Nach drei Stunden Haushaltsberatung sah sich Stadtkämmerer Jörg Stüdemann genötigt, den Finanzausschuss zur Sparsamkeit zu ermahnen. Gut ein Drittel der Anträge der Fraktionen zum Haushalt 2023 waren durch - und schon fast 10 Millionen Euro mehr ausgegeben, als der Kämmerer in seinem rund 3,3 Milliarden schweren Etat eingeplant hatte.
Stüdemann sorgte sich, dass die Stadt am langen Ende unter das Spardiktat der Kommunalaufsicht fallen und die eigene Handlungsfähigkeit verlieren könnte. Nach fünf weiteren Stunden und insgesamt 175 abgearbeiteten Anträgen der sieben Fraktionen summierten sich die Mehrausgaben auf 14,4 Millionen Euro. Damit blieb der Haushalt immer noch im grünen Bereich, das heißt auch mittelfristig eine Armlänge vom Zugriff der Kommunalaufseher entfernt.
Der Finanzausschuss beschloss in seiner alljährlichen Marathonsitzung unter anderem Förderprogramme und -fonds für den Klimaschutz, verschiedene Ermäßigungen für Kinder und Jugendliche, Entlastungen für ÖPNV-Nutzer sowie mehr Kräfte für den Kommunalen Ordnungsdienst und eine Verdopplung der Mülldetektive auf 16. Außerdem verlängerte er den Sicherheitsdienst im Stadtgarten.
Kinderbetreuung:
Auf Antrag der SPD-Fraktion werden Eltern bei den Beiträgen für Kita und Offene Ganztagsschule entlastet. So sollen Familien und Alleinerziehende ab August 2023 erst ab einem Jahreseinkommen von über 42.000 die Beiträge zahlen müssen. Zuletzt lag die Grenze bei 30.000 Euro. Im Gegenzug zahlen alle mit einem Jahreseinkommen ab 100.000 Euro in Stufen mehr als bisher.
ÖPNV:
Preiswerter soll es auch beim Sozialticket werden – das beschloss der Ausschuss mehrheitlich ebenfalls auf Initiative der SPD-Fraktion. Nach der Einführung des Deutschlandstickets für 49 Euro soll ab 1. Juli 2023 der Preis für das Sozialticket, das unter „Mein Ticket“ firmiert, von 41 auf 29 Euro gesenkt werden. Die Mittel kommen aus dem städtischen Haushalt und sollen so lange bereitgestellt werden, bis das Land oder der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) ein Sozialticket auf ähnlichem Preisniveau eingeführt haben. Die Hoffnung ist, dass es im November eine solche Lösung gibt.
CDU, FDP und AfD hatten den Antrag abgelehnt. Die SPD mache den vierten und fünften Schritt vor dem ersten, kritisierte Uwe Waßmann (CDU). Es gebe viele offene Fragen zur mittel- und langfristigen Finanzierung, die der Gesetzgeber zu verantworten habe. Christina Alexandrowiz (SPD) konterte, die SPD mache einen Zwischenschritt bis Schritt vier und fünf; denn es sei niemandem zu erklären, dass das Jobticket als Ableger des 49-Euro-Tickets bald 34,50 Euro koste, das Sozialticket (Mein Ticket) aber 41 Euro. „Das ist nicht passgenau.“
Sport und Schwimmbäder:
Was es schon für Grundschüler gibt, wird jetzt auch für Kita-Kinder eingeführt. Auf Antrag von CDU und Grünen sowie der Linken+ erhalten Bis-8-Jährige einen Sportgutschein im Wert von etwa 50 Euro mit Infomaterial im Turnbeutel.
In den acht Schwimmbädern der Sportwelt müssen Do-Pass-Berechtigte sowie Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr künftig weniger Eintritt zahlen – sofern sie zuvor für „eine geringe Schutzgebühr“ eine personalisierte digitale Jahreskarte kaufen.
Freier Parkeintritt:
Ein strittiges Dauerthema stand auch wieder auf der Tagesordnung: freier Eintritt in den Westfalenpark für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre aus Dortmund in den kommenden Sommer- und Herbstferien. Nach den Herbstferien soll dann geprüft werden, wie das angenommen und vom Park verkraftet wurde. Fortsetzung möglich.
Der entsprechende, kurzfristig geänderte Antrag der Fraktion Linke+ fand eine Mehrheit, während ein ähnlicher Antrag der SPD vorher durchgefallen war. Die SPD wollte den freien Eintritt auch für Kinder und Jugendliche außerhalb Dortmunds öffnen und ihn auf die Osterferien sowie auf Auszubildende bis 27 Jahre ausweiten. Da wollten CDU und Grüne nicht mitgehen. FDP/Bürgerliste und AfD sowieso nicht.
Steuersenkung gescheitert
Die CDU wollte den Bürgern und der Wirtschaft mit der Senkung der Grund- und Gewerbesteuer um 10 beziehungsweise drei Prozentpunkte etwas Gutes tun, zumindest für die Jahre 2023 und 2024, konnte aber die Ausschussmehrheit nicht überzeugen. Gekostet hätte das die Stadt rund fünf Millionen Euro.
Zu teuer für zu wenig
„Das wäre nur eine homöopathische Größe“, kritisierte Fabian Erstfeldt (SPD) in Sachen Gewerbesteuer: „Das sind nur wenige 100 Euro“ – und eine Grundsteuersenkung komme ein Jahr zu früh. „Zu wenig Nutzen für zu viele Kosten“, bekräftigte Dr. Christoph Neumann (Grüne).
CDU und Grüne hatten auch ein gemeinsames Antragspaket mit 67 Punkten, die alle Zustimmung fanden, darunter mehrere an die Bürger adressierte Förderprogramme für Klimaschutz (u.a. Photovoltaikanlagen, Dachbegrünung, Dachgeschossausbau und energetische Sanierung).
FDP/Bürgerliste konnte unter anderem Druck bei der Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans machen und die internationale Zusammenarbeit in der Wirtschaftsförderung forcieren. Die Fraktion von der Satire-Partei Die Partei brachte ihren Antrag zur Einstellung eines Fußgängerbeauftragten in soweit auf die Schiene, dass sich die zuständigen Ausschüsse damit befassen werden.
Alle AfD-Anträge gescheitert
Einzig die AfD scheiterte mit all ihren Anträgen, darunter Streichung aller geplanten Klimaschutzmaßnahmen, pauschale Kürzung des Theaterbudgets und der Kulturbetriebe um jeweils 5 Prozent sowie Stellenstreichungen in zehn Ämtern.
Der Rat muss nun am nächsten Donnerstag (9.2.) den Haushalt 2023 mit den beschlossenen Anträgen final absegnen und bei der Bezirksregierung anzeigen. Wenn diese voraussichtlich im Frühjahr grünes Licht gibt, können die Bürger die Wohltaten nutzen.
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