„Aufgrund einer Betriebsversammlung öffnet unser Haus heute etwas später“, lasen die ersten Kunden am Mittwoch (22.3.) an den Eingangstüren. Tatsächlich blieb das Karstadt-Haus am Westenhellweg zunächst von 10 bis 11.15 Uhr geschlossen. Drinnen hatten sich rund 160 Mitarbeiter versammelt, die den Auftritt von OB Westphal bei ihrer Betriebsversammlung verfolgten.
Kurz nach dem Ende gegen 11 Uhr strömten die Beschäftigten, angeführt von ihren Betriebsräten und dem OB, für wenige Minuten ins Freie – und hörten am Alten Markt vor dem Karstadt-Haus die weiteren Ausführungen des OB.
Der stellte noch einmal klar: Karstadt steht zwar auf der Schließungsliste, und nach aktuellem Stand soll am 31.1.2024 Schluss sein. Dennoch: „Solange die Verhandlungen zwischen Karstadt und dem Vermieter nicht beendet sind, ist noch nichts beschlossen“, sagte der OB. Er habe sich persönlich in die Gespräche eingeschaltet und beiden Seiten noch einmal die Sicht der Stadt deutlich gemacht, warum das Haus an diesem Standort wirtschaftlich überlebensfähig sei, sagte der OB mit Blick auf Stichworte wie Oberzentrum Dortmund und Kundenfrequenzen.
„Wir haben die berechtigte Hoffnung, dass es weitergeht“, rief Westphal – und erntete den Applaus der Beschäftigten. „Die Stadtspitze steht an der Seite der Belegschaft“, unterstrich der OB. Dann sorgte er mit einer bemerkenswerten Aussage für Überraschung – auf der Betriebsversammlung zuvor hatte er nichts davon verlauten lassen. „Die Stadt ist bereit, sich in dem Haus zu engagieren“, gab Westphal zu Prokoll. Wie und in welcher Form, ließ der OB offen.
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Spätestens seit diesem Satz darf spekuliert werden, ob die Stadt eigene Einrichtungen ins Karstadt-Haus verlegt. Auf diese Weise könnten die Mietlasten für Karstadt gesenkt werden. Dann müsste Karstadt ein komplettes Geschoss für eine möglicherweise städtische Einrichtung freiziehen. Trotz mehrfacher Nachfrage – konkreter wollte Westphal (noch) nicht werden.
„Wir geben nicht auf“, kündigte auch Joffrey Kallweit an, der Betriebsratsvorsitzende bei Karstadt Dortmund. Er hoffe, dass sich Karstadt und der Vermieter, die Frankfurter RFR, „innerhalb der nächsten Tage einigen“, sagte Kallweit. Falls nicht, werde es weitere Aktionen geben.
Dennoch werden bereits die Kündigungen vorbereitet. Die Belegschaft ist darauf vorbereitet, dass sie im April folgen könnten, sofern sich Mieter und Vermieter nicht einigen. Unklar ist zudem, wie lange die Verhandlungen laufen. Sie könnten sich auch über die Gläubigerversammlung am Montag (27.3.) hinaus erstrecken. Sollten die Kündigungen parallel eintreffen, fürchten die Betriebsräte, dass immer mehr Mitarbeiter zu anderen Arbeitgebern abwandern könnten. „Unsere Mannschaft darf nicht ausbluten“, sagt Kallweit.
Die Mitarbeiter selbst gehen unterschiedlich mit der Situation um. Einige seien am Boden zerstört, andere wütend, sagte Kallweit. Karstadt-Beschäftigte Andrea Dittmaer beispielsweise pendelt irgendwo dazwischen. „Ich bin seit 36 Jahren dabei, habe drei Insolvenzen erlebt“, sagt die 52-Jährige. Inzwischen gehe sie etwas abgeklärter mit der Situation um. „Als ich angefangen habe, hat man mir erzählt, der Arbeitsplatz bei Karstadt ist sicher, da kannst du bis zur Rente bleiben“, erzählt sie.
Und jetzt? Achselzucken. Sollte es zur Schließung kommen, werde sie erst mal zuhause bleiben, sagte Andrea Dittmaer. „Bis dahin gilt: Ich bleibe, bis die Türen zugehen.“
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