Müll, Randale, Prügel Dortmunder schildert Freibad-Chaos - „Mir fehlen die Worte“

Dortmunder wehrt sich gegen Haltestelle vor seinem Eigenheim
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Anfangs ist der Dortmunder zurückhaltend im Telefonat mit unserer Redaktion. Eigentlich habe er überhaupt keine Zeit, sagt er, er müsse sich um seine Solaranlage kümmern.

Doch dann redet sich der 71-Jährige regelrecht in Rage und erzählt unglaubliche Geschichten über das Freibad-Chaos in Dortmund-Deusen. Das allein ist aber nicht der Grund unseres Gesprächs. Der Hauseigentümer ist vielmehr fassungslos, welche „Strafe hoch 7 sich die Stadt für meine Frau und mich zusätzlich ausgedacht hat.“

„Bodenlose Frechheit“

„Das ist eine bodenlose Frechheit, das ist brutal, mir fehlen die Worte dafür“, sagt der Dortmunder, der nicht möchte, dass wir seinen Namen nennen. Was ihn umtreibt, hat sich schon vor rund fünf Jahren angedeutet: Eine Haltestelle in Deusen soll verlegt und genau vor seinem Grundstück platziert werden. „Mir die vors Haus zu knallen, ist frech, dumm und unverschämt. Da gibt es andere Lösungen, aber die pfeifen ja auf den Bürger.“

Der Anwohner der Deusener Straße betont, dass es ihm nicht um die „paar Männeken“ geht, die hier normalerweise auf den Bus warten. Sein Unmut richte sich ausschließlich gegen die Freibad-Gäste, die wie Heuschrecken in Deusen einfielen, von denen sich viele einfach nicht zu benehmen wüssten und ihm so wie vielen Anwohnern in den Sommermonaten das Leben zur Hölle machten. „Mit der Haltestelle vor meinem Haus und der Klientel, die hier rein und raus gelassen wird, wird mir alles kaputt gemacht, was ich mit eigenen Händen aufgebaut habe.“

An heißen Sommertagen ist der Stadtteil Deusen im Ausnahmezustand. Das Freibad lockt massenweise Menschen an, teils mit dem Bus, teils mit dem Auto.
An heißen Sommertagen ist der Stadtteil Deusen im Ausnahmezustand. Das Freibad lockt massenweise Menschen an, teils mit dem Bus, teils mit dem Auto. Das Chaos ist für die Anwohner die Hölle. © Uwe von Schirp (Archiv)

Sein Bruder, erzählt der Deusener, habe sein Haus wegen dieser Zustände und mit Rücksicht auf seine kranke Frau bereits verkaufen müssen. „Das war unser Elternhaus. Die Badbesucher sind aufs Dach des Ladenlokals gestiegen und haben an das Fenster geklopft. Meine Schwägerin hat Angstzustände bekommen.“

Viel besser ginge es ihm aber auch nicht an den heißen Sommertagen in Deusen, wenn aufgrund der Menschenmassen, die alle ins Hardenberg-Freibad wollen, Ausnahmezustand in dem kleinen Stadtteil herrscht. „Auch vor meiner Haustür ist dann Chaos“, erzählt der Dortmunder. Zweimal hätten die wartenden Fahrgäste schon seinen Zaun zerstört. „Die lehnen sich oder fliegen dagegen und reißen die Fundamente raus.“

Prügel und Randale

Den Zaun habe er überhaupt nur wegen des Freibad-Übels errichtet. „Die haben auf meinem Rasen campiert, volle Windeln und Pommes-Schalen in den Schacht vor der Souterrainwohnung geworfen“, schildert der Deusener. Mit den Badbesuchern zu reden, sei zwecklos: „Regelmäßig ist mir schon Prügel angeboten worden, wenn ich die Leute angesprochen habe. Von der Polizei ist leider auch keine echte Hilfe zu erwarten.“

Das einzige, was man an diesen Tagen tun könne, sei, die Rollladen hinunterzulassen und die Autos wegzustellen. „Ansonsten springen die auf den Autos herum und ich habe Schäden, für die niemand aufkommt.“

Regelmäßig kommt es am Freibad in Deusen zu chaotischen Situationen.
Im kommenden Jahr soll eine Haltestelle verlegt werden, der betroffene Hauseigentümer befürchtet in den Sommermonaten das Schlimmste für seine Frau und sich. © Karsten Wickern

Der Dortmunder hat große Sorge, dass sich die Zustände noch verschlimmern, wenn sich die Haltestelle direkt vor seiner Haustür befinden wird. Mit seiner Vermutung, dass dieser Plan bald umgesetzt wird, liegt er richtig.

Die örtliche Politik kämpft bereits seit Jahren für eine barrierefreie Haltestelle mit Wartehäuschen. Vor allem an kalten und regnerischen Tagen stellt in ihren Augen der fehlende Unterstand an der Deusener Straße/Ecke Halmweg ein großes Problem dar.

DSW: Barrierefreie Haltestelle

„Der Umbau könnte theoretisch dieses Jahr noch umgesetzt werden“, schreibt DSW21-Sprecherin Britta Heydenbluth auf Anfrage dieser Redaktion. Da die Arbeiten aber vermutlich in den Winter fallen würden, sei ein Bau im nächsten Jahr realistisch.

„An der jetzigen Position ist ein barrierefreier Ausbau nicht möglich, da unter anderem eine Garagenzufahrt im Weg ist“, so das städtische Tiefbauamt. Die Länge, die für den barrierefreien Ausstieg an allen Türen benötigt wird, sei hier nicht gegeben. „Deshalb muss die Haltestelle verlegt werden. Nach sorgfältiger Prüfung liegt die einzig mögliche Position auf Höhe des Hauses Nr. 282a.“

Das Freibad Hardenberg ist sehr beliebt und sorgt deshalb für viele Probleme im Stadtteil Deusen.
Das Freibad Hardenberg ist sehr beliebt und sorgt deshalb für viele Probleme im Stadtteil Deusen. © Kevin Kisker

Auf Wunsch des Besitzers der Immobilie hätten Vertreter der Bezirksvertretung Huckarde, des Tiefbauamts, von DSW21 sowie Polizei vor Ort noch einmal mögliche Alternativen geprüft. „Keine war jedoch realisierbar, zum Beispiel weil der Bus Verkehrszeichen (eine Ampel) verdeckt hätte oder weil diese zu weit weg lagen“, so das Tiefbauamt.

Durch bauliche Maßnahmen werde am Bürgersteig eine größere Aufstellfläche geschaffen. Das soll laut Stadt dazu beitragen, dass die wartenden Fahrgäste sich nicht mehr an den Zaun der Immobilien anlehnen und etwas Abstand zum Grundstück möglich ist.

Jedes Mal Theater

Die gegenüberliegende Wendeschleife werde ebenfalls modernisiert, so Britta Heydenbluth. „Sie erhält einen neuen Unterstand. Die Idee, hier eine zusätzliche Wartefläche zu schaffen, wurde geprüft, ist aber aufgrund des dort stehenden Baums nicht möglich.“

Für den betroffenen Dortmunder ist diese Erklärung nicht akzeptabel. „Wenn ich von dieser Haltestellen-Verlegung gewusst hätte, hätte ich hier doch nie gebaut.“ So habe er nun wohl viel Geld in den Gully geworfen.

Und noch etwas versteht er nicht. „Warum kann sich die DSW21 nicht besser mit dem Freibad kurzschließen? Wenn die Gäste dort abhauen, könnte man die doch schnell wegbefördern. Stattdessen haben wir hier jedes Mal das Theater.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 29. Juli 2023.

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