Dortmunder Mutter über Homeschooling: „Das ist Kinderbespaßung“

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Dortmunder Mutter über Homeschooling: „Das ist Kinderbespaßung“

rnUnterricht auf Distanz

Das Schulsystem steht seit Wochen auf dem Kopf und wird wohl für einige Zeit nicht auf die Füße kommen. Eine Dortmunder Mutter erzählt, was es bedeutet, unter den neuen Bedingungen zu lernen.

Dortmund

, 18.05.2020, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sieben Mal von 8.55 bis 12.45 – das ist der Unterrichtsplan für die Viertklässlerin Chiara (Name geändert) an einer Grundschule im Dortmunder Süden bis zum Ende dieses Schuljahres. Das ist wenig Lernzeit, aber deutlich mehr, als es das Mädchen und ihre Familie zuletzt gewohnt waren.

„Ich würde die vergangenen Wochen nicht als Unterrichtsersatz, sondern als Kinderbespaßung bezeichnen“, sagt Chiaras Mutter Sandra R. (39, Name geändert) über den Distanzunterricht seit Mitte März.

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Sie möchte über das Thema sprechen, weil sie es wichtig findet. Aber sie möchte nicht namentlich genannt werden, weil sie Konsequenzen für die Noten ihrer Tochter befürchtet. Diesen Wunsch äußern viele Eltern, mit denen diese Redaktion in den vergangenen Wochen zum Thema Homeschooling Kontakt hatte.

Mutter beklagt zu wenig Lernstoff und fehlende Kontrolle

Sandra R. beklagt, dass ihre Tochter nur sehr minimalistische Aufgaben zugeschickt bekommen habe. „Es waren nur Wiederholungen, sie war häufig vor der vorgegebenen der Zeit fertig.“ Zudem seien die Aufgaben von Zuhause nicht kontrolliert worden – auch jetzt in den ersten Tagen im Unterricht noch nicht. „Bis Ostern gab es überhaupt kein Feedback“, sagt Sandra R.

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Ihrer 9-jährigen Tochter, bei der vor einigen Jahren ein Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) diagnostiziert worden ist, fehle vor allem die 1:1-Betreuung. Diese muss die Mutter im Moment übernehmen – parallel zu ihrem Homeoffice-Job als Callcenter-Agentin, während gleichzeitig Chiaras jüngerer Brüder beschäftigt werden will. Auch der Vater arbeitet im Homeoffice und kann unterstützen - dennoch ist die Situation belastend.

Technik ist nicht das Problem, sondern das Engagement der Lehrer

Die technischen Voraussetzungen für das digitale Lernen seien vorhanden. Allerdings fehle es nach ihrer Ansicht bisher an einem System, nach dem überprüft wird, ob und wie Aufgaben erledigt werden. „Es funktioniert nur, wenn es Unterstützung durch die Lehrer gibt“.

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Bisher laufe die Bearbeitung ausschließlich über E-Mail, wobei sie ihre Tochter unterstützen muss. Der Ablauf: Sandra R. fotografiert fertige Aufgabenzettel mit dem Smartphone ab und verschickt sie dann. Eine Korrektur hat sie noch nicht zurückerhalten, sagt sie.

Auch der reduzierte Präsenzunterricht bringt bisher wenig Veränderung

An den ersten Schultagen nach der Wiedereröffnung mit vielen neuen Regeln setzt sich dieser Eindruck fort. „Die Kinder bekommen wenige Aufgaben, die für eine Woche reichen sollen, aber nach zwei Tagen schon fertig sind. Das kann doch nicht Sinn und Zweck von Schule sein.“

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Sandra R. befürchtet, dass ihrer Tochter wichtige Inhalte fehlen, wenn sie im Sommer auf eine Gesamtschule wechselt. Wie genau der Übergang in die neue Schule ablaufen wird, weiß Sandra R. zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Wie viele andere Schulen in Dortmund auch ist Chiaras Grundschule erst seit wenigen Wochen an die Bildungsplattform „iServ“ angeschlossen. „Bisher gab es noch keine Information darüber, wie damit in Zukunft umgegangen werden soll“, sagt ihre Mutter.

Mutter rechnet damit, dass die Unklarheit auch nach den Sommerferien weitergeht

Dabei rechnet die 39-Jährige wie viele andere Eltern fest damit, dass sich die Mischung aus Distanzunterricht und tageweiser Anwesenheit in der Schule auch nach den Sommerferien fortsetzen wird.

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Diese Redaktion hatte Leser dazu aufgerufen, die Erfahrungen mit dem Homeschooling zu schildern. Dabei wird Kritik an einem „rückständigen Schulsystem“ laut.

Aber einige Dortmunder schildern auch positive Erfahrungen. So gebe es Schulen, an denen engagierte Lehrer regelmäßig Rückmeldung geben und Unterricht per Videokonferenz organisieren. Einzelne Kinder hätten durch das individuelle Lernen Fortschritte in Bereichen wie Handschrift oder Grammatik gemacht.