Unsere Autorin war echte Raucherin, ist inzwischen Gelegenheitsraucherin. Ganz lassen kann sie die Qualmerei nicht. Darum soll Hypnose helfen. Alles Quatsch? Ein Erfahrungsbericht.
Meine erste Kippe rauchte ich heimlich mit meiner besten Freundin. Wir waren 13 und eine Schachtel L&M kostete 3,80 Euro am Automaten, der zu dieser Zeit noch nicht die Volljährigkeit überprüfte. Wir gingen mit der Hündin meiner Freundin aufs Schürener Feld, denn so schlugen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Mutter meiner Freundin war dankbar, weil wir ihr den Abendspaziergang abnahmen, und draußen rauchte es sich am besten (und heimlichsten). Denn da lüfteten die Klamotten gleich aus. Nach dem Spaziergang ging es direkt unter die Dusche. Sprühdeo ließ den letzten Rauchgeruch verfliegen. Die Zähne putzen wir auch. Blöd war nur, dass wir nach dieser Tortur wieder rauchen wollten…
In der Frühstückspause: Erstmal eine rauchen!
Als ich 15 war, fing ich das Rauchen wirklich an. Die „Nikotinflashs“, also die Momente, in denen sich alles nach einem kräftigen Zug an der Zigarette dreht, hatte ich längst nicht mehr. Das Rauchen war normal, viele aus meinem Umfeld hingen an der Fluppe. Dass das dumm war, wusste ich damals natürlich auch schon. Aber die Kippen schmeckten, und solange ich morgens nicht mit Husten aufwachte und mir die erste Zigarette erst in der Frühstückspause anzündete, dachte ich, es sei schon nicht so schlimm.
Nachdem die Schachteln immer teurer wurden, fing ich an, das Drehen zu lernen. Das war günstiger – und verstärkte das Ritual des Rauchens noch. Mittlerweile machte ich eine Ausbildung und rauchte gelegentlich in der Pause, wenn wir Berufsschule hatten, oder abends, wenn ich mit Leuten unterwegs war, die auch rauchten.
Mein Konsumverhalten hat sich seitdem nicht verändert. Ich kann Tage ohne Nikotin auskommen, aber ich kann nicht widerstehen, sobald ich in guter Gesellschaft bin, in der geraucht und das eine oder andere Pils getrunken wird. Oft habe ich mir vorgenommen, an solchen Abenden standhaft zu bleiben. Doch mein angeschwipstes Ich ist einfach zu schwach.
Hypnose schien der richtige Weg zu sein
Peter Hündersen soll mir dabei helfen, komplett die Finger von den Zigaretten zu lassen. Er ist Hypnotiseur und bietet Menschen in allen möglichen Lebenslagen seine Hilfe an. Auf seiner Homepage informiert er über seine Angebote. „Burnout-Prävention“, „Gewichtsreduktion“ aber auch „Abbau von Ängsten“ wie Prüfungsangst und Spinnenphobie stehen da. Wenn es um seine Berufsbezeichnung, sagt Peter Hündersen klar: „Ich bin kein Therapeut.“
In einem Telefonat, das wir zwei Wochen vor der ersten Sitzung führen, gibt er mir eine Hausaufgabe auf: Meine letzte Kippe soll ich vor seiner Praxis rauchen. „Danach sind Sie Nichtraucherin“, sagt Hündersen überzeugend. So ganz glaube ich ihm nicht. Aber seine Worte beflügeln mich. In den folgenden zwei Wochen nehme ich jede Gelegenheit wahr, um eine zu rauchen. Ich rauche so, wie ich es sonst auch gemacht habe. Nach dem Motto: „Jetzt kann ich ja noch.“
Die letzte Kippe vor der Praxis ist erstaunlich fix aufgeraucht. Sie schmeckt nicht wirklich. Es ist eher eine Pflicht-Kippe, die keinen Spaß macht. Aufgeregt bin ich. War das jetzt wohl wirklich meine letzte Zichte? So ganz kann ich es immer noch nicht glauben.
„Warum rauchen Sie?“
Ein wenig zittrig klingle ich bei Peter Hündersen. Die Praxis ist gemütlich eingerichtet, bei ihm zuhause in Benninghofen. Auch der Hypnotiseur selbst ist gemütlich: Ein rundlicher, mittelalter Mann mit Bart, bei dem ich mich wohlfühle.
Zuerst erklärt mir Hündersen, wie wir vorgehen werden. Es gibt neben dieser Sitzung noch einen weiteren Termin in einer Woche. In der ersten Sitzung geht’s hauptsächlich um das Warum: Warum rauche ich? Warum kann ich es nicht lassen? Banale Fragen, mag man denken. In der zweiten Sitzung werde ich das Gelernte vertiefen.
Gesundheit und Geldbeutel sollen nicht mehr leiden
Warum ich aufhören will, ist klar: Ist halt besser für die Gesundheit und den Geldbeutel. Aber ich habe bisher noch nicht darüber nachgedacht, warum ich es nicht lassen kann. Also grüble ich nach. Die ehrliche Antwort ist: „Ich kann nicht Nein sagen.“ Warum das so ist, bohrt Peter Hündersen weiter nach.
Und plötzlich ist da ein dicker Kloß in meinem Hals. Das Schlucken fällt mir schwer und ich merke, dass ich Pipi in den Augen kriege. „Vielleicht, weil ich es nie gelernt habe?“ Ich frage eher kleinlaut, als ihm zu antworten. Meine körperliche Reaktion überrascht mich. Ich will doch mit dem Rauchen aufhören, warum reden wir jetzt darüber, dass ich nicht Nein sagen kann? Und warum heule ich jetzt?

Peter Hündersen ist Hypnotiseur und hilft Menschen beispielsweise dabei, das Rauchen aufzugeben. © Peter Hündersen
Ich bin aufgelöst, Peter Hündersen ist entspannt. Er reicht mir Taschentücher. Dass Menschen in seiner Praxis weinen, komme öfter vor. Das sei normal. Immerhin kommen auch Menschen zu ihm, die tief verschuldet oder krank sind, missbraucht wurden oder Schlimmeres erlebt haben. Nachdem ich mich beruhigt habe, setze ich mich auf einen bequemen Sessel, der direkt neben Hündersens Schreibtischstuhl steht. Jetzt geht es los. Hypnose!
Keine Hypnose, wie man sie sich vorstellt
Die Lehne des Sessels ist verstellbar. Hündersen bringt mich in eine angenehme Position. Der Hypnotiseur schwenkt kein Pendel vor meinen Augen hin und her, wie sich manche eine Hypnosestunde vielleicht vorstellen. Ich soll mich nur auf meine Atmung konzentrieren und alles loslassen. Meine Augen sind geschlossen, ruhige Dudel-Musik spielt im Hintergrund. Hündersen macht eine kleine Fantasiereise mit mir. Zu dem Ort, an dem ich mich am wohlsten fühle. Ich soll diesen geschützten Raum, an den ich immer zurückkehren kann, innerlich fotografieren.
Während der Reise weiß ich, dass ich jederzeit meine Augen öffnen könnte. Ich bin auch nicht gelähmt, kann mich frei bewegen. Will es aber nicht, will den Zauber nicht zerstören. Bin einfach entspannt, höre Peter Hündersens angenehmer Stimme zu. Er redet mir gut zu: Dass ich das Rauchen nicht brauche und dass ich viel stärker bin, als ich selbst denke.
Mit einem Trick kriegt er mich
Nach einer Weile lässt er mich zurückkehren. Ich bin entspannt, aber auch ein wenig ermattet. Die Sitzung ist vorbei und ich ziehe mir meine Jacke wieder an. „Ich hab hier übrigens noch eine Schachtel Kippen. Möchten Sie eine Zigarette haben?“, fragt mich Hündersen aus dem Nichts.
Was ist das denn für eine bescheuerte Frage? Das macht doch gar keinen Sinn, denke ich, antworte aber: „Neee, danke.“ Peter Hündersen grinst. „Sehen Sie. Sie können ja doch Nein sagen.“
Und damit hat er mich gekriegt. Seitdem macht es für mich keinen Sinn mehr, Kippen zu rauchen. Ich zahle doch keine 130 Euro und lasse mich hypnotisieren, damit ich dann wieder zur Fluppe greife!
Das zweite Treffen ist im Gegensatz zum Ersten unspektakulär. Wir reden, wie es mir in der ersten Woche ohne Kippen ging und machen eine Fantasiereise. Zigaretten sind für mich kein Thema mehr.
Das ist mein Fazit
Und was ist davon nun zu halten? Ich würde sagen: Wer sich vorgenommen hat, das Rauchen aufzugeben und für Hypnose offen ist, sollte es ausprobieren. Aber aufgepasst: Hypnose kann eine emotionale Sache sein. Ich hatte das unterschätzt.
Günstig ist es auch nicht unbedingt - aber das Geld hat für mich eh keine Rolle gespielt. Wenn ich jetzt mit Freunden ein Bierchen trinke, habe ich keinen Schmacht mehr. Ich bemitleide meine Freunde eher. Ich weiß, ich könnte jederzeit eine Fluppe anmachen – aber es macht keinen Sinn. Wichtig war für mich, dass ich die letzte Zigarette vor Hündersens Praxis geraucht und verstanden habe, dass ich doch Nein sagen kann. Ich bin stärker, als ich glaube: Seit dem 20. März 2019 bin ich Nichtraucherin.
Freddy Schneider, Jahrgang 1993, Dortmunderin. Gelernte Medienkauffrau Digital/Print und Redakteurin. Seit 2012 arbeitet sie bei den Ruhr Nachrichten.
