Haarschnitte in Dortmund werden teurer: „Uns bleibt nichts anderes übrig“
Steigende Kosten
Lebensmittel, Gas, Benzin: Wird alles teurer. Deshalb erhöhen viele Branchen ihre Preise. Auch Dortmunder Friseure sollen gestiegene Kosten auf die Kunden umlegen, sagt die Innung. Doch es gibt noch mehr Probleme.
Inflation, Pandemie, Ukraine-Krieg: Das alles lässt die Preise in vielen Bereichen des täglichen Lebens steigen. Die Friseur-Innung Dortmund und Lünen hatte in einer Pressemitteilung am Dienstag (5.4.) angekündigt, dass vor allem die gestiegenen Kosten für Materialien und Energie nun auch auf Haarschnitte und Co. umgelegt werden müssten.
„Früher hieß es: Friseure sind Künstler, die können nicht rechnen“, sagt Frank Kulig. Erst ist selbst Friseur und Obermeister der Innung für Dortmund und Lünen. „Und viele Kollegen rechnen bis heute nicht nach.“ Mit der Pressemitteilung habe er zweierlei verbinden wollen: einerseits den Appell an die Innungsmitglieder, ihre betriebswirtschaftliche Kalkulation anzupassen.
Auf der anderen Seite möchte er bei Kundinnen und Kunden um Verständnis werben, falls die Preise im Stamm-Salon steigen. „Wir haben unsere Preise schon im Dezember erhöht“, sagt beispielsweise Marco Trapani, Friseur aus dem Kreuzviertel. 67 Euro kostet ein Damenkurzhaarschnitt jetzt bei ihm. Jeden Winter, erzählt er, plane er das nächste Jahr. „Da haben wir coronabedingt die Preise längst angepasst.“
Rund sieben Prozent teurer seien die Dienstleistungen beim „Haarschneider“ an der Redtenbacherstraße geworden, manche mehr, manche weniger. Doch auch er werde sich bald außer der Reihe mit Preiserhöhungen beschäftigen müssen, sagt Marco Trapani. „Aber ich kann noch nicht überblicken, wie die Ukrainekrise uns mitnehmen wird. Lieber schaue ich in zwei, drei Monaten noch mal.“
Corona-Aufschlag auf jede Leistung
Marco Trapani betont, dass viele Friseursalons noch immer unter der Corona-Pandemie litten – wegen der Hygienemaßnahmen, dazu die Schließungsmonate und nicht zuletzt ein geringerer Durchlauf an Kundschaft. 85 Prozent der Innungsbetriebe, berichtet Obermeister Frank Kulig, hätten weniger „Einzelbedienungen“. Dafür könnten bald weitere Aufschläge kommen, nämlich bei Energie, Lohn und Material.
Frank Griewel betreibt zwei Friseursalons, das „Kinky’s“ am Westpark und den „Barberbella Shop“ an der Lange Straße. „Wir nehmen seit Beginn der Pandemie einen Corona-Aufschlag von 3,50 Euro auf jede Leistung“, sagt der Friseurmeister. Bislang habe er von Kundinnen und Kunden nur Zuspruch erfahren, einige hätten sogar Geld gespendet. „Nicht einmal hat sich jemand beschwert, dass wir zu teuer geworden seien.“
Insolvenz oder später Hartz IV?
Ein Damenhaarschnitt – waschen, schneiden, föhnen - bei kurzen Haaren kostet also 41,50 Euro statt 38 Euro im „Kinky‘s“. Spätestens ab Mai müsse er die pauschale Zusatzabgabe auf 8,50 Euro erhöhen. „Uns bleibt nichts anderes übrig“, sagt Frank Griewel, „aber es muss sich im Rahmen halten. Die Kunden müssen sich den Friseurbesuch noch leisten können.“
Erst vor kurzem, erzählt hingegen Frank Kulig, habe ein Referent bei der Friseur-Innung prognostiziert: Wer jetzt nicht nachrechne, der sei in drei Jahren insolvent – oder greife so lange auf private Rücklagen zurück, bis er im Alter auf Hartz IV angewiesen sei. In seinem eigenen Salon habe er die Preise im Januar um rund fünf Prozent angezogen. Frauen mit kurzen Haaren zahlen für einen Haarschnitt nun 49 Euro an der Balkenstraße.
Was Frank Kulig damals noch nicht wusste: dass DEW21 ihm wenige Monate später aufgrund steigender Energiepreise den Stromvertrag kündigen würde. Auch wenn das Traditionsgeschäft Kulig seit 70 Jahren Kunde gewesen sei. Jetzt müsse er rund das Dreifache in der Grundversorgung zahlen. „Aber wir können ja keinen Kunden mit nassem Kopf in der Kälte sitzen lassen“, sagt der Friseurmeister.
Auch die Mindestlohnerhöhung treffe die Branche. Noch in diesem Jahr soll der Mindestlohn auf 12 Euro steigen. Der Obermeister erklärt: „Wenn die ungelernte Kraft 21 Prozent mehr bekommt, muss jeder mit Abschluss oder Meister künftig auch mehr bekommen.“ Alles andere sei unfair und nicht zu rechtfertigen. Dabei gebe es in seinem Unternehmen sogar noch pandemiebedingt Kurzarbeit.
Marco Trapani und Frank Griewel haben ihre Preise angepasst, obwohl sie beispielsweise bei Farben und Shampoos noch keine Verteuerung feststellen konnten. Auch die Jahresabrechnungen für Strom und Gas haben sie noch nicht erhalten. „Ich hab schon richtig Angst davor“, sagt Frank Griewel. Doch viel mehr anziehen will der Saloninhaber die Preise nicht: „Sonst kommt ja keiner mehr. Und wir haben alle diese Probleme.“
Sarah Bornemann, Jahrgang 1986, arbeitet seit Oktober 2013 als Redakteurin in der Dortmunder Lokalredaktion. Sie hat Journalistik in Leipzig sowie Germanistik und Soziologie in Münster studiert. Für das Volontariat bei Lensing Media kehrte sie nach sieben Jahren ins Ruhrgebiet zurück.