Die Aufregung ist groß: „Da wurden einfach alte Bäume gefällt“, berichtet eine Anwohnerin. „Die Leute erzählen, da kommt ein Neubau hin.“ Baumrodungen auf einem Gartengrundstück an der Marschallstraße in der Hansemann-Siedlung sorgen für Diskussionen.
Das Quartier in Mengede zählt für die Einwohner aufgrund der alten kirchlichen Gemeindegrenzen gefühlt zu Nette. 1913/14 entstand die Hansemann-Siedlung für die Belegschaft der nahegelegenen gleichnamigen Zeche. Die im Stil der Gartenstadtbewegung erbauten „Gebäude und Gebäudegruppen prägen das Ortsbild und haben geschichtliche Bedeutung“, heißt es in der städtischen Satzung für den Bereich „Nördliche Ammerstraße“.
Zechenhäuser sind privatisiert
Und genau darum geht es der Anwohnerin, die sich an unsere Redaktion gewandt hat. Die ehemaligen „Zechenhäuser“ sind inzwischen privatisiert. Die Bewohnerin der Siedlung ist mit ihrer Familie selbst eine Eigentümerin. Sie schätzt die großen Grünflächen hinter den Häusern im Viertel und kennt die Grenzen, wenn man etwas baulich verändern möchte.
Was, fragt sie, wenn das Beispiel des Grundstücks an der Marschallstraße Schule mache und viel mehr Neubauten in das rund elf Hektar große Viertel gebaut werden? Die Anwohnerin weist auf den Bestandsschutz hin. Aber gibt es den so? Was steht in der Satzung?

Laut städtischer Satzung sind äußere bauliche Veränderungen sowie „die Errichtung und der Abriss von Gebäuden genehmigungspflichtig“, heißt es in Paragraph 3. Dort steht jedoch auch: „Die Genehmigung zur Errichtung einer baulichen Anlage darf nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestaltung des Gebietes durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird.“
Das ist offenbar nicht der Fall. „Am 17.12.2024 hat die Bauaufsicht einen positiven Vorbescheid für den Neubau eines Mehrfamilienhauses erteilt“, schreibt Stadtsprecher Christian Schön auf eine Anfrage unserer Redaktion. Er verweist auf die Satzung. „Die Übereinstimmung mit den dort geregelten Einschränkungen wurde selbstverständlich geprüft.“
In dem Regelwerk für die Hansemann-Siedlung steht in Kapitel D „Neubauten“ unter Paragraph 18: „Eventuelle Neubauten müssen sich in das prägende Siedlungsbild hinsichtlich Kubatur und äußerer Gestaltung des Gebäudes einfügen.“ Heißt: Wenn der vorgelegte Antrag – offenbar im konkreten Fall eine Bauvoranfrage – dem entspricht, darf gebaut werden.

Doch der positive Vorbescheid, den die Stadt erteilt hat, ist noch keine Baugenehmigung. Eine nicht unerhebliche juristische Feinheit: Klärt doch der Vorbescheid nur rechtssicher, ob ein Bauvorhaben in der geplanten Form überhaupt machbar ist.
Am konkreten Verfahren „wurde auch der Baumschutz beteiligt“, schreibt Schön weiter. Das Umweltamt habe in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, „dass mit weiterreichenden Forderungen nach Ersatzpflanzungen im Baugenehmigungsverfahren zu rechnen ist“. Die Stellungnahme ist Teil des Vorbescheids. Sie berechtige indes „nicht zur vorzeitigen Fällung von Bäumen ohne ausdrückliche Fällgenehmigung“, erklärt Christian Schön.
Dagegen habe der Bauherr offensichtlich verstoßen und tatsächlich schon gerodet. „Das Umweltamt wird sich das vor Ort anschauen und das weitere Vorgehen prüfen“, kündig der Stadtsprecher an. „Das schließt auch ein eventuelles Bußgeld mit ein.“

Der Rodung zum Opfer fielen Platanen mit einem gewaltigen Stammdurchmesser. Die Bäume dürften aus den Baujahren, zumindest aber aus der frühen Zeit der Hansemann-Siedlung stammen. Das Holz verkaufen die Grundstückseigentümer derweil auf dem Portal Kleinanzeigen als „frisches Brennholz“.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 9. März 2025.
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