Vor über zwei Jahren hat Wilhelm Kühne das Jägerheim übernommen. Jetzt geht es um die Zukunft des Restaurants.

© Jörg Bauerfeld

„Wer soll noch kommen?“: Jägerheim mit 17 Angestellten kämpft ums Überleben

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Die Tische sind fein säuberlich gedeckt, die Angestellten warten auf Gäste. Nur, die bleiben aus. Das Jägerheim, eine beliebte Traditionsgaststätte in Dortmund, versucht, sich über Wasser zu halten.

Wellinghofen

, 20.03.2020, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wilhelm Kühne sitzt in der urgemütlichen Bierstube und spielt an einer Wasserflasche herum. Der Gastronom grübelt. Über die Folgen des Coronavirus und wie es weitergeht. Es ist Mittagszeit im Jägerheim, dem gehobenen Restaurant am Niederhofer Kohlenweg in Wellinghofen. Gäste sucht man vergebens, trotz der Öffnungszeiten von 12 bis 15 Uhr.

„Wer soll auch kommen?“, fragt Wilhelm Kühne. „Man soll doch auch zuhause bleiben.“ Mittags sei eh nie das Hauptgeschäft gewesen. Ein paar Geschäftsessen, dazu die Trauergäste der Beerdigungen vom nahen Friedhof, Familienfeiern.

Dem Virus ist der Betrieb egal

„Das ist alles weggebrochen“, sagt Kühne. Das Coronavirus und seine Folgen haben die Gastronomie in Dortmund voll erwischt. Und dem Virus ist es da völlig egal, ob es sich um gehobene Küche oder Döner-Bude handelt. Jeder hat jetzt seine Probleme - und die sind im Falle des Jägerheims nicht gerade klein. 17 Angestellte hat Wilhelm Kühne.

Auf dem Aufsteller vor dem Jägerheim werden die Gäste über das momentane Angebot informiert.

Auf dem Aufsteller vor dem Jägerheim werden die Gäste über das momentane Angebot informiert. © Jörg Bauerfeld

„Und die möchte ich nicht verlieren“, so der Geschäftsmann, der vor zweieinhalb Jahren mit seiner Tochter das Traditionshaus im Dortmunder Süden übernommen hat. Das Jägerheim schlug sofort ein wie eine Bombe. „Es lief sofort richtig gut“, sagt Kühne. In den letzten 50 Monaten habe man ein tolles Team zusammengestellt. Das sei in der heutigen Zeit auch nicht mehr so einfach.

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Jetzt müsse man sehen, wie man über die Runden kommt. Kurzarbeitergeld für seine Angestellten hat er schon beantragt. „Aber wie lange kann man damit überleben. Die Leute müssen ja auch ihre Mieten zahlen und die Familien versorgen“, sagt Wilhelm Kühne.

Idyllisch liegt das Jägerheim am Niederhofer Wald.

Idyllisch liegt das Jägerheim am Niederhofer Wald. © Jörg Bauerfeld

Im Jägerheim, wie auch in den anderen Gastronomiebetrieben in Dortmund, ist jetzt Kreativität gefragt. Auch das Jägerheim hat einen Lieferservice auf die Beine gestellt. Hausgemachte Speisen werden zu den Gästen geliefert. Auch Lebensmittel und Getränke sind möglich. Von 10 bis 19 Uhr können die Bestellungen unter Tel. (0231) 462428 aufgegeben werden.

Gastronom macht nur noch 10 Prozent des Umsatz

Rund 10 Prozent des alten Umsatzes würde man so erzielen. Mehr nicht. „Für uns Gastronomen wäre es besser, wenn vom Land oder vom Bund die Anweisung käme, ganz zu schließen“, sagt der Geschäftsmann. Dann habe man unter Umständen das Recht auf Entschädigung. Das passiere aber nicht. „Die Politik lässt uns alleine.“

„Mir geht es jetzt auch nicht ums Wehklagen. So soll es nicht rüberkommen. Ich ärgere mich einfach über die ganzen Aussagen der Politiker. Alles Worthülsen“, so Kühne.

Soforthilfemaßnahmen statt vieler Versprechen

Es gehe dabei um Hilfsversprechen, die im Moment überhaupt nicht greifen würden. „Wir brauchen Soforthilfen. Was nutzt mir denn beispielsweise die Stundung meiner Steuern für dieses Jahr, wenn ich kaum Einnahmen habe“, so Kühne. In Bayern seien jetzt Soforthilfemaßnahmen für die Wirtschaft angelaufen. Dort gibt es unbürokratische finanzielle Unterstützung. Die ist gestaffelt nach der Zahl der Erwerbstätigen und beträgt bei Betrieben bis zu 50 Erwerbstätige 15.000 Euro.

„Das brauchen wir jetzt in der Gastronomie, sonst werden viele Betriebe schließen müssen“, sagt Kühne. In NRW scheint sich in dieser Richtung auch etwas zu bewegen.


Und wie geht es im Jägerheim weiter? „Irgendwie“. Kühne, der seit 50 Jahren in der Gastronomie arbeitet, kann nur mit den Schultern zucken. Denn etwas Vergleichbares wie die Corona-Krise hat er noch nicht erlebt.