Grundschule der Jüdischen Gemeinde in Dortmund soll 2021 wiedereröffnen

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Grundschule der Jüdischen Gemeinde in Dortmund soll 2021 wiedereröffnen

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Die Jüdische Kultusgemeinde in Dortmund möchte voraussichtlich zum Schuljahr 2021/22 eine jüdische Grundschule wiedereröffnen. Der Rat der Stadt muss noch zustimmen. Den Standort gibt es schon.

Dortmund

, 14.04.2020, 06:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wolfgang Polak, Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund, ist die Begegnung im vergangenen September in New York noch gut in Erinnerung. In einem Altenheim traf er durch Zufall eine alte Dame, die sich im Gespräch als gebürtige Dortmunderin entpuppte.

Bis zum 14. Lebensjahr habe sie in Dortmund gelebt, erzählte sie Polak, und habe dort die jüdische Volksschule in der Kampstraße besucht, die 1942 wie zwei weitere Standorte an der Breiten Straße und der Lindenstraße von den Nationalsozialisten geschlossen wurde.

Da hatte Polak gute Nachrichten für sie: In Dortmund soll, wenn alles wie geplant läuft, zum Schuljahr 2021/2022 eine jüdische Grundschule wiedereröffnen – oder sonst ein Jahr später. „Die alte Dame war ganz gerührt“, erzählt der Gemeindevorstand.

Rund 3000 Gemeindemitglieder

Eine jüdische Volksschule mit mindestens drei Standorten existierte in Dortmund wahrscheinlich bereits seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach deren Schließung bemühte sich die Jüdische Kultusgemeinde bereits 1964 um deren Wiedereröffnung, doch nahm sie aufgrund der durch den NS-Terror dezimierten Anzahl der Gemeindemitglieder letztlich Abstand von dem Projekt.

Zwischenzeitlich auf unter 350 Mitglieder geschrumpft, hat die Kultusgemeinde heute aufgrund des Zuzugs aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion längst wieder 3000 Gemeindemitglieder, die ein außerordentlich aktives Gemeindeleben pflegen unter anderem mit Gemeinde-, Familien- und Seniorenzentrum sowie einem Kindergarten.

Vor zwölf Jahren gegründet, platze dieser inzwischen aus allen Nähten, obwohl man auf den früheren Dachgarten für eine weitere Gruppe ausgestockt habe, berichtet Wolfgang Polak. 75 Kinder werden in drei Gruppen betreut. Viele stehen auf der Warteliste.

Rat muss noch zustimmen

Insbesondere der Erfolg dieser Kindertageseinrichtung hat den Wunsch nach einer jüdischen Grundschule bei den jüdischen Familien verstärkt. Aus diesen Gründen unterstützt die Stadt Dortmund das Interesse der Kultusgemeinde an dem Aufbau einer solchen Schule Dortmund, die mit je zwei Zügen von Klasse 1 bis 4 an den Start gehen soll. Sie soll wie andere konfessionelle Schulen als Ersatzschule in der Trägerschaft der Jüdischen Kulturgemeinde in Betrieb gehen.

Zusammen haben Stadt und Gemeinde einen Stadtvertrag gestaltet, mit dem die Verwaltung, der Betrieb und die Unterhaltung der Schulgebäude sowie der gemeindlichen Kultur- und Bildungseinrichtungen von der Stadt auch finanziell unterstützt werden. Der Rat muss dem noch zustimmen.

Gebäude der ehemaligen Hauptschule am Ostpark

Als Standort der jüdischen Grundschule ist die ehemalige Hauptschule Am Ostpark vorgesehen. Eine Umsetzung in unmittelbarer Nachbarschaft zur Berswordt-Grundschule empfehle sich, so die Stadt, weil das Gebäude der ehemaligen Hauptschule Am Ostpark nach der Zwischennutzung als Übergangseinrichtung für Flüchtlinge von 2015 bis Ende Januar 2020 wegen steigender Schülerzahlen ohnehin reaktiviert werden müsse.

Viele Kinder jüdischer Familien besuchen bereits jetzt die benachbarte Berswordt-Grundschule. Zudem betreibt die Jüdische Kultusgemeinde seit acht Jahren eine Offene Ganzstagsschule (OGS) vor Ort. Mit der ebenfalls benachbarten Franziskus- und der Berswordt-Grundschule kann sie in ein gemeinsames Schulzentrum eingebunden werden und so das Miteinander stärken.

Der Unterricht soll auf der Grundlage der Richtlinien und Lehrpläne des Landes NRW erteilt werden. Wie an jeder Grundschule soll die allgemeine Schulbildung bestimmend sein. Die jüdische Grundschule werde auch nichtjüdischen Kindern offenstehen, sagt Wolfgang Polak. Sie bietet intensives jüdisches Erleben und Lernen in einer Atmosphäre, die individuelle, familiäre und religiöse Unterschiede respektiert.

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