
Lars Martin ist der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Westfalen. © dpa/Dehoga
„Leichenfledderei": Gastro-Experte Lars Martin ledert gegen andere Branchen
Personalmangel im Gastgewerbe
Der Hotelbranche fehlen die Mitarbeiter. Dehoga-Mann Lars Martin geht andere Branchen scharf an. Ein Dortmunder Hotelier sagt: „Die Lage ist sehr, sehr schwierig.“ Aber es gibt Konzepte.
Corona wirkt nach im Hotel- und Gastgewerbe. Mit „Long Covid" bezeichnet Lars Martin, woran es in der Branche seiner Ansicht nach gerade krankt. Er ist der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Westfalen, der für Dortmund zuständig ist. Anderen Branchen wirft er vor, die Pandemie schamlos ausgenutzt zu haben.
In der Corona-Zeit hätten viele Fachkräfte und Aushilfen die Branche verlassen, sagt Lars Martin. Schon davor sei das Personal eher knapp gewesen. Und jetzt kämen die Mitarbeiter, die gegangen sind, nur sehr zögerlich zurück. Aktuell verschärften die Ausfälle wegen der Sommerferien und hohen Infektionszahlen die Lage zusätzlich, ergänzt er.
Keine Reinigungskräfte, keine Zimmer
Die Situation in manchen Hotels sei derzeit so prekär, dass diese nicht mehr alle Zimmer belegen könnten, da ihnen die Reinigungskräfte fehlten, erzählt Martin. So schlimm ist die Lage im Ringhotel Drees an der Hohen Straße in Dortmund jedoch bei Weitem nicht.
Zwar spürt auch Geschäftsführer Johannes Riepe den Personalmangel. „Die Situation ist sehr, sehr schwierig", sagt er. Folgen für den Betrieb des Ringhotels habe dieser derzeit aber nicht.

Johannes Riepe, Geschäftsführer des Ringhotels Drees in Dortmund. © privat
„Der Markt ist leergefegt", sagt Riepe über die Probleme bei der Personalsuche. Deshalb habe er sich entschieden, in diesem Sommer deutlich mehr Auszubildende einzustellen. 13 neue Azubis haben demnach zum 1. August im Ringhotel Drees angefangen - neun angehende Restaurantfachkräfte und vier Köche. Riepe hofft, dass davon zwei oder drei im Betrieb bleiben. In den Vorjahren habe er nur fünf bis sechs junge Leute ausgebildet.
Schwere Vorwürfe
Die betriebliche Ausbildung ist auch für Lars Martin vom Dehoga Westfalen wichtigster Teil der Lösung. Diese werde seit diesem August auch wesentlich besser bezahlt als zuvor, betont er. Martins Forderung: Der Beruf müsste „frischer und moderner" gestaltet werden - angefangen bei der Ausbildung.
Zwar sieht er auch Versäumnisse in der eigenen Branche, in der einzelne „schwarze Schafe" das Personal „vielleicht nicht in allen Fällen ordentlich behandelt" hätten. Anderen Branchen macht er jedoch schwere Vorwürfe. Diese hätten "Leichenfledderei" betrieben - und dem Hotel- und Gastgewerbe die ohnehin knappen Fachkräfte in der Corona-Zeit ganz bewusst abgeworben.
Die Ursachen für den seiner Ansicht nach schlechten Ruf des Hotel- und Gastgewerbes, dem man die Ausbeutung der Mitarbeiter nachsage, sieht Martin in der länger zurückliegenden Vergangenheit. „In den 80er und 90er Jahren. Dieser Ruf hängt uns jetzt noch nach, und es liegt an uns, etwas daran zu ändern."
1985 in Bochum geboren, Ruhrgebiets-Liebhaber und BVB-Fan. Nach journalistischen Stationen in Braunschweig und Borken jetzt zurück im Pott. Auf der Suche nach tollen Geschichten über interessante Menschen aus Dortmund.
