Ein Herz und eine Seele: Die Zeit mit Sportpony Tippex war für Fynn sehr wichtig. Solche Glücksmomente sollen alle schwerkranken Kinder erleben dürfen, war sein großer Wunsch. © privat
Außergewöhnlicher Junge
Fynn starb mit 13 Jahren: Jetzt erfüllt sich sein zweiter Herzenswunsch
Was für ein beeindruckender Junge: Bis kurz vor seinem Tod machte sich Fynn Born für alle schwerkranken Kinder stark. Er wünschte sich, dass sie ähnliche Glücksmomente wie er erleben dürfen.
Zwei große Ziele hatte Fynn Born aus Castrop-Rauxel in seinem viel zu kurzen Leben: Vor seinem Tod sollten unbedingt sein Buch fertig werden und ein Verein für alle schwerkranken Kinder gegründet werden.
Sein Mutmacher-Buch „Wie ich mich ins Leben zurück gekämpft habe: Leben mit einem Hirntumor“ durfte der besondere Junge, der im Juni 2021 nach langem Kampf gegen den Krebs mit nur 13 Jahren gestorben ist, noch in den eigenen Händen halten. Sogar Spenden an die Kinderklinik Dortmund und das Kinderpalliativzentrum Datteln, die durch den Verkauf zusammenkamen, konnte er persönlich überreichen.
Eine Reittherapie für alle kranken Kinder
Sein zweiter Wunsch wird nun posthum erfüllt. „Fynn wollte, dass allen kranken Kindern eine Reittherapie ermöglicht wird, auch denen, die es sich finanziell nicht leisten können“, sagt seine Mutter Heike Born.
Seine Botschaft blieb nicht ungehört. Reittherapeutin Michelle Bartel, die noch zwei Wochen vor Fynns Tod mit ihm auf ihrem Hof in Dortmund-Somborn gearbeitet hat, konnte gar nicht anders, als den Verein „Reittherapie für alle“ zu gründen. Gerne hätten sie und ihre Mitstreiter das geschafft, als Fynn noch lebte.
Fast zwei Jahre kam Fynn zur Reittherapie auf dem Hof von Michelle Bartel. © privat
„Aber wegen Corona hat sich das ganze leider in die Länge gezogen“, berichtet sie. Erst im November 2021 war es so weit. Auch Vertrieb und Verkauf von Fynns Buch, das bislang in einer Auflage von 500 Stück erschienen ist, will der Verein übernehmen. „Fynn hat bei uns Spuren hinterlassen und wird immer einen Platz bei uns haben“, sagt die 44-Jährige. Ein großes Bild von Fynn und seinem Lieblingspferd Tippex hängt an der Stalltür.
„Reiten war Fynns absolute Lieblingstherapie“
„Das Reiten war Fynns absolute Lieblingstherapie“, sagt seine Mutter. Er und Therapiepferd Tippex seien ein Herz und eine Seele gewesen. „Die beiden hatten von Anfang an einen Draht“, blickt sie gerührt zurück. Die Stunden mit dem ehemaligen Sportpony habe ihr Sohn nie verpassen wollen. „Auf seinem Rücken war er nicht auf den Rollstuhl angewiesen, hier hat er sich frei gefühlt und konnte entspannen“, sagt sie.
Fynn sei so stolz gewesen, dass er der erste Patient war, der Tippex reiten durfte. „Deshalb war das sein Pferd, die beiden sind schnell zusammengewachsen“, sagt sein Stiefvater Simon Schröder. Der Castrop-Rauxeler aus dem Stadtteil Merklinde kann nicht verstehen, warum Krankenkassen die Kosten für Reittherapie, in diesem Fall Hippotherapie, nicht übernehmen. „Die individuellen Erfolge sind doch zu sehen und belegt, die Politik muss hier dringend umdenken“, appelliert er.
Reittherapie sei zudem „eine Therapie ohne Schmerzen, nicht in einem sterilen Krankenhaus, sondern in der Natur, an der frischen Luft“, sagen Fynns Eltern. Und: „Tiere nehmen einen, wie man ist, sie machen keine Unterschiede. Tippex musste Fynn seine Beule am Kopf nicht erklären, während ihn viele Menschen wegen des Portkatheters angestarrt haben.“
Heike Born (2.v.r.) und Simon Schröder sind dankbar, dass Michelle Bartel Fynns Wunsch erfüllt und den Verein "Reittherapie für alle" gegründet hat. © Beate Dönnewald
Alle Gelder werde der Verein eins zu eins in die Förderung der Reittherapie fließen lassen, sagt Michelle Bartel. Nicht nur Kinder, auch Erwachsene, die sie benötigen, sollen davon profitieren. „Es wird jede Therapie unterstützt, nicht nur auf meinem Hof. Diese Trennung ist mir sehr wichtig“, betont die Physio- und Hippotherapeutin. Neben kranken sollen auch trauernde und traumatisierte Menschen, die zum Beispiel Gewalt erfahren haben, unterstützt werden.
„Menschen mit Pferden stark machen“
„Wir wollen Menschen mit Pferden stark machen“, sagt Michelle Bartel. Das sei ein Originalzitat ihrer Tochter. „Ziel des therapeutischen Reitens ist die Förderung der geistigen, körperlichen und sozialen Entwicklung mit dem Pferd als lebendigem Partner“ - so steht es unter anderem in der Vereinssatzung.
Der 13. Januar ist Fynns Geburtstag. In diesem Jahr wäre er 14 geworden. Zweieinhalb Jahre hat er nach der schrecklichen Diagnose noch leben dürfen. Gerade mal zehn Jahre war er alt, als er von den Tumoren in seinem Gehirn erfuhr. Über die Vereinsgründung kurz vor seinem Geburtstag hätte sich Fynn sicherlich riesig gefreut.
Die Hoffnung und seinen Kampfgeist habe er bis zum Schluss nicht aufgegeben, sagen seine Eltern. „Ein einziges Mal hatte Fynn einen Durchhänger, das war im Dezember 2020. Da hat er gesagt: Ich mag nicht mehr“, erzählt Fynns Mutter. Wenige Tage später sei dieser Satz aber wieder vergessen gewesen.
Am 23. Juni 2021 ist der tapfere und mutige Junge mit dem großen Herz für andere friedlich eingeschlafen. „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir gar nicht damit gerechnet, es ging ihm relativ gut“, sagt Heike Born. Eine Woche vorher hätten sie mit ihm noch im Pool gesessen. Das erste Weihnachtsfest ohne Fynn sei hart gewesen, sagt Simon Schröder. „Es war steril, man sitzt am Tisch und weiß, dass jemand fehlt.“
Angekommen in der Müdigkeit
Wie es ihr heute geht, über ein halbes Jahr nach Fynns Tod, beantwortet Heike Born mit den Worten ihrer Trauerbegleitung: „Erst kommt die Anspannung, dann die Entspannung, dann die Müdigkeit.“ Hier sei sie nun angekommen. Sie sei lange nicht zur Ruhe gekommen, um alles zu verarbeiten.
Was sie, ihr Mann und Fynns kleiner Bruder an seinem Geburtstag machen werden, weiß Heike Born während unseres Gesprächs am 10. Januar noch nicht. „Ich werde alles nach Gefühl machen.“ Sie müsse an diesem Tag arbeiten, vielleicht sei die Ablenkung sogar gut. „Natürlich werden wir zu Fynns Grab gehen, eine Kerze anzünden. Und vielleicht einen Spaziergang machen, der hilft immer zum Runterkommen.“
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