Johannes Schaffeldt, Andreas Roshol und Uwe Ihlau (von links) vom Jugendring setzen am 27. Januar 2019 eine besondere Bahn aufs Gleis: Jugendliche und Künstler erinnern auf der Linie U43 an den Holocaust. Es geht um das Erinnern, Nachdenken und Handeln. © Peter Bandermann

Jugendring-Aktion auf Linie U43

Holocaust-Gedenkbahn startet am 27. Januar in Dorstfeld

Muss ein Gedenken an den Holocaust still sein? Der Jugendring probiert ein ungewöhnliches Format aus, das laut und mobil ist. Es führt auf die Stadtbahnlinie U43. Start ist in Dorstfeld.

Dortmund

, 17.01.2019 / Lesedauer: 3 min

Der 27. Januar eines jeden Jahres ist der 2005 von den Vereinten Nationen festgelegte internationale Holocaust-Gedenktag. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die Gefangenen aus dem Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. In der für den Massenmord an Juden und anderen von den Nazis als „Untermenschen“ bezeichneten Häftlingen errichteten Anlage sind fast 1,3 Millionen Menschen systematisch getötet worden.

Der Dortmunder Jugendring hat überlegt, wie er diesen Gedenktag am 27. Januar 2019 gestalten kann. „Wir haben uns gefragt, ob ein Gedenktag immer still und andächtig sein muss“, sagt Bildungsreferent Andreas Roshol über die ersten Gespräche im Oktober 2018. Schnell war klar: Ein besonderes Format muss her. Ein Gespräch mit dem Dortmunder Nahverkehrs-Unternehmen DSW21 brachte Tempo ins Thema.

Vier Schulen wirken mit

Mit Literatur, Musik und Tanz regen Schülerinnen und Schüler der Johann-Gutenberg-Realschule in Wellinghofen, der Droste-Hülshoff-Realschule in Kirchlinde, der Martin-Luther-King-Gesamtschule in Dorstfeld und des Westfalenkollegs auf der Linie U43 zwischen Dorstfeld und Wambel in einer „Gedenkbahn“ zum Erinnern, Nachdenken und Handeln an.

Anfangs sei die ungewöhnliche Erinnerungs-Aktion in der U-Bahn eine „spinnerte Idee“ gewesen, berichtet Andreas Roshol. Aber dann habe „ein sehr engagiertes Team von DSW21“ sofort die Weichen gestellt. In der Woche vor dem 27. Januar gestaltet die DSW21-Werkstatt in Dorstfeld eine Stadtbahn um. Große Schriftzüge werben für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte. Die Bahn weist Antisemitismus und Rassismus in die Schranken und fordert: „Nie wieder Faschismus“.

„Jedem das Seine": Eiserne Inschrift am Tor des Konzentrationslagers Buchenwald. © Peter Bandermann

Gedenkbahn wird zu kostenloser Bühne

Die drei Schulen sind schon seit vielen Jahren zuverlässige Partner des Jugendrings, wenn es um die Erinnerungsarbeit geht. „Auf die ist immer Verlass“, sagt Andreas Roshol. Die U-Bahn ist für die Jugendliche eine besondere Bühne. Seit Wochen schon proben diese Künstler mit ihnen für die Fahrten zwischen Dorstfeld und Wambel:

der Liedermacher Boris Gottdie frühere Primaballerina am Theater, Monica Fortescu-Utader Lyriker Thorsten Trelenbergdie Schauspieler Wolfgang Brust und Sevgi Kahramann-Brustdie Lehrerin Claudia Wernerdas ZimmaOrkestra

Ballett-Tänzerin Monica Fotescu-Uta erarbeitet mit Jugendlichen einen Tanz, der in der Gedenkbahn aufgeführt wird. © Stephan Schütze

Das von den Künstlern und 40 Jugendlichen erarbeitete Programm hat erste Bedenken gegen das ungewöhnliche Format aufgelöst. Andreas Roshol: „Die Jugendlichen sind voll dabei. Sie wissen, dass sie nur dann ernst genommen werden, wenn sie sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen.“ Das Programm für die „Gedenkbahn 2019“ führe „heraus aus den klassischen Gedenkritualen“, entdecke neue Orte und ermögliche viel Beteiligung“, versprechen Andreas Roshol und Johannes Schaffeldt.

Ballett in der Bahn

Ein Beispiel, das Ballett-Besucher ansprechen könnte: Wie fühlt sich der Holocaust an? Wie wirkt Bedrohung? Wie sieht Hoffnung aus? Jugendliche setzen Körpersprache ein. Die frühere Primaballerina Monica Fortescu-Uta studiert dafür mit ihnen Tanz ein. Vielleicht gelingt es der Choreografin, frühere Ballettzuschauer für diese außergewöhnliche Bahnfahrt zu gewinnen.

Der Gedenkzug soll seine Passagiere zum Nachdenken einladen. Andreas Roshol: „Es gilt, die Menschenrechte zu verteidigen. Eine Gesellschaft, die Menschenrechte ernst nimmt, stellt sich gegen Antisemitismus und Rassismus. Wir merken in Deutschland gerade, wie zerbrechlich alles das ist, was nach 1945 aufgebaut worden ist. Wir sehen die Schablonen, die auf den Nationalsozialismus passen. Das erkennt inzwischen sogar der Verfassungsschutz, wenn er die AfD zum Prüffall erklärt.“

Weitere Termin zum Holocaust-Gedenktag am 27.1.2019 in Dortmund:

11 Uhr: Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße: Ausstellungseröffnung „Die IG Farben und das KZ Buna-Monowitz in Auschwitz“ mit Vortrag von Prof. Dr. Sybille Steinbacher und Diskussion zwischen Dr. Reinhard Rauball (BVB) und Thomas Wessel (Evonik). Organisation: Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.15 Uhr: Ostfriedhof: Antifaschistischer Gang. Teilnehmer: Bündnis Dortmund gegen Rechts, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Jüdische Gemeinde, Humanistischer Verband, Internationales Rombergpark-Komitee, Schauspieler Andreas Weißert, Musiker Eva Weber und Peter Sturm.

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