Ein vorerst letztes Mal stand der Bürgersaal der Hörder Bezirksvertretung ganz im Zeichen des Hörder Komponisten Daniel Friedrich Eduard Wilsing. Mit weiteren jüngst gehobenen Schätzen aus dessen Schaffen traten der Verein Hörde International als Träger, die Bezirksvertretung mit finanzieller Hilfe, neben privaten und gewerblichen Unterstützern, in Erscheinung. Die Repetitoren der Dortmunder Philharmoniker, so Orchesterdirektor Dr. Michael Stille, fanden sich trotz hoher Belastung durch die Arbeit am Opernprogramm, gerne bereit, sich bei diesem Konzert einzubringen.
Die Werke Wilsings umrahmten sie mit Repertoirestücken aus der Zeit des in Hörde geborenen Pfarrers-Sohnes, dessen Weg über eine Organistenstelle in Wesel schließlich nach Berlin führte. Dort war er der Familie seiner Ehefrau nahe, deren Urgroßvater Daniel Itzig auch Vorfahr von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Fanny Hensel war, wie Organisator Gerhard Stranz in Erfahrung gebracht hatte.
Flinke Sequenzen und Melodramatik
Zwei Impromptus Schuberts steuerte Karsten Scholz bei, dessen Wirken neben Korrepetition und Dirigat auch eine Laufbahn als Klaviersolist einschließt. Trotz kleinteiliger Bewegungen entlockte er dem Flügel eine sehr aufregende Musik, Tremolos, begleitet von der Melodie im Bass. Flinke Sequenzen standen eindringlichen im zweiten Stück gegenüber, mit melodramatischem Mittelteil.
Mit einer Fuge in B von Wilsing, einem Jugendwerk des Hörders, zeigte Tatiana Prushinskaya dessen starke Beeinflussung durch Bach auf. Autodidaktisch hatte er sich an einer umfänglichen Notensammlung im Besitz der Familie an die Musik herangearbeitet. Wie auch Mendelssohn trug er damit zur Wiederentdeckung des barocken Altmeisters bei. Drei Sätze aus der „Suite Bergamasque“ von Debussy ließ sie folgen, auswendig gespielt neben dem berühmten „Claire de Lune“ auch ein Prélude und ein Passepied, deren individuelle Charaktere sie deutlich herausarbeitete.

Energie ohne Aggressivität
Hauptwerk jedoch war die damals sehr populäre 8. Sinfonie Beethovens. Da kaum eine Stadt über ein geeignetes, großes Orchester verfügte und Tonkonserven, von denen man die Musik hätte abrufen können, noch nicht verfügbar waren, blieb nur die Hausmusik, um selbst die Klänge erlebbar zu machen. Zu diesem Zweck, um den sich Wilsing mit mehreren Werken verdient gemacht hatte, setzte er große Orchestermusik für Klavier zu vier Händen, quasi ein auskomponiertes Partiturspiel.
Scholz und seine Kollegin brachten dem Publikum eines der heitersten Werke Beethovens näher: Gut gelaunte Klänge, hin und wieder energisch, aber ohne die Schwermut des Bonner Komponisten oder barsche Aggressivität. Scholz war es gar gelungen, die fehlende, auch im Braunschweiger Archiv nicht auffindbare letzte Seite aus einer späteren Transkription zu ersetzen.
Applaus auch zwischen den Sätzen und Bravo-Rufe waren den Musikern sicher. Im Anschluss wurde ein Konzertschmaus, wie zu Wilsings Zeiten üblich, im Café Queue mit Hühnerfrikassee und Rodonkuchen geboten.
- Weitere Konzerte Wilsings werden künftig in der Innenstadt stattfinden. Die lange angekündigte zweite Aufführung des zweiten Wilsing-Konzertes vom 22. Oktober 2022 findet nun endlich am 24. Juni um 13 Uhr im Orchesterzentrum NRW statt. Das Klaviertrio um den Leiter des Orchesterzentrums Alexander Hülshoff spielt unter anderem noch einmal das Tripelkonzert Beethovens in einer Fassung ohne Orchester.
- Am 4. August wird Dekanatskantor Simon Daubhäußer in der Probsteikirche Stücke aus dem Orgelwerk Wilsings nach deren Wiederentdeckung zur Uraufführung bringen. Auch dieses Konzert ist zugleich der Reihe der Hörder Wilsing-Konzerte zuzurechnen. Zuvor wird nun das überbuchte Konzert vom Oktober 2020 am 24. Juni im Orchesterzentrum an der Brüderstraße wiederholt.
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