Vor der „Poster-Galerie“, dem Geschäft von Axel Schroeder, ist es grün geworden. „Temporäres Grün“ nennen die Stadtplaner den Streifen mit Rasen und kleinen Bäumen, der vor dem Neubau des „Basecamp“ an der Kampstraße entstanden ist. Denn er ist nur vorübergehend angelegt.
Eigentlich soll hier das Pflaster und Lichtband des „Boulevard Kampstraße“ nach den 25 Jahren alten Plänen des Architekturbüros Fritschi und Stahl verlaufen. „2016 sollte der Boulevard fertig sein, hat man uns versprochen“, erzählt Axel Schroeder. Jetzt sollen die Pläne 2029 vollendet werden - oder zumindest das, was noch von ihnen übrig ist.
Der „Boulevard Kampstraße“ ist nur eines von vielen Sorgenkindern bei der Entwicklung der City. Konkurrenz durch Online-Handel, Insolvenzen von Mode- und Kaufhausketten und auch die Folgen der Corona-Pandemie haben das Herz der Stadt aus dem Takt gebracht.
Für die Politik ist die City-Entwicklung deshalb ein wichtiges Thema. „Wir sind uns interfraktionell einig, dass in der City etwas passieren muss“, sagt Ingrid Reuter, Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion und Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung. Wir haben geschaut, was sich seit der Kommunalwahl 2020 getan hat.
Die Versprechen zur Wahl:
Im damaligen Kommunalwahlprogramm der SPD findet sich kein eigenes Kapitel zum Thema Innenstadt oder City-Entwicklung. Im gemeinsamen Positionspapier von CDU und Grünen, die zur Wahl eine Projekt-Partnerschaft für die Arbeit im Rat geschlossen haben, sind es fünf Punkte. Sie wünschten sich einen Runden Tische mit Ideenwerkstat zur Zukunftsgestaltung der City, ein Handlungskonzept, eine Online-Plattform für den lokalen Handel und ein Ausgeh-Quartier.
Der Stand der Umsetzung nach zwei Jahren:
Und was ist daraus geworden? Tatsächlich hat es viele Ideen- und Diskussionsrunden im Sinne eines „Runden Tisches“ bei der Erarbeitung eines „Handlungskonzepts City“ durch das Büro Stadt+Handel im Auftrag der Stadt gegeben. Hier konnten sich Geschäftsleute, Verbände, Politik, aber auch Einwohnerinnen und Einwohner einbringen.

Herausgekommen ist ein Konzept, das die Einteilung der City in mehrere thematische Quartiere vorsieht. Ganz neu ist das alles nicht, stellt Axel Schroeder fest, der lange Jahre auch Vorsitzender des Cityrings, der Gemeinschaft der Innenstadt-Kaufleute, war. Aber es gibt jetzt zumindest eine klare Richtung vor.
Den Grünen im Rat ist es dabei wichtig, dass es in der City nicht nur kommerzielle Nutzungen gibt, sondern auch andere Funktionen wie Wohnen und Kultur eine stärkere Rolle spielen. Dazu müsse die Stadt selbst Akzente setzen. In der Verwaltung sei durchaus ein Umdenken zu erkennen, sich nötige Grundstücke dafür zu sichern, stellt Ingrid Reuter fest.
City-Management beschlossen
Ein wichtiges Ergebnis der Beratungen zur City-Zukunft ist der Beschluss zur Einrichtung eines City-Managements, das der Rat im Herbst 2022 beschlossen hat. Die Aufgabe soll für zunächst vier Jahre ausgeschrieben werden, das heißt, es wird ein externes Büro gesucht, das angebunden an das städtische Amt für Stadterneuerung die Rolle eines City-Managers oder einer City-Managerin übernimmt.
Der CDU ist dabei besonders die politische Beteiligung wichtig. Die Verwaltung soll den politischen Gremien halbjährlich Sachstandsbericht zur Arbeit, zu Projekten und den Fortschritten des City-Managements vorlegen. Die Dortmunder City stehe vor vielfältigen Herausforderungen, die nach Auffassung der CDU-Fraktion „nur durch gemeinsame Anstrengung verschiedenste Akteurin bewältigt werden können“, heißt es in der Stellungnahme der CDU. Die Zukunft der Dortmunder City sei ein Querschnittsthema.
Die SPD-Fraktion setzt ebenfalls große Hoffnungen in das City-Management. „Die Einrichtung eines professionellen City-Managements ist die Lösung, um in enger Abstimmung mit allen relevanten Kräften das Beste für unsere Innenstadt zu erreichen“, heißt es von der SPD auf Anfrage. „Gerade vor dem Hintergrund der Schaffung von speziellen City-Quartieren mit ganz unterschiedlichen Charakteren und Ausprägungen, ist es notwendig, sämtliche Quartiere individuell zu beraten, und zu unterstützen, aber auch miteinander zu verbinden. Einkaufen und Aufenthalt in Dortmund muss ein Erlebnis werden. Das alles kann ein City-Management leisten.“
Das sagt der Experte:
Axel Schroeder hat als Mitglied des Handelsausschusses der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) in Berlin auch den Blick über den Dortmunder Tellerrand. „In vielen anderen Städten ist man beim City-Management schon weiter“, stellt er fest - etwa in Köln, Aachen oder Nürnberg. Er beklagt die lange Dauer der Diskussionsprozesse. „Wir sollten hier nicht lange reden und planen, sondern schnell jemanden finden, der etwas voranbringt“, sagt Schröder. Für das City-Management gelte es jemanden zu finden, „der die Stadt gut kennt, sich schnell Netzwerke schafft und richtig Manpower reinbringt.“
So steht es um Kultur und Gastronomie:
In Sachen Kultur und Gastronomie verweist die SPD auf das Paket „Neue Stärken“, mit dem in der Coroana-Pandemie Hilfen beschlossen wurden. Dazu gehört auch die Funktion eines Nachtbeauftragten.
„Der Nachtbürgermeister soll Ansprechpartner für Nachtökonomie, Politik und Verwaltung sein. Er soll die Rolle eines Vermittlers bei Konflikten zwischen Nachtschwärmern, Clubbetreibern und Anwohnern einnehmen und vor allen Dingen die Potenziale der Club- und Nachtkulturszene in Dortmund gemeinsam mit dem Betreiber entwickeln“, erklärt die CDU. „Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass das auf zwei Jahre befristete Projektstelle des Nachtbeauftragten fortgeführt wird.“
In Sachen Kultur gibt es große Einigkeit, die Pläne für ein Bühnenviertel mit neuem Schauspielhaus und Junger Bühne und einer Museumsmeile voranzutreiben. Dazu soll ein Museumsentwicklungsplan beitragen.

Vorbildlich, da ist sich die Politik einig, ist der Feierabend-Markt, der sich auf Initiative des Theaters auf dem Platz der alten Synagoge etabliert hat, „Solche Feste“, zeigt man sich bei der CDU überzeugt, „schaffen eine besondere Atmosphäre, haben eine Anziehungskraft.“
Der Stand bei den Boulevard-Plänen:
Und was sagt die Politik zum Boulevard Kampstraße? Natürlich gibt es Kritik am ausufernden Zeitplan. Bei einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Stadtentwicklung und Mobilität im Mai 2022 wurden zwar Änderungswünsche vorgetragen und der Verzicht auf den Wasserlauf beschlossen.
Im Grunde bleibt es aber bei dem von Fritsch und Stahl geplanten „Promenadenteppich“ mit einem acht Meter breiten, dunklen Pflaster unter einem Lichtband, der Reinoldi- und Petrikirche verbinden soll.

Nur die Grünen lehnten die Pläne ab, verwiesen darauf, dass eine solch hoher Grad an Versiegelung nicht mehr klimagerecht und zeitgemäß sei. ‚Auf Nachfrage erklärte die SPD-Fraktion jetzt: „Selbstverständlich fließen die Folgen des Klimawandels und auch die sich verändern der Mobilität in den Entwicklungsprozess zur Neugestaltung der Kampstraße mit ein und werden in allen Gesprächen zur Kampstraße stetig mit betrachtet.“
Die CDU schreibt sich auf die Fahnen, dass es während der langen Bauphase bis 2029 temporäres Grün und mobile Stadtmöbel geben soll, um die Kampstraße attraktiver zu machen. En Baustopp für Großveranstaltungen soll künftig ausgeschlossen sein.
Das Fazit:

Auf dem Papier gibt es reichlich Ideen - doch von der Umsetzung ist noch nicht viel zu spüren. Sichtbar ist vor allem das Bemühen, mehr Grün in die City zu bringen, - und das kann vielleicht auch ein Wink für die dauerhafte Gestaltung der Kampstraße sein. Für die Gesamtentwicklung der City wird entscheidend sein, wie das beschlossene City-Management in Gang kommt und was es leisten kann und darf.
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