
Andreas Berle hat genau durchgerechnet, wie teuer höherer Gaspreis und Gasumlage für ihn werden. © Björn Althoff
Andreas Berle verzweifelt über Preis von Strom und Gas: „Wie soll das gehen?“
Gasumlage
Wie teuer kommt mich die Gasumlage? Andreas Berle (58) hat es schon ausgerechnet. Der alleinerziehende Frührentner aus Dortmund ist verzweifelt: „Es funktioniert einfach nicht mehr.“
Der Brief kam am Dienstag. Absender: der Dortmunder Energieversorger DEW21. Inhalt: eine Information über die neuen Abschlagszahlungen für Strom und Gas. Die Folge: Andreas Berle weiß nicht weiter.
„Ich bin es gewohnt, mit wenig Geld zu leben“, sagt der 58-Jährige. Er war Linienbusfahrer, wurde krank und Frührentner. Er ist alleinerziehender Vater eines Sohnes.
Alles korrekt ausgerechnet – bis auf den Cent
„Irgendwie hat es immer funktioniert“, unterstreicht Berle, der in einer Siedlung in Eving lebt: „Man kann damit umgehen, wenn man rechnet und ein bisschen hier und da einspart.“ Zumindest bisher sei das so gewesen.
Wenn es um die Finanzen geht, schätzt Berle nicht – er rechnet aus, bis auf den Cent. Er notiert Zählerstände von Strom und Gas, multipliziert den Preis für die Kilowattstunde, hat am Ende für jeden Posten eine ganz konkrete Summe. Deshalb weiß der Dortmunder auch schon, was die Gasumlage in einigen Wochen für ihn bedeuten wird.
Schon ohne Gasumlage 800 Euro mehr im Jahr
Rund 220 Euro seien das im Jahr, plus 19 Prozent Steuern, also 262,01 Euro. Allein der gestiegene Gaspreis koste ihn beim aktuellen Verbrauch rund 800 Euro mehr. Bei Berles Rechnung inklusive Gasumlage lautet die letzte Zeile also „Mehrbelastung auf zwölf Monate hochgerechnet über 1000 Euro“.
„Es funktioniert nicht mehr“, ärgert sich Berle: „Es funktioniert einfach nicht mehr.“ Und wenn er einfach Gas einsparen würde?

Andreas Berle hat genau durchgerechnet, wie teuer höherer Gaspreis und Gasumlage für ihn werden. © Björn Althoff
Gas und Strom sparen? Macht er schon lange
Den Verbrauch noch weiter senken? Wie solle das gehen? „Ich dusche jetzt schon nur zwei bis drei Minuten.“ Klar, könne er im Herbst und Winter die Heizung um ein, zwei Grad drosseln. Aber das ändere sein grundsätzliches finanzielles Problem doch nicht.
Es sei doch genau wie mit dem Strom: Die LED-Birnen unter der Decke haben zwei Watt. Berle achtet darauf, dass die Geräte nicht auf Standby stehen, sondern tatsächlich keinen Strom mehr ziehen. „Ich halte das nach.“
„Man sieht uns nicht – wir sind nicht vorhanden“
Aber es sei alles teurer geworden. Das merke er jedes Mal im Supermarkt: „Da ist dann schon ein Wert von 30, 40 Euro im Wagen – und dabei liegt noch kaum was drin.“ Immer wieder seien Eigenmarken-Produkte vergriffen. Was zum Beispiel bedeute: 2,69 statt 1,29 Euro für die Mayonnaise. Andere mögen mit den Schultern zucken. Für Berle ist der Vergleich elementar.
„Man sieht mich nicht – also Leute wie mich, erwerbsunfähig und alleinerziehend. Uns gibt es einfach nicht. Wir sind nicht vorhanden.“ Entweder sei vom Porschefahrer die Rede oder von den Sorgen der Mittelschicht.
Briefe an Scholz und Lindner – und Sorge vor dem Winter
Freiwillig hatte er seinen monatlichen Strom-und-Gas-Abschlag schon im Juli erhöht – von 140 auf 160 Euro. Im Brief vom Dienstag informierte ihn DEW21, bald werden es 231 Euro sein – und das ohne Gasumlage.
„Da muss irgendwas kommen, das geht so nicht“, sagt Berle in Richung Politik. An Arbeits- und Sozialminister Minister Hubertus Heil hatte er vor wenigen Monaten schon geschrieben. Jetzt will er sich an Finanzminister Christian Lindner wenden und seinen Ärger formulieren.
Berle sorgt sich vor dem Winter – auch gesellschaftlich. „Es wird mehr Gewalt geben, mehr Einbrüche und Überfälle“, schätzt er: „Was sollen die Leute auch machen?“
Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
