In der Bolmke wurde eine kleine Gedenkstätte für Rainer errichtet. Er ist im Alter von 72 Jahren gestorben – und bleibt offenbar unvergessen. Die „Bolmkefreunde“ erinnern hier, in seinem „Zuhause“, dem Unterstand mitten im Wald, mit einem gerahmten Foto und Kerzen an ihn.
Einer, der Rainer sehr gut kannte, ist Helmut Harke. Der ehrenamtliche Wohnungslosen-Seelsorger ist im Dortmunder Gasthaus tätig, der ökumenischen Wohnungslosen-Initiative an der Rheinischen Straße.
Abschiednehmen im Gottesdienst
Helmut Harke hat sich gemeinsam mit 20 Freunden von Rainer verabschiedet, mit einem Gottesdienst in der Grabeskirche an der Amalienstraße. Viele Obdachlose in Dortmund sterben einsam, so einsam, wie ihr Leben wohl in vielen Teilen auch war. In solchen Fällen kümmert sich das Ordnungsamt um die Beerdigung, auch bei Rainer.
Dennoch ist bei ihm etwas anders, denn Rainer war kein einsamer Mensch: „Der war bei uns bekannt“, sagt Helmut Harke, „ein lieber Mensch, ein regelmäßiger Gast.“ Sechs Jahre war die Bolmke sein „Zuhause“.
Um Menschen, die jahrelang im Gasthaus ein und aus gehen, kümmere man sich. Auch nach dem Tod, das ist dem Seelsorger Helmut Harke wichtig zu sagen. „Es war ein wertvoller Mensch, er ist uns soviel wert, dass wir ihm in seinem Leben nicht nur täglich eine Suppe geben, sondern uns auch nach seinem Tod kümmern.“
Die Stadt frage oft, ob man im Gasthaus die Verstorbenen kenne, berichtet Harke. Das Ordnungsamt bemühe sich dann, Angehörige zu finden. Die Suche sei jedoch oft schwierig, besonders dann, wenn die Verstorbenen ausländische Wurzeln hätten.
Eigenes Urnenfeld
Das Gasthaus besitze ein eigenes Urnengräberfeld in der Grabeskirche an der Amalienstraße in der Dortmunder Innenstadt. Genau dort fand auch die rührende Gedenkfeier für Rainer statt. 20 „Bolmkefreunde“ kamen und erinnerten sich gemeinsam an ihn, an den Mann, der den Unterstand in der Bolmke zu seinem Zuhause gemacht hatte. Ein Zuhause, in dem der bekennende BVB-Fan bei Heimspielen problemlos den Spielstand verfolgen konnte. Denn das Stadion liegt in Sichtweite – und wichtig in diesem Fall: in bester Hörweite.

In einem früheren Leben hat Rainer Lkw quer durch Europa gefahren, weiß Seelsorger Helmut Harke. Dann habe er die Betreuung eines behinderten Mannes übernommen und in der Familie auch gewohnt. „Irgendwann ging es dann dort aus irgendwelchen Gründen nicht weiter“, sagt Helmut Harke. Rainer sei in ein „tiefes Loch gefallen“.

„You‘ll never walk alone“
Der Seelsorger fragt sich immer wieder, ob und warum Rainers Mitmenschen seinerzeit die Hilferufe überhört haben, sodass es in der Obdachlosigkeit habe enden müssen. „Wie kann ein Mensch so tief fallen, dass er in einem Unterstand in der Bolmke schlafen muss?“, fragt er sich. Eine Frage, die sich die Lebenden stellen müssen, findet er.
Bei der Gedenkfeier in der Amalienstraße erklang Eric Claptons „Tears in heaven“. Erste Textzeile: „Would you know my name, if I saw you in heaven?“ (Würdest du meinen Namen wissen, wenn ich dich im Himmel träfe?“) Fest steht: Die Freunde auf Erden haben Rainers Namen und ihn definitiv nicht vergessen.
„Hier im Tod sind alle Menschen wieder vereint“, sagt Helmut Harke beim Blick in die Kirche. „Das wünsche ich mir auch mehr für die Lebenden.“
Das zweite Lied bei der Gedenkfeier war im Übrigen: „You‘ll never walk alone“ – was auch sonst, für einen echten BVB-Fan? Und damit ist auch im Sinne aller „Bolmkefreunde“ letztlich wohl alles gesagt.
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