Dortmunds 45 Jahre währende Städtepartnerschaft mit der russischen Stadt Rostow am Don liegt seit dem russischen Angriffskrieg auf Eis. Gleichzeitig strebt Dortmund eine neue Städtepartnerschaft an – mit Schytomyr in der Ukraine. Eine kleine Delegation aus Dortmund reiste am Montag, 19. Juni, in die Großstadt rund 120 Kilometer westlich von Kiew, um die Städtepartnerschaft vorzubereiten.
Auch unsere beiden Redakteurinnen Marie Ahlers und Gaby Kolle sind dabei, um sich ein Bild von Dortmunds künftiger und zehnter Partnerstadt und ihren Bewohnern zu machen. Sie berichten darüber im Liveblog sowie in weiteren Artikeln und Videobeiträgen auf www.rn.de/dortmund.
Wie hat sich zum Beispiel die Arbeit des Beauftragten für Katastrophenschutz in Schytomyr mit dem Angriff geändert? Wie kommen Studenten, die mit Vollgas ins künftige Leben starten wollten, mit der Perspektive eines lang anhaltenden Krieges zurecht, der ihre Träume zerstört? Was bedeutet der Alltag der alleinerziehenden Mutter, wenn der Vater an der Front kämpft? Kurz, wie lebt es sich in einer Stadt im Krieg? Das werden unsere Reporterinnen vor Ort erkunden und jeden Tag auf rn.de/dortmund aktuell berichten - im Blog, in Reportagen, Videos, Bildern Portraits.
Zu der sechsköpfigen Delegation aus Dortmund gehören unter anderem Martin van der Pütten und Fabian Zeuch vom städtischen Büro für internationale Beziehungen sowie Ivan Adamenko, Geschäftsführer von Wilo Ukraine.
Stadt lag zeitweise an der Front
Schytomyr war vor allem zu Beginn des Kriegs von Raketenangriffen betroffen und lag zeitweise wegen seiner Autobahnverbindung an der Frontlinie. Fast 400 Wohnhäuser wurden zerstört. Mehrere Menschen starben.
Bereits im Februar 2023 hat der Dortmunder Stadtrat als Vorstufe die Solidaritätspartnerschaft mit Schytomyr beschlossen, die bis 2025 in eine Städtepartnerschaft münden soll. Schytomyr hat rund 270.000 Einwohner und ist Verwaltungssitz der gleichnamigen Oblast. Die Stadt liegt 150 Kilometer südlich der Grenze zu Belarus am Ufer des Teteriw, eines Nebenflusses des Dnjepr.
Schytomyr ist Verkehrsknotenpunkt, Industriezentrum und kultureller Mittelpunkt mit Hochschulen, Theater und Museen. Wirtschaftlich dominieren der Maschinenbau und die Lebensmittelindustrie. Außerdem hat Schytomyr – wie auch Dortmund – eine sehr aktive jüdische Gemeinde. Und die Stadt gilt als die grünste in der Ukraine.
Wie lebt es sich in der Stadt?
Nach der ersten Angriffswelle im März 2022 folgte eine zweite im Oktober. Deshalb musste die schon damals angedachte Reise der Dortmunder Delegation nach Schytomyr verschoben werden. An normale Verwaltungsarbeit ist dort seit Kriegsbeginn kaum zu denken: Es herrscht Ausnahmezustand.
Beschädigte Infrastruktur
Die Infrastruktur in Schytomyr hat bei den Luftangriffen der russischen Armee von März bis Mai 2022 sehr gelitten. Immer wieder gibt es Strom- und Wasserausfälle. Außerdem ist die Stadt Zufluchtsort für viele geflohene Ukrainer. Um bei der Unterbringung von Binnenflüchtlingen und der Einrichtung von geschützten Orten mit dauerhafter Strom- und Wärmeversorgung, sogenannte Resilienzpunkten, zu unterstützen, brauchte Schytomyr zunächst Hilfsgüter.
Bereits Ende Februar 2023 hatte das Dortmunder Gesundheitsamt medizinisches Material gespendet. Das Technische Hilfswerk schickte 25 Stromgeneratoren und 200 Feldbetten. Auch ausrangierte Fahrzeuge der Dortmunder Feuerwehr werden jetzt in Schytomyr eingesetzt.
Dortmund möchte Schytomyr zielgerichtet bei akuten humanitären Notlagen unterstützen und im Rahmen der Städtepartnerschaft beim Wiederaufbau nach dem Krieg helfen. Doch Dortmund und Schytomyr verbindet mehr. So viel, dass es auch über den Wiederaufbau hinaus eine kommende Städtepartnerschaft trägt.
Viele Gemeinsamkeiten
Schytomyr hatte bereits vor genau einem Jahr den Wunsch einer Städtepartnerschaft mit Dortmund geäußert. Beide Städte vereint die gemeinsame Zielrichtung für eine innovative, digitale und klimaneutrale Kommune. Besonders ein ähnlicher Innovationsgedanke, das Engagement als Smart City, eine vielfältige Hochschullandschaft und aktive Kulturszene verbinden Schytomyr und Dortmund.

Bei ersten Workshops wurden die Digitalisierung unter anderem in der Stadtverwaltung, nachhaltige Stadtentwicklung sowie Wirtschafts- und Innovationsförderung als gemeinsame Interessen identifiziert. Darüber hinaus ist geplant, weitere Maßnahmen wie Kulturkooperationen, Kinderfreizeiten in Dortmund sowie eine Klinikkooperation anzustoßen. Die Zivilgesellschaft, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sowie die Wirtschaft sollen in die Partnerschaft eingebunden werden.
Kultur- und Sport-Vereine
Es sei wichtig, so Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal, „dass sich die Städte in gewisser Weise ähneln“. Zudem wohnten in Dortmund viele ukrainische Familien, die aus Schytomyr herkommen. Die freuten sich über die angestrebte Partnerschaft, berichtet Fabian Zeuch vom städtischen Büro für internationale Beziehungen.
Beim Austausch zwischen den Bürgern und Bürgerinnen soll es zu Begegnungen von Vereinen aus dem Bereich Kultur und Sport und der jüdischen Gemeinde in Dortmund mit der in Schytomyr kommen. Angestrebt ist auch ein Jugendaustausch, zunächst der Besuch ukrainischer Jugendlicher in Dortmund. Denn diese sehr persönliche Art von Austausch füllt eine Städtepartnerschaft erst richtig mit Leben.
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