Als sein Onkel ihn anrief, dachte Murat (Name geändert) aus Dortmund, dass er ihm wahrscheinlich helfen sollte, Möbel zu montieren. Vielleicht hatte er sich eine neue Küche gekauft.
Er stand gerade im Fitnessstudio auf dem Laufband, als sein Onkel ihn anrief. Das war an einem Donnerstag im August. Er würde ihn später zurückrufen, sagte Murat. „Ja, bitte ruf später an, ich brauche dich dringend“, sagte der Onkel.
„Hast du morgen zwischen 16 und 17 Uhr Zeit?“, fragte der Onkel, als Murat ihn anrief. Er könne auch direkt kommen, wenn es um etwas Wichtiges gehe, sagte Murat.
„Es ist nicht so wichtig“, sagte der Onkel. Er brauche ihn nur für eine halbe Stunde. „Aber sag Bescheid, wenn du morgen doch nicht kommen kannst.“ Murat ist ein hilfsbereiter Mensch, wenn ein Freund oder Verwandter Hilfe braucht, ist er zur Stelle. Also machte er sich am nächsten Tag auf den Weg zu seinem Onkel.
Er zog alte Klamotten an, geduscht hatte er nicht. Wenn er jetzt Möbel schleppen und aufbauen würde, würde er ja doch wieder dreckig werden, dachte sich Murat.
„Werde ich jetzt verkuppelt?“
Sein Cousin öffnete ihm die Tür in der Wohnung seines Onkels, bat ihn herein, begrüßte ihn wie immer. Sein Onkel erwartete ihn im Wohnzimmer - zusammen mit einer Frau, die Murat nicht kannte. Murats Tante und sein Onkel waren da seit etwa einem Jahr getrennt. Mit welchen Worten ihn sein Onkel bat, sich zu setzen, weiß Murat nicht mehr genau. Nur so viel: Es fiel das Wort „Ehevertrag.“
„Ich hab zuerst gedacht, dass die beiden eine Freundin für mich gefunden hätten“, erzählt Murat, der damals noch Single war. Vielleicht wolle man ihn mit der Tochter der ihm unbekannten Frau verkuppeln.
Doch es ging nicht um Murat. Sein Onkel erzählte ihm, dass er die Frau an seiner Seite heiraten wolle - und zwar jetzt und hier. Murat sollte der Trauzeuge sein, zusammen mit seinem Cousin. „Ich wusste erst nicht, ob er das ernst meint oder Spaß macht“, erzählt Murat.
Zwar ist es in der Kultur von Murat durchaus üblich, sich zu Hause von einem Imam trauen zu lassen - normalerweise lädt man dazu aber viele Gäste ein und dekoriert die Wohnung festlich.
Eine Zeremonie in Arbeitskleidung
Erst, als es wenig später an der Tür klingelte und sein Onkel sagte „Ah, der Imam ist da“, wurde klar, dass das hier kein Scherz ist. „Ich dachte, ich muss eine Küche aufbauen - und auf einmal war ich Trauzeuge.“
Völlig überrumpelt von den Ereignissen saß Murat daneben, als der Imam seinen Onkel und die ihm bis vor wenigen Minuten unbekannte Frau zu Mann und Frau machte. Ungeduscht, in Arbeitskleidung, heillos überfordert.
Sein Onkel hatte recht behalten: Nach einer halben Stunde war der ganze Spuk vorbei, der Imam war wenige Minuten nach der Trauung gegangen. „Warum hast du denn nichts gesagt?“, fragte Murat, als er den frisch Vermählten gratulierte. Er habe ihn überraschen wollen, sagte der Onkel.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 13. Juni 2023.
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