüglich der Entwicklung der Energiekrise, der Inflation und der Verfügbarkeit von Handwerkern hat nach einhelliger Meinung der Experten vor allem der satte Zinsanstieg im vergangenen Jahr eine dämpfende Wirkung auf die Nachfrage nach Immobilien. „Wir haben zwar noch längst keine Hochzinsphase, aber man braucht schon gutes Eigenkapital und/oder Einkommen, um sich eine größere Immobilie in guter Lage in Dortmund leisten zu können“, sagt Wiebke Dumitroff von Engel & Völkers.

Eine Beispielrechnung macht deutlich, was sie meint: Der durchschnittliche Zinssatz für ein Immobiliendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung hat sich 2022 mehr als verdreifacht - von gut einem Prozent im Januar auf rund vier Prozent. „Wer im Dezember 2021 eine Darlehenssumme von 400.000 Euro zu einem Zinssatz von einem Prozent und einer anfänglichen Tilgung von zwei Prozent aufnahm, zahlte eine Monatsrate von 1000 Euro. Im Oktober 2022 wären dafür pro Monat 2000 Euro fällig geworden – ein Anstieg von 100 Prozent“, so rechnet es etwa das Finanzvertriebs-Unternehmen Dr. Klein vor.

Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, sagt zur aktuellen Situation auf dem Immobilienmarkt: „Viele interessante Immobilien, die den Leuten noch Anfang des Jahres 2022 aus den Händen gerissen worden wären, sind heute auf den einschlägigen Immobilienportalen zu finden.“
Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, sagt zur aktuellen Situation auf dem Immobilienmarkt: „Viele interessante Immobilien, die den Leuten noch Anfang des Jahres 2022 aus den Händen gerissen worden wären, sind heute auf den einschlägigen Immobilienportalen zu finden.“ © Haus&Grund/Schaper

„Es müssen also wohl die Preise noch sinken, sonst ist eine eigene Immobilie für einen Großteil der Interessierten nicht bezahlbar. In Dortmund sind viele Häuser im Angebot, aber die Kaufinteressierten haben Probleme bei der Finanzierung. Sie müssen berücksichtigen, dass sie auch noch die gestiegenen Nebenkosten für Strom und Heizung aufbringen müssen“, sagt Benedikt Kuhne.

Günstigster Wohnraum

Wie weit die Preise in Dortmund allerdings fallen können, ist fraglich. Denn im bundesweiten Vergleich sind eigene vier Wände in Dortmund mit am günstigsten.

Laut Europace, einer Transaktionsplattform für Finanzierungsprodukte, so die Information von Dr. Klein, kostete eine Eigentumswohnung in deutschen Metropolregionen im dritten Quartal 2022 durchschnittlich 4.664,40 Euro pro Quadratmeter. Der günstigste Wohnraum wurde in Dortmund ermittelt. Eine Immobilie kostet hier im Schnitt 2.442 Euro pro Quadratmeter. Für eine durchschnittliche Wohnung mit 90 m² zahlt man in Dortmund somit 219.780 Euro, während es zum Beispiel in München 795.870 Euro sind.


Weil der Markt hier nicht so überhitzt ist wie etwa in München rechnen Experten in Dortmund - anders als in anderen Metropolregionen - nicht mit einem Preissturz. „Es kommt in Dortmund aktuell umso mehr auf die Qualität und die Lage der Immobilie an“, sagt Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund in Dortmund. Er ergänzt: „Wir raten beim Kauf von Bestandsimmobilien dazu, sich im Vorfeld intensiv mit dem baulichen und energetischen Zustand der Immobilie auseinanderzusetzen und gegebenenfalls von Fachleuten beraten zu lassen. Immobilien mit guter Bausubstanz und in attraktiven Lagen sind auch in der Krise wertbeständig.“

„Wenn die finanziellen Möglichkeiten, sei es in Form von Eigenkapital oder einer entsprechenden Einkommenssituation vorhanden sind“, so Thomas Bach, „ist es aus unserer Sicht auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rahmenbedingungen attraktiv, eine selbst genutzte Immobilie zu erwerben. Nach langer Zeit gibt es im Hinblick auf die Kaufpreise wieder Verhandlungsspielräume, da sich der Kreis der potenziellen Käufer reduziert hat und viele interessante Immobilien, die den Leuten noch Anfang des Jahres 2022 aus den Händen gerissen worden wären, heute auf den einschlägigen Immobilienportalen zu finden sind.“

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