Gas plötzlich doppelt so teuer trotz Preisbremse Frank Vogel fühlt sich abgezockt - und wehrt sich

Gas plötzlich viel teurer: Wollen Versorger so Steuergelder abgreifen?
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Frank Vogel traute seinen Augen nicht, als er die „Preisanpassung“ seines Gas-Versorgers Eprimo las: Schriftlich kündigte die Eon-Tochter aus dem hessischen Neu-Isenburg an, dass der sogenannte Arbeitspreis von 9,17 Cent je Kilowattstunde auf 24,82 Cent erhöht wird - der Preis sollte sich mit einem Anstieg von 170 Prozent also mehr als verdoppeln.

Frank Vogel beheizt ein Dreifamilienhaus im Westfalendamm-Viertel mit Gas - seine Jahresrechnung würde damit von 3822 auf 9610 Euro steigen. Aufgrund der staatlichen Deckelung der Gaspreise - der sogenannten Energiepreisbremse - würde er aber 80 Prozent seines Verbrauchs zu einem subventionierten Tarif beziehen. „Damit hätten für mich die Jahres-Energiekosten bei 5817 Euro gelegen“, rechnet Frank Vogel unserer Redaktion vor - 2000 Euro mehr als zuvor.

Das allein ist schon ärgerlich - was Frank Vogel aber noch mehr stört: Er hegt den Verdacht, dass die staatlichen Subventionen dem Energieversorger zugute kommen und es so bei Eprimo zu „einer Gewinnerhöhung aus Steuermitteln“ kommen würde.

In der Tat sieht die Gaspreisbremse vor, dass der Verbraucher die Energie zu einem vergünstigten Tarif bekommt - 12,82 Cent pro Kilowattstunde statt dem von Versorger geforderten Preis. Im Fall von Frank Vogel sind das wie erwähnt 24,82 Cent. Für 80 Prozent des Gas-Verbrauchs erstattet der Staat dem Versorger die Differenz.

Preise steigen stärker

„Da der Staat den Versorgern die Differenz zum tatsächlichen Preis erstattet, ergibt sich ein Anreiz, Preise stärker als notwendig nach oben zu schrauben. Die Kunden zahlen nur den gedeckelten Preis, haben also wenig Anreiz zu wechseln, und der Anbieter kann zulasten des Staates Extragewinne einstreichen“, beschrieb Kartellamtspräsident Alexander Mundt den möglichen Mechanismus im Interview mit der FAZ.

Aber was wäre der „tatsächliche Preis“? Frank Vogel hat die Probe aufs Exempel gemacht: „Am 11. Februar habe ich herausgefunden, dass ich in dem Kundenportal von Eprimo auch einen Neuvertrag abschließen kann.“ Hier lag der Arbeitspreis bei 11,97 Cent - also drei Cent mehr als ursprünglich aber 13 Cent weniger als in der Preisanpassung gefordert. „Es ist davon auszugehen, dass bei Abschluss des Neuvertrags alle Kosten auf Seiten von Eprimo vergütetet worden wären“, vermutet Vogel in seiner Beschwerde, die er an die Bundesnetzagentur gerichtet hat.

„Hohe Beschaffungskosten“

Unsere Redaktion hat Eprimo mit der Kritik konfrontiert. Sprecher Frank Köster-Düpree erklärt das Vorgehen des Versorgers so: „Die aktuellen Preise für Bestandskunden spiegeln die hohen Beschaffungskosten des gesamten Jahres 2022 wider. Heißt: In 2022 haben unsere Kunden außerordentlich lange von günstigen Preisen profitiert, während viele anderen Versorger bereits Preisanpassungen vorgenommen haben. Da wir aber letztendlich unsere Kosten auch an Kunden weitergeben müssen, ist ihr Preis in 2023 gestiegen.“ Dies basiere auf gestiegenen Beschaffungskosten und sei „völlig unabhängig“ von der Energiepreisbremse.

Das Bundeskartellamt hat eine Missbrauchsaufsicht zum Thema Energiepreisbremse eingerichtet. „Zu konkreten Einzelfällen bzw. etwaigen Indizien für eine missbräuchliche Inanspruchnahme der staatlichen Subventionen können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht Stellung nehmen“, sagte Sprecher Kay Weidner unserer Redaktion.

Frank Vogel ist nach Sichtung weiterer Anbieter zu einem anderen, günstigeren Versorger gewechselt. Und hat damit alles richtig gemacht: Kartellamt-Sprecher Weidner rät, „andere Angebote zu checken und gegebenenfalls zu wechseln, wenn eine Preiserhöhung angekündigt wird.“

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