Theater Dortmund
Geschönte Zuschauerzahlen beim Schauspiel? – Instagram-Post schürte Verdacht
Sollten hier großzügig Freikarten unter das Volk gebracht werden? Ein Instagram-Post zur Premiere einer Inszenierung von Schauspielchefin Julia Wissert hat für Verwirrung und Kritik gesorgt.
Der Instagram-Post machte in interessierten Kreisen schnell und aufgeregt die Runde. Es ging um die Premiere von „Bakchen – die verlorene Generation“ am 17. September, inszeniert von Dortmunds Schauspiel-Intendantin Julia Wissert. Sie war zuletzt wegen geringer Auslastungsquoten bei den Zuschauerzahlen und wegen ihres künstlerischen Programms in die Kritik geraten.
Der Post kam einen Tag vor der Premiere von der alternativen Dortmunder Buchhandlung „Taranta Babu“. Darin hieß es, die Premiere könne „von jungen Menschen kostenfrei besucht werden“. Im Anschluss gebe es „eine tolle Party mit Getränken und Snacks.“
Hinter vorgehaltener Hand wurde in der Politik und in Theaterkreisen der Verdacht kolportiert, das Schauspiel wolle womöglich mit Freikarten mehr Zuschauer in die Premiere locken und so Zuschauerzahlen schönen. Diese Praxis widerspreche aber der Freikartenordnung, die sich die Stadt 2018 selbst gegeben habe.
„Das muss eine Ente gewesen sein“
Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte Tobias Ehinger, Geschäftsführender Direktor des Theaters Dortmund und damit Chef all seiner fünf Sparten, das Schauspiel selbst habe ihn über den Instagram-Post unterrichtet, sei aber nicht der Urheber gewesen. Ehinger: „Das muss irgendwie eine Ente gewesen sein. Natürlich ist es nicht so, dass in unserem Haus jeder junge Mensch kostenlos rein kann.“
Dieser Post von der Buchhandlung Taranta Babu sorgte für Verwirrung und Kritik. © Screenshot
Es könne mal einen Anlass für freien Eintritt geben, zum Beispiel für eine Aktion des Kinder- und Jugendtheaters, „aber das muss sortiert laufen.“ Es sei denkbar, dass eine projektbezogene Marketingaktion gemeint gewesen sei, mit Ehrenamtskarten als Belohnung für junge Leute, die für eine Umfrage Altersgenossen danach befragen sollen, wie man das Schauspiel für sie attraktiver machen kann.
„Das ist aber eine Gruppe von 20 Leuten aus Dortmund, und von denen war kein einziger in der Premiere“, versichert Ehinger.
Mitarbeiterin setzte den Post ab
Auch Hasan Sahin, Betreiber der Buchhandlung Taranta Babu, kann das Rätsel nicht auflösen. Eine Mitarbeiterin habe den Post abgesetzt, aber woher die Information komme, könne er sie nicht fragen; denn sie sei vor zwei Tagen in die Türkei gereist. Er selbst habe von dem Post nichts gewusst, sagt Sahin. Möglicherweise handele es sich tatsächlich um ein Missverständnis.
Die Premiere von „Bakchen“ sei mit etwa 320 Zuschauern zu rund 70 Prozent ausgelastet gewesen, berichtet Tobias Ehinger, „ein solides Ergebnis für die jetzige Zeit.“
Davon seien gut ein Viertel Dienst- und Ehrenkarten gewesen, etwa für Mitwirkende wie die Zweitbesetzung beziehungsweise für Journalisten und geladene Gäste. Beim Rest habe es sich um Kaufkarten gehandelt. „Das ist in der Relation für eine Eröffnungspremiere nicht so ungewöhnlich“, sagt Ehinger.
Theaterdirektor: „Ich bin sehr zufrieden“
Mit Blick auf die Entwicklung im vergangenen Jahr sei es schwer für das Schauspiel gewesen. Insgesamt laufe es jetzt aber besser als gedacht, so der Theaterdirektor: „Ich bin sehr zufrieden. Wenn das Schauspiel mit einer Auslastungsquote von 70 Prozent startet, ist das ganz ordentlich.“
Julia Wissert hat für ihre Inszenierung von „Die Bakchen - die verlorene Generation“ durchwachsene Kritiken bekommen, mit Tendenz zum Positiven. © dpa
Die Kritiken für „Die Bakchen“ sind durchwachsen ausgefallen, aber mit Tendenz zum Positiven. Julia Wissert hat den mehr als 2000 Jahre alten Euripides-Klassiker mit der heutigen Lebensrealität von jungen Menschen kombiniert und zum Generationenkonflikt mit rauschhaften Bildern umgebaut.
Für die zweite Vorstellung am 25. September (Sonntag) wurden laut Ehinger nur 95 Karten verkauft – bei fast 500 Plätzen im Schauspielhaus. Zur Vorstellung am 1. Oktober sind (Stand 27.9.) 31 Karten verkauft.
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