Sophias Lippen sind blau – und sie ist nicht die Einzige aus ihrer Schwimmgruppe, der es so geht. Eine Stunde im Südbad hat die Sechsjährige hinter sich. Im Wasser, das nicht mehr so stark geheizt wird wie in den vergangenen Jahren.
„Sie ist im Wasser, seitdem sie vier Monate alt ist“, sagt Mutter Svenja Kaschner. „Aber jetzt ist sie sechseinhalb – und sie will nicht mehr.“ Weil es einfach zu kalt sei.
Temperatur: 24 statt 26 Grad
Schon für Erwachsene seien die abgesenkten Temperaturen deutlich zu spüren nach längerer Zeit im Wasser. „Und die Kinder kühlen ja noch schneller aus“, verdeutlicht Kaschner. „Nach dem Training sitzt Sophia fast eine Stunde in der heißen Badewanne, damit ich sie überhaupt wieder warm bekomme.“
Von 26 auf 24 Grad hat die Stadt die Temperatur in den eigenen Hallenbädern gesenkt – zumindest in den Schwimmerbecken in Nord-, Süd- und Westbad. Auch den privaten Hallenbad-Betreibern in Dortmund habe man das empfohlen.
Stadt spart viel Gas ein
Allein in den eigenen drei Bädern spare man so 1,1 Gigawattstunden pro Jahr ein, unterstreicht Stadtsprecherin Anke Widow. Mit der Absenkung der Wassertemperatur im Schwimmerbecken folge man der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen.
Die hatte schon im Frühjahr eine Absenkung der Wassertemperatur um zwei Grad Celsius „als vertretbar erachtet – ausgehend von den üblichen Temperaturen von 26 bis 28 Grad“, so Widow weiter. Genau dieser Ausgangspunkt ist allerdings interessant.

Anderswo ist es 26 Grad warm
Viele andere Städte in NRW heizen ihr Wasser ebenfalls weniger. Allerdings hatten sie andere Ausgangswerte. Hamm senkt von 28 auf 27 Grad, Bochum von 28 auf 26.
Auch in Essen, Düsseldorf, Münster sowie etlichen Orten in Dortmunds Umland schwimmt man in 26 Grad warmem Wasser. Essens Pressesprecher Burkhard Leise unterstreicht zudem: „Die Wassertemperatur in Schwimmbecken, die bisher mit einer niedrigeren Temperatur betrieben wurden, bleibt unverändert.“
Auch die Luft ist kälter
Nicht nur das kalte Wasser an sich ärgert Svenja Kaschner und andere Eltern. Auch die Luft sei spürbar kälter. In der Tat erklärt die Stadt Dortmund: „Die Raumtemperatur wird über die Lüftung in allen drei Bädern um ein Grad auf dann 27 Grad reduziert.“
Das spüren dann auch die Kinder, die vorher in den kleineren Becken schwimmen lernen. Die immerhin sind weiterhin etwas wärmer. Die Lehrschwimm- und Freizeitbecken seien nun 29 Grad warm, nicht mehr 30, erklärt die Stadt. Da liegt die Stadt bei dem Wert, bis zu dem auch Städte wie Bochum und Köln heizen.
Wo lernen Kinder schwimmen?
Mehrere Vereine, die in Dortmund Schwimmausbildung anbieten, erklären allerdings: Die ersten Züge mögen die Mädchen und Jungen in den kleineren und wärmeren Becken machen. Schon das Üben für Seepferdchen und Bronze geschehe dann in den größeren, kalten Becken.
Und das ausgerechnet jetzt, ärgert sich beispielsweise Ümit Acar, der Vorsitzende des SV Westfalen. Schon vor der Corona-Pandemie hätten 300 Dortmunder Kinder auf der Warteliste für Schwimmkurse gestanden. Mittlerweile seien es 700.
Verbände warnen
Schwimmverbände und DLRG warnen seit Jahren, zu viele Kinder könnten nicht schwimmen. Einsparungen und Bäderschließungen würden die Krise verschärfen.
Wohl wenige Familien können das mit Fug und Recht behaupten, was Svenja Kaschner sagt: „Wir waren wirklich mit Sophia wöchentlich schwimmen und haben es durch die ganze Corona-Zeit geschafft.“ Diese zwei Grad weniger, die die Spitzen der Stadtverwaltung Anfang August aber beschlossen hatten, würden ihrer Tochter und vielen anderen Kindern den Spaß am Schwimmen nehmen.
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