Helft Dortmunds Ehrenamtlern im Umgang mit unnötiger Bürokratie!

© Verena Hasken

Helft Dortmunds Ehrenamtlern im Umgang mit unnötiger Bürokratie!

rnKolumne: „Klare Kante“

Der Hygiene-Streit rund um die Kana-Suppenküche zeigt: Staatliche Regeln und Vorschriften machen Ehrenamtlern das Leben immer schwerer. Ihnen muss geholfen werden, findet unser Autor.

Dortmund

, 11.02.2019, 04:16 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist ein beeindruckendes Beispiel ehrenamtlichen Engagements, was die Helfer der Kana-Suppenküche in der Nordstadt leisten: Sie machen an fünf Tagen die Woche knapp 80.000 bedürftige Gäste pro Jahr mittags satt – kostenlos, in ihrer Freizeit, finanziert ausschließlich durch Spendengelder. Bürger helfen Bürgern, unkompliziert und schnell, manchmal vielleicht auch etwas improvisiert und auf Zuruf.

Doch so etwas beißt sich häufig mit Behörden-Denken. Schließlich sind wir hier immer noch in Deutschland, hier müssen Regeln und Normen beachtet werden. Und so wird die Kana-Suppenküche vom Ordnungsamt behandelt wie eine gewerbliche Großküche, die strenge EU-Hygiene-Standards erfüllen muss.

Das führt beispielsweise dazu, dass nun mehrmals am Tag die Temperatur der ausgegebenen Speisen gemessen und dokumentiert werden muss. Das bedeutet „einen enormen bürokratischen Aufwand“ für die Ehrenamtler, wie Ehrenamtler Colin Fischer im aktuellen Rundbrief der Suppenküche beklagt.

Marmeladen-Verbote und sterbende Feste

Der Fall der Kana-Suppenküche ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass gesetzliche Vorschriften und Auflagen den Ehrenamtlern in Dortmund (und auch anderswo) das Leben unnötig schwer machen.

Etwa 2012, als übergenaue Ordnungsamts-Mitarbeiter das Apfelfest in Aplerbeck torpedierten. Den Frauen vom Kleingartenverein „Fröhliche Morgensonne“ war der Verkauf ihrer selbst gemachten Brombeer-Konfitüre untersagt worden, weil sie den süßen Brotaufstrich eben nicht als solchen ausgezeichnet hatten. Sondern als Marmelade – was aber gegen EU-Recht verstoße. Auch 2014 hatten Auflagen für die Inhaltsstoffe des Kuchens und den Aufbau der Stände für Ärger bei den ehrenamtlichen Händlern gesorgt.

Das „Marmeladen-Gate“: In Aplerbeck untersagte das Ordnungsamt Kleingärtnerinnen, ihre selbst gemachte Brombeer-Marmelade auch „Marmelade“ zu nennen.

Das „Marmeladen-Gate“: In Aplerbeck untersagte das Ordnungsamt Kleingärtnerinnen, ihre selbst gemachte Brombeer-Marmelade auch „Marmelade“ zu nennen. © Dieter Menne (Archiv)

Besonders im kleinen nachbarschaftlichen Rahmen starb das ehrenamtliche Engagement teilweise sogar ganz: etwa in Westerfilde, wo es bis vor einigen Jahren das beliebte „Supermarktfest“ gab, ein Kinderfest, bei dem die Nachbarn Salate und andere Gerichte verkauften, für den guten Zweck. Doch im Laufe der Jahre wuchsen die Auflagen immer mehr, es wurden Gesundheitszeugnisse und Fluchtwege-Konzepte gefordert, ein Spendenkonto konnte nicht mehr so einfach eingerichtet werden. Zuviel Verantwortung für die Nachbarschaft, das Fest verschwand 2011.

Das gleiche Schicksal ereilte auch größere Veranstaltungen, etwa das Martener Volksfest, eines der größten Volksfeste des Dortmunder Westens, das ehrenamtlich von den Martener Vereinen organisiert wurde. Als die Feuerwehr die Veranstalter aufforderte, eine Straßenkarte zu erstellen, in der alle Stände und Fahrgeschäfte maßstabsgetreu in Höhe, Länge und Breite eingezeichnet werden mussten, zogen diese 2010 die Reißleine.

„Wir haben Schwierigkeiten, unseren Vorstand neu zu besetzen“

Das Ehrenamt von heute ist häufig mit einer größeren Verantwortung als früher verbunden. Für viele Bürger wird es dadurch weniger attraktiv. „Wir haben Schwierigkeiten, unseren Vorstand neu zu besetzen“, sagt etwa Thorsten Musielak, Vorsitzender des TuRa Asseln.

Musielak ist ein gutes Beispiel dafür, wie viel Arbeit ein Ehrenamt macht. So hat sich der Elektriker mit viel Aufwand in die komplizierte Buchführung des Sportvereins eingearbeitet – jetzt ist er quasi Hobby-Buchhalter im Nebenberuf.

Zu wenig geschätztes Rückgrat der Zivilgesellschaft

Ehrenamtler bilden das Rückgrat der Zivilgesellschaft. Sie helfen Armen und Bedürftigen in Suppenküchen und Altenheimen. Sie trainieren Kinder in Sportvereinen. Sie retten Leben bei der freiwilligen Feuerwehr. Und doch fühlen sich viele der Ehrenamtler nur unzureichend unterstützt und gewertschätzt.

Jetzt wäre es falsch, der Stadt Dortmund vorzuwerfen, nichts für das Ehrenamt zu tun. Die Freiwilligenagentur, die auch von ihr getragen wird, hat seit 2002 über 5500 Bürger dabei beraten, das richtige Ehrenamt für sich zu finden. Dieses Jahr soll eine Ehrenamtskarte eingeführt werden, mit der engagierte Bürger verschiedene Vergünstigungen bekommen sollen. Das sind nur zwei Beispiele.

Die Stadt kann ihre Ehrenamtler besser unterstützen

Aber da geht definitiv noch mehr. Besonders in der Zusammenarbeit mit den Behörden und der alltäglichen ehrenamtlichen Tätigkeit könnte die Stadt ihre Ehrenamtler besser unterstützen.

Warum richtet sie nicht eine zentrale Anlaufstelle ein, an die sich Ehrenamtler wie Musielak bei Fragen oder Problemen wenden können? Warum beteiligt sie sich nicht bei der Planung und den Kosten von Sicherheitskonzepten für Volksfeste und kleineren Nachbarschaftsfeste? Warum zeigt sie nicht etwas mehr Fingerspitzengefühl bei den Kontrollen selbstgemachter Marmeladen und Salaten erfahrener Hausfrauen? Und warum vertraut sie nicht stärker in die Fähigkeiten einer Suppenküche, die seit 27 Jahren ohne Vorfälle Bedürftige bekocht?

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