Sascha Mader (CDU) und Hannah Rosenbaum (Grüne), Annegret Meyer (Die Linke) und Nils Mehrer (FDP) in einer Montage vor einem Polizeibeamten, der mit dem Taser auf eine Zielwand schießt.

Die Dortmunder Politik - hier (v.l.) Sascha Mader (CDU), Hannah Rosenbaum (Grüne), Jens Peick (SPD), Annegret Meyer (Die Linke) und Nils Mehrer (FDP) - ist uneins über Taser-Einsätze der Polizei. © Montage: Schütze etc.

Grüne fordern sofortiges Ende von Taser-Einsätzen – CDU widerspricht

rnNach tödlichem Ausgang

Der polizeiliche Taser-Einsatz gegen einen randalierenden Wohnungslosen mit tödlichem Ausgang in Dortmund findet auch politisch Widerhall. Wie die Parteien ihre Haltung begründen.

Dortmund

, 20.10.2022, 13:48 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Grünen im Kreisverband Dortmund und die Grüne Jugend zeigen sich „erschüttert und zutiefst betroffen“ über den Tod eines 44-jährigen Wohnungslosen bei einem Polizeieinsatz am frühen Mittwochmorgen (19.10.) in Dortmund Dorstfeld.

„Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Abläufe des Polizeieinsatzes und insbesondere zum Taser-Einsatz, der tödlich endete“, erklärte Heide Kröger-Brenner, Sprecherin der Dortmunder Grünen.

Hannah Rosenbaum, Sprecherin der Dortmunder Grünen und Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt.

Hannah Rosenbaum, Sprecherin der Dortmunder Grünen und Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt. © Kevin Kindel

Kritik seit Beginn des Pilotprojektes

Die Grünen hatten schon seit Beginn des NRW-Pilotprojektes Anfang 2021 den polizeilichen Einsatz von Tasern kritisiert. Dortmund gehörte zu den ersten fünf Kreispolizeibehörden in NRW, die mit dem Elektroschocker ausgestattet wurden, anfangs vor allem für den Einsatz in der Nordstadt.

Der Mann, der am Mittwoch auf der Straße randaliert und die Polizei angegriffen hatte, war laut Obduktion alkoholisiert und herzkrank. Nach dem Taser-Einsatz war er kollabiert und zwei Stunden später im Krankenhaus gestorben.

„Der Tod des Mannes zeigt auf grauenhafte Weise, dass der Taser nicht das milde Einsatzmittel ist, als das er gerne dargestellt wird“, sagte die Grünen-Sprecherin Hannah Rosenbaum und forderte, mit der Verharmlosung des Tasers müsse endlich Schluss sein.

Grüne: „Eine potenziell tödliche Waffe“

Rosenbaum: „Wer den Taser einsetzt, riskiert das Leben von Menschen. Der Taser ist und war schon immer eine potenziell tödliche Waffe. Wir fordern einen sofortigen Einsatzstopp des Tasers in Dortmund und ganz NRW.“ Auf Grundlage aller bisherigen Taser-Einsätze müsse es sofort die von der Landesregierung angekündigte Evaluation geben.

Auch bei dem Tod des 16-jährigen Mouhamed D., der bei einem Einsatz im August durch sechs Maschinenpistolenschüsse gestorben ist, sei es nur Sekunden zuvor zu einem höchst fragwürdigen Einsatz des Tasers gekommen, so die Grünen.

Politische Fehlentscheidung

Die Polizei mit Tasern auszustatten, sei eine „politische Fehlentscheidung, die sofort von der Landesregierung zurückgenommen werden muss“, kritisiert die Grüne Jugend in ihrer Stellungnahme. „Auch jede weitere Aufrüstung der Polizei lehnen wir ab.“

Die Taser waren auch größeres Diskussionsthema in den Koalitionsverhandlungen in NRW. CDU und Grüne einigten sich darauf, die Geräte zunächst bis 2024 weiter zu testen und mit einer Bodycam zu koppeln.

Der CDU-Kreisvorsitzende Sascha Mader.

Der CDU-Kreisvorsitzende Sascha Mader. © Paul Schneider

CDU: Taser ist im Sinne der Verhältnismäßigkeit

In Dortmund gibt es allerdings dazu keine Einigkeit von Schwarz-Grün. Ganz anders als die Grünen sieht Sascha Mader, Kreisvorsitzender der Dortmunder CDU und von Beruf Polizeibeamter, den Einsatz von Tasern: „Die Kritik der Grünen ist inhaltlich falsch.“ Der Tod eines Menschen bei einem Polizeieinsatz sei immer beklagenswert, „doch der kausale Zusammenhang zwischen Taser und Tod hat bei der Obduktion nicht festgestellt werden können.“

Der Taser-Einsatz sei vom demokratisch zustande gekommenen Polizeigesetz gedeckt. Die Polizei müsse bei ihren Einsätzen verhältnismäßig reagieren, so Mader: „Der Taser ist ein milderes Mittel als die Schusswaffe und im Sinne der Verhältnismäßigkeit. Der Mann hatte ein schwaches Herz. So ein Tod kann auch bei einer Prügelei oder einer Festnahme passieren.“

Daraus zu folgern, der Taser müsse als Einsatzmittel wieder abgeschafft werden, sei falsch, betonte Mader: „Weil Menschen bei Polizeieinsätzen sterben, hören wir ja auch nicht auf, Polizisten mit Pistolen auszustatten.“

Jens Peick, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Dortmund.

Jens Peick, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Dortmund. © Oliver Volmerich

SPD: Einsatz von Tasern nach Nutzen und Risiko abwägen

Jens Peick, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Dortmund, weist darauf hin, dass der landesweite Einsatz von Tasern durch die Polizei unter dem Vorbehalt einer unabhängigen wissenschaftlichen Evaluation stehe. „Als SPD ist es uns wichtig, dass alle Instrumente der Polizeiarbeit, so auch der Einsatz von Tasern, nach Nutzen und Risiken abgewogen werden.“

Dazu gehöre auch der Blick auf die dann eventuell erforderlichen Alternativen. Der Parteichef: „Das vorhandene Vertrauen in den Rechtsstaat und die Polizei darf auf keinen Fall gefährdet werden.“

Die Kreisvorsitzende der Partei Die Linke Annegret Meyer.

Die Kreisvorsitzende der Partei Die Linke Annegret Meyer. © Die Linke

Die Linke: „Für Betroffene akut gesundheitsgefährdend“

Die Linke in Dortmund dagegen lehnt den Einsatz von Tasern generell ab. „Er muss sofort eingestellt werden“, verlangt die Kreisvorsitzende Annegret Meyer. Der Einsatz von Tasern als Waffe sei unverhältnismäßig und für Betroffene akut gesundheitsgefährdend. Ihre Partei bedauere den Vorfall sehr. „Die Polizei sollte unserer Meinung nach überhaupt nicht mit Tasern ausgestattet sein“, so Meyer.

Der FDP-Kreisvorsitzende Nils Mehrer.

Der FDP-Kreisvorsitzende Nils Mehrer. © Bastian Pietsch

FDP: Polizei weiter mit Tasern ausstatten

Nils Mehrer, Kreisvorsitzender der FDP erklärte: „Zunächst macht mich der Tod eines Menschen – unabhängig der Umstände – betroffen. Diese Betroffenheit darf aber nicht über die Notwendigkeit einer guten Ausstattung für unsere Polizeibeamten hinwegtäuschen.“

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Der Taser als Einsatzmittel in NRW sei in der letzten Landesregierung unter FDP-Beteiligung gewissenhaft und durch Pilotprojekte getestet, stellt Mehrer fest. Im bisherigen Einsatz habe sich gezeigt, dass Angriffe auf Polizeibeamte allein durch die vorbeugende Wirkung des Tasers bereits um über 80 Prozent zurückgingen.

Mehrer: „Es sollte somit ohnehin nicht darum gehen, die Taser wieder abzuschaffen, sondern die dringend benötigte Einführung bei weiteren Polizeibehörden voranzubringen.“ Er sei enttäuscht, „dass die Grünen sich so vehement gegen die bestmögliche Ausstattung und Sicherheit derer einsetzen, die tagtäglich unsere Sicherheit garantieren.“

Wir haben auch die AfD um eine Stellungnahme gebeten, aber bis Redaktionsschluss keine Antwort erhalten.