
© Christian Barrenbrügge
Im Polizei-Konvoi zum Flughafen – Corona beendet Reise des Lebens
Dortmunder in Peru
Ein Jahr lang wollten die Dortmunder Christian und Jutta Barrenbrügge durch Amerika fahren. In Peru erwischte sie die Corona-Krise - und zwang die Barrenbrügges zu einer harten Entscheidung.
Am Freitag endete die größte Rückholaktion in der Geschichte der Bundesrepublik: Mehr als 240.000 Deutsche hatte das Auswärtige Amt in den fünf Wochen davor aus aller Welt zurück nach Deutschland geholt. Der Grund: die Corona-Pandemie. Auf einem der Hunderten Flüge war auch Christian Barrenbrügge. Für den Dortmunder war es das ungewollte Ende der Reise seines Lebens.
Im Pick-Up-Truck ein Jahr lang campend quer durch Amerika - für die Erfüllung dieses Traums hatte Barrenbrügge lange gespart. Sechs Jahre hatte der stellvertretende Leiter der Robert-Koch-Realschule in Renninghausen Vollzeit gearbeitet, aber nur einen Teil seines Gehaltes bekommen, um anschließend ein bezahltes Sabbat-Jahr nehmen zu können.
Im vergangenen Sommer waren Barrenbrügge und seine Frau Jutta schließlich aufgebrochen: Von Ost-Kanada ging es in die Rocky Mountains, dann quer durch die USA und Mittelamerika. 60.000 Kilometer in einem Jahr, immer die legendäre Fernstraße Panamericana hinunter, bis nach Chile und Argentinien, das war der Plan.

Jutta und Christian Barrenbrügge vor Ihrem Pick-Up mit der Wohnkabine - ihr Gefährt auf der Reise ihres Lebens © Christian Barrenbrügge
Auf dem Weg überstanden sie einige Abenteuer: In den Rockys erwischte sie eine Ölpanne, in Nicaragua mussten sie zwei Wochen auf einem Parkplatz in der Pampa auf ein neues Getriebe warten, in Kolumbien entgingen sie nur knapp einer Auseinandersetzung mit Rebellen.
Doch immer ging es für die Barrenbrügges weiter. Bis zur Corona-Krise. Sie waren gerade in Peru, als die dortige Regierung Mitte März eine absolute Ausgangssperre verhängte. Zwar gab es zu dem Zeitpunkt noch kaum bestätigte Corona-Fälle im Land, aber viel Sorge vor einer Überlastung des ohnehin brüchigen Gesundheitssystems: „Peru hat nur 300 Intensivbetten für 18 Millionen Einwohner“, so Barrenbrügge.
Plötzlich saßen die Barrenbrügges in dem trostlosen Innenhof eines Hotels in der peruanischen Hauptstadt Lima fest. Inzwischen waren sie zu dritt, ihr Sohn Amadeus (21) war in Kolumbien zu ihnen gestoßen, zusammen mit seinem Jack-Russel-Terrier Snoopy.

Gestrandet in Lima: Der Innenhof eines Hotels war für drei Wochen das Zuhause der Barrenbrügges. © Christian Barrenbrügge
Anfangs hofften sie noch, die Ausgangssperre aussitzen zu können. Doch dann wurde der Ausnahmezustand verlängert. Immer mehr Ländergrenzen wurden geschlossen, außerdem hörten die Barrenbrügges von anderen Weltreisenden, dass Autos mit europäischen Kennzeichen mit Steinen beworfen wurden - die Einheimischen denken, sie verbreiteten das Coronavirus. Schließlich meldeten sie sich bei der deutschen Botschaft, um ausgeflogen zu werden.
Davor mussten die Dortmunder zwei harte Entscheidungen treffen: Sie mussten nicht nur ihren Pick-Up zurücklassen, sondern auch ihren Hund. An Bord des Flugzeugs waren Tiere nicht erlaubt. „Mein Sohn wollte erst nicht mitfliegen“, erzählt Barrenbrügge. Doch dann fand sich für beide Probleme eine Lösung: Der Hotelbesitzer versprach, Auto und Hund Unterschlupf zu gewähren und auf sie aufzupassen.
Ausreisetag war der 7. April. Am Sammelpunkt mussten sie mit den anderen 440 Passagieren zwei Stunden warten. „Jeder wurde desinfiziert“, erzählt Barrenbrügge. Außerdem musste jeder Passagier unterschreiben, dass er die Kosten des Flugs selbst trägt.

Der Moment des Abschieds: Amadeus Barrenbrügge verabschiedet sich von seinem Hund Snoopy. Der Jack-Russel-Terrier musste in Peru bleiben. © Christian Barrenbrügge
Dann ging es mit neun Bussen in einem Konvoi zu einem Militärflughafen, begleitet von einer Polizei-Eskorte, vorbei an zehn Militär-Checkpoints. So schnell wie möglich hob die Boeing 747 ab. „Das war alles großes Kino“, sagt Barrenbrügge. 12 Stunden später landeten sie in Frankfurt.
Fast drei Wochen danach haben sich die Barrenbrügges halbwegs mit der Situation arrangiert. Sie renovieren nun ihr Haus, was sonst erst im Herbst angestanden hätte. Wann sie zurück zu Snoopy und ihrem Pick-Up können, steht noch völlig in den Sternen. „Wir vermuten, dass es 2020 nichts mehr wird“, sagt Barrenbrügge.
Wie viel sie die Rückholaktion kosten wird, wissen die Dortmunder noch nicht. Unter der Hand sagte man ihnen aber, dass es wohl „1000 Euro pro Nase“ würden.
1984 geboren, schreibe ich mich seit 2009 durch die verschiedenen Redaktionen von Lensing Media. Seit 2013 bin ich in der Lokalredaktion Dortmund, was meiner Vorliebe zu Schwarzgelb entgegenkommt. Daneben pflege ich meine Schwächen für Stadtgeschichte (einmal Historiker, immer Historiker), schöne Texte und Tresengespräche.
