Es ist kein Rücktritt. Das ist der Noch-Vorstandsvorsitzenden Heike Heim so wichtig, dass sie diese Formulierung anwaltlich verbieten lassen will. Über die deutschlandweit bekannte Berliner Kanzlei Schertz Bergmann ließ sie nach Bekanntwerden der Trennung mehrere Schreiben verschicken. Darin heißt es, die Kanzlei vertrete nicht nur Heike Heim persönlich, sondern auch DSW21. Obwohl sich DSW und Heim doch eigentlich mitten in einer Scheidung befinden.
Ein bemerkenswerter Vorgang wäre das, findet der Dortmunder Anwalt und Arbeitsrechts-Experte Fritz-Martin Przytulla. „Denn beide Parteien haben widerstrebende Interessen“, verdeutlicht der Jurist. Nach der ersten Online-Veröffentlichung dieses Artikels am späten Nachmittag auf RuhrNachrichten.de meldete sich DSW21, um klarzustellen: Das städtische Unternehmen habe die Kanzlei nicht beauftragt.
Dass eine Kanzlei beide gemeinsam vertritt – er würde das in solchen Fällen nicht tun, so Anwalt Przytulla, der einen LL.M.-Abschluss aus dem kalifornischen Berkley hat, einer der renommiertesten Universitäten der USA.
Zwar beziehe sich der Auftrag an eine Kanzlei nur auf die Äußerung des Rücktritts im Bereich des Medienrechts, nicht auf eine arbeitsrechtliche Vertretung. Dennoch sehe er schon da unterschiedliche Intentionen innerhalb der gesamten Gemengelage. Abgesehen davon deutet Rechtsanwalt Przytulla allerdings an, dass eine Sache DSW21 sei und Heike Heim durchaus eine andere: Von der im Raum stehenden Variante – einem Aufhebungsvertrag – würden beide Seiten profitieren.
Kein Eingeständnis von Schuld
Welche Vorteile – ganz allgemein gesprochen – eine Vorstandsvorsitzende davon hat: Erstens: Da schwinge kein Schuldeingeständnis mit, wie es bei einem Rücktritt der Fall wäre. Und: „Wenn man einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, umgeht man eventuell eine fristlose Kündigung.“
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Die Frage sei ja, so Przytulla, was die Parteien für diesen Aufhebungsvertrag aushandelten. „Bei einer Tochter der Stadt Dortmund soll es schon zu ganz erheblichen Zahlungen gekommen sein“, weiß der Rechtsanwalt – „und dann fragt man sich, warum jemand, der einen großen Fehler gemacht haben soll, noch so viel Geld erhält, welches letztendlich die Kunden der DSW21 bezahlen.“ Das „Trostpflaster“, das am Ende in Heims Aufhebungsvertrag steht, werde sicherlich groß sein, vermutet er.
Nicht zum ersten Mal Unruhe
Außerdem sei man in der Regel rasch frei für den nächsten Posten. „Es ist zulässig, sofort an anderer Stelle anzufangen, wenn im Aufhebungsvertrag keine Karenzfrist oder ein Wettbewerbsverbot geregelt sind.“
Letzten Endes sei es wie beim Fußball-Bundesligisten und dem scheidenden Trainer: Eine einvernehmliche Trennung sehe eben besser aus für alle Seiten.
„Deshalb fragt er sich, was man Frau Heim genau vorwirft – und welche Fehler sie begangen haben soll.“ Erst recht, weil es nicht zum ersten Mal Unruhe bei DEW und im Mutterkonzern DSW gebe. „Vor gar nicht allzu langer Zeit musste der sehr gut arbeitende Chef der DEW gehen, ohne dass ihm objektiv ein Fehlverhalten nachgesagt wurde.“
Kein Recht auf Auskunft?
Habe die Öffentlichkeit nun „nicht auch ein Recht darauf, zu erfahren, wie viel Frau Heim jetzt bekommt?“, merkt Anwalt Pryztulla an. Immerhin koste das „unser Geld – Ihr Geld und mein Geld.“
Er wolle Heim nicht pauschal verteidigen, aber: „Was hat sie getan, dass die Zusammenarbeit mit ihr unzumutbar war? Warum muss sie gehen?“ Und auch: „Wem nützt es?“ All das sollten die Menschen, die Kunden, erfahren dürfen. „Wenn Frau Heim doch aber einen großen Fehler gemacht hat, fragt man sich, warum die DSW21 dann noch eine sicherlich sehr auskömmliche Abfindung zahlt.“
Dieser Artikel erschien in einer ersten Version am 4. Juli 2024, 17.30 Uhr. Nachdem sich, wie oben beschrieben, DSW21 mit einer Richtigstellung gemeldet hatte, ist der Artikel um 20.50 Uhr überarbeitet worden.